Gespenst zu vermieten: Romantic Thriller (German Edition)
von der Decke herab, und mit einem alten Filmprojektor wurden die Bilder darauf projiziert, eine sehr einfache und doch wirkungsvolle Anlage. Solange niemand sie näher untersuchte. Aber wer sollte das schon tun? Bei Tage war von dieser sinnreichen Vorrichtung natürlich nichts zu sehen.
Thorsten gab sich jetzt Mühe, den Lautsprecher wieder zu befestigen, doch seine Hände waren zu groß, um in die kleine Ecke zu kommen, in welcher die Schrauben gedreht werden mussten.
„Ach, dann will ich es mal versuchen“, erklärte Gabriel großzügig. „Wenn du die Leiter festhalten könntest ...“
Thorsten hielt die Leiter, natürlich. Doch gerade, als der Junge sich voll in die Arbeit vertiefte, kam ein Gast den Flur entlang. Das war nicht weiter aufregend, doch wieder einmal erwies sich die hochstehende Teppichkante als fatal. Der Mann stolperte, weil er interessiert zusehen wollte, was der Junge da oben trieb, ruderte mit den Armen in der Luft herum und stieß schließlich gegen Thorsten, der daraufhin die Leiter nicht mehr festhielt, sondern gleich umkippte. Gabriel schrie erschreckt auf, als er plötzlich seinen Halt verlor. In rasender Schnelligkeit sah er den Boden auf sich zukommen, und dann wurde es auch schon für einen Augenblick dunkel um ihn.
Michaela stand plötzlich da wie eine Rachegöttin.
„Sie Trottel“, brüllte sie den armen, selbst verstörten Mann an. „Können Sie nicht aufpassen, wohin Sie fallen?“
Dann beugte sie sich nieder und nahm den Kopf des Jungen in den Schoß.
Gabriel rührte sich schon wieder, und Thorsten hoffte, dass ihm nichts weiter geschehen war. Doch die Reaktion von Michaela erstaunte ihn. Sie hielt den Jungen fest, als wollte sie ihn plötzlich vor allem beschützen. Wie vertrug sich das mit ihrer sonst so offensichtlichen Abneigung gegen Kinder?
„Oh Mann“, murmelte Gabriel und schaute erstaunt in das Gesicht der jungen Frau, die ihn jetzt anlächelte.
„Tut dir was weh? Kannst du dich bewegen?“, forschte sie besorgt nach.
„Ist nichts weiter, glaube ich“, verkündete der Junge, dem das Getue um seine Person ziemlich peinlich war. „Sagt ihr das bitte nicht meiner Mutter, nein?“, bat er dann mit einem treuherzigen Augenaufschlag.
„Aber es könnte dir etwas passiert sein, was sich erst später zeigt“, widersprach Michaela.
Der Junge löste sich energisch aus ihrer Umarmung und stand auf, betastete dann seine Gliedmaßen und griff sich schließlich an den Kopf. „Ist wirklich nichts“, beteuerte er.
„Und du bist sicher, dass es dir gut geht“, mischte sich jetzt auch der Gast ein, der sichtlich betreten dastand, jetzt aber erleichtert schien.
„Nun macht bitte nicht so ein Theater.“ Gabriel blieb hartnäckig. „Ist wirklich nichts weiter. Bitte, kein Wort mehr darüber. Tut mir leid, wenn Sie sich erschreckt haben.“
Wenig später war der Lautsprecher wieder fest angebracht, Gabriel bedankte sich und lief davon, aber Thorsten schaute die junge Frau nachdenklich an. „Ich will dich ja nicht drängen, aber findest du nicht, dass du mir da etwas erzählen solltest?“, fragte er sanft.
Michaela zuckte etwas hilflos mit den Schultern, dann griff sie nach seiner Hand und zog ihn wieder mit hinaus. Draußen, in der Ungestörtheit der freien Natur, schüttete sie ihm ihr Herz aus. Und es war so, als hätte ihr Innerstes nur darauf gewartet, endlich mit jemandem über diese große Sorge in ihrem Herzen reden zu können.
Thorsten zog sie eng an sich und hielt sie fest, so gab er ihr den Trost, den alle Worte der Welt nicht hätten bieten können.
*
Noch länger konnte Winfried Hartmann den Bericht an die Zentrale nicht hinauszögern. Er hatte ohnehin schon viel länger gebraucht als bei anderen Objekten, man würde sich schon fragen, ob etwas nicht stimmte.
So unauffällig wie möglich hatte er alle Daten zusammengetragen, die er ermitteln konnte, hatte die Abende allein in seinem Zimmer damit verbracht, Berechnungen aufzustellen, Kosten zu ermitteln und schließlich einen einigermaßen fairen Preis zu finden, den man Claire bieten konnte. Dabei war er sich selbst allerdings nicht mehr im Klaren darüber, ob er wirklich noch objektiv seiner Arbeit nachging.
Jedes Beisammensein mit Claire hatte sein Herz mehr in helle Flammen versetzt, um ehrlich zu sein, er brannte lichterloh, und es schmerzte ihn nicht wenig, wenn er daran dachte, dass er die Frau bisher noch immer arglistig täuschte. Mittlerweile war er zwiegespalten. Er sah
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