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Gespenster Kuesst Man Nicht

Gespenster Kuesst Man Nicht

Titel: Gespenster Kuesst Man Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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wir sie erst anziehen, wenn’s wieder kalt ist.«
    Ich lachte. »Okay, jetzt weißt du also, was ich tue. Wie gesagt, ich rede mit Leuten, die nicht mehr da sind.«
    »Mit Toten«, sagte Evie lapidar. »Cool. Ich hab The Sixth Sense gesehen.«
    Ich musste von Neuem lachen. »Gott sei Dank, dass es diesen Film gibt. So halten mich nicht alle Leute für durchgeknallt.«
    »Wie haben Sie gelernt, mit Toten zu reden?«, fragte sie mit riesigen Kulleraugen.
    »Das hab ich nicht gelernt«, erklärte ich. »Ich war ungefähr in deinem Alter, als meine Mutter starb. Kurz vor ihrem Tod kamen ihre Eltern, die beide schon tot waren, nachts an mein Bett und sagten mir, dass meine Mutter sie besuchen kommen und nicht zu mir zurückkehren werde. Und noch viele Nächte lang, nachdem sie gestorben war, kamen sie nachts und erzählten mir, dass es meiner Mutter gut gehe und wie froh sie seien, sie wieder bei sich zu haben. Von da an bekam ich auch Besuch von den verstorbenen Verwandten und Freunden anderer Leute. In meiner Highschool-Zeit war mein Zimmer eine ganze Weile lang ein ziemlich beliebter Treffpunkt für Tote.«
    »Echt cool«, fand Evie.
    »Ja, teilweise schon«, sagte ich selbstzufrieden. »Mein Geschäftspartner Gilley dort drüben hat mich dazu ermutigt, professionell für andere Leute mit Toten zu sprechen.«
    »Wie der Typ im Fernsehen, wie heißt er noch mal?« Sie tippte sich grübelnd ans Kinn. »John Edwards?«
    »John Edward«, korrigierte ich. Natürlich kannte ich diesen Namen, einen der größten auf dem Gebiet der professionellen Medien. »Ja, ein bisschen kann man mich mit ihm vergleichen. Also, Evie«, versuchte ich wieder auf das anstehende Thema zu kommen. »Was dir passiert ist …«
    »Es war Hatchet Jack«, sagte sie. Ihre Augen waren wieder riesig. »Er wollte mich holen.«
    »Hältst du es aus, darüber zu reden?«
    Das Schulterzucken war wieder da. »Schon okay.«
    »Dann erzähl mir bitte, was passiert ist. Lass möglichst nichts aus.«
    Evie nahm den Pinsel auf und begann wieder zu malen. »Es war in der ersten Stunde. Wir hatten Bio«, erzählte sie. »Wir haben Mr Vesnick – der ist echt cool, und ein paar von uns finden ihn total süß.« Evie wurde ein bisschen rot, als ihr bewusst wurde, was sie gesagt hatte.
    Ich versuchte ihre Verlegenheit zu lindem. »Ich hatte auch mal einen wahnsinnig attraktiven Biolehrer.«
    Sie grinste schüchtern. »Naja, gestern war der Abschlusstest. Unter anderem mussten wir dafür bis zum Ende der Stunde auf dem Schulgelände verschiedene Pflanzenarten finden. Ich hatte hinter dem alten Flügel eine tolle Clematis entdeckt, aber es war nicht mehr viel Zeit. Deshalb bin ich durch den Flügel gelaufen, statt außen herum.«
    »Verstehe«, ermunterte ich sie.
    In Evies Stimme schlich sich ein leichtes Zittern. »Na ja, ich geh also durch den Korridor, da hör ich, wie jemand hinter mir herkommt. Ich dachte, es sei Alice Crenshawmeine Laborpartnerin –, aber als ich mich umschaute, war niemand da.«
    »Aber du hast immer noch Schritte gehört, die näher kamen, ja?«
    Evie warf mir einen raschen Blick zu. »Ja. Also, ich hatte echt totale Angst und fing an zu rennen, aber die Schritte hinter mir auch, also hab ich zurückgeschaut, und da hab ich ihn gesehen.«
    »Wen?«, fragte ich behutsam.
    Da drehte Evie die Staffelei um und zeigte mir, was sie gemalt hatte. Für eine Vierzehnjährige malte sie wirklich außergewöhnlich gut. Das Bild hätte direkt aus einem Horrorfilm stammen können. Es zeigte einen Mann mit hartem, kantigem Gesicht und Geheimratsecken, der mit wildem Blick und erhobenem Beil einen Korridor hinunterrannte. »Igitt«, sagte ich.
    »Ich kriege ihn einfach nicht aus dem Kopf«, gestand Evie. Ihre Augen füllten sich wieder mit Tränen.
    Ich stand auf und nahm sie in den Arm. »Das Gefühl kenne ich gut, Liebes. Aber jetzt kommt die gute Nachricht: Ich kann nämlich auch Typen wie diesen Hatchet Jack an einen Ort schicken, wo sie nie wieder jemandem Angst einjagen können.«
    Evie drückte sich an mich, und ich hielt sie noch einen Moment fest. Schließlich löste sie sich und sagte: »Alle in der Schule haben wahnsinnige Angst, in den neuen Flügel zu ziehen. Jeder weiß, dass Hatchet Jack da herumspukt.«
    »Weißt du, wann die Renovierungsarbeiten fertig werden?«
    »Die wollten mit den größten Drecksarbeiten warten, bis Sommerferien sind.«
    »Und wann fangen die an?«
    »Morgen ist der letzte Schultag. Das heißt, alle verschwinden morgen

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