Gespenster Kuesst Man Nicht
so was unterstellen. Entschuldigen Sie, wenn es sich so angehört hat.«
Der Rektor verzog unmutig das Gesicht, ging zu seinem Bruder, drängte ihn ins Auto und fuhr mit ihm ans andere Ende des Parkplatzes, offenbar, um in Ruhe mit ihm zu reden.
»Junge, Junge, M. J.«, sagte Gil, als die beiden außer Hörweite waren. »Mach nur so weiter, dann frisst er dir bald aus der Hand.«
»Ach, hör auf«, knurrte ich schäumend vor Wut. »Überleg mal lieber, was dieser Cop gesagt hat –«
»Ich kann in den alten Protokollbüchern nachschauen, ob ich etwas über Sichtungen von Hatchet Jack finde. In Kleinstädten werden die Polizeiprotokolle dem Informationsfreiheitsgesetz gemäß normalerweise im Amtsgericht aufbewahrt. Die Lokalzeitung werde ich auch durchgehen. Vielleicht gibt’s ja was, was man online nicht finden kann.«
»Gut«, sagte ich nickend.
Steven deutete über seine Schulter. »Gehen wir heute Nacht noch mal da rein?«
Ich sah auf die Uhr. Es war kurz nach Mitternacht – eigentlich eine gute Zeit für Geisterjagden, aber mein sechster Sinn sagte mir, dass es im Westen nichts Neues gab und wir von unserem ersten Vorstoß in den Grundschulflügel wohl nicht mehr zu erwarten hatten. »Ich würde eher dafür plädieren, dass wir zurück zu Teeko fahren und unsere heutige Ausbeute analysieren. Der Fall hat größere Ausmaße als gedacht, und ich will versuchen, mich ein bisschen ranzutasten.«
Steven wirkte erleichtert, und Gilley hatte schon angefangen, unsere Sachen wieder in den Van zu laden. Ich musste insgeheim über seinen Eifer lächeln.
Wir fuhren zurück zur Skihütte, und während ich einen Kaffee aufsetzte, schlossen Steven und Gil die Kameras an den Großbildfernseher im Wohnzimmer an. Als wir uns alle mit einem Kaffee in der Hand gemütlich auf der Couch niedergelassen hatten, drückte Gil auf Play. »Auf dem Rückweg habe ich mir die Aufnahmen noch mal angesehen und es dann so eingerichtet, dass man die Bilder von der Nachtsichtkamera und der Wärmebildkamera gleichzeitig betrachten kann. Fangen wir erst mal mit dieser Sequenz an.« Er drückte auf die Fernsteuerung, und das Fenster, das die Wärmeaufnahmen zeigte, wurde maximiert. »Hier seid ihr beide in das Klassenzimmer gekommen. Schaut mal dort, die Fenster.«
»Sie sind blau«, sagte Steven.
»Jep. Keinerlei Wärmeabgabe. Aber wartet mal ab.« Es dauerte nur ein paar Sekunden, da zeichneten sich drei kleine grüne Kreise ganz schwach dagegen ab.
»Drei?«, entfuhr es mir. »Ich dachte, es wären nur zwei gewesen!«
»Schau hin«, sagte Gil, und wirklich, der kleinste und schwächste der Kreise verschmolz wieder mit dem blauen Hintergrund, während die beiden anderen deutlicher wurden und in Gelbgrün übergingen. Unglaublich, aber man sah jetzt sogar die kleinen Körper, die zu den Köpfen gehörten.
»Was war mit dem dritten Geist?«, fragte Steven.
»Wirst du bald sehen«, sagte Gil und drückte wieder auf einen Knopf. Das Wärmebildfenster verkleinerte sich, und daneben erschien die Aufnahme von der Nachtsichtkamera.
»Wow!«, sagte ich. Der Bildschirm zeigte deutlich die beiden verängstigten Jungen, die uns durchs Fenster anstarrten. Nachdem die sichtbaren Gestalten eine nach der anderen verblasst waren, vergrößerte Gilley wieder das Fenster mit der Wärmeaufnahme. Erstaunt sah ich, dass offenbar nicht nur Eric, sondern auch die beiden gelben Schemen durch die Wand ins Zimmer gekommen waren.
»Schau genau hin, wenn du ihn bittest zu klopfen«, sagte Gil.
Auf der Aufnahme hörte man, wie ich Eric bat, zweimal für ja oder einmal für nein zu klopfen. Erics Schemen stand an der Tafel. Auf einmal wurde ein länglicher gelber Ausläufer sichtbar, der orange aufleuchtete, als er zweimal an die Tafel klopfte.
»Ich glaub, mich knutscht ein Molch!«, sagte Steven. Gilley und ich guckten uns grinsend an, wandten uns aber gleich wieder dem Bildschirm zu.
»Hast du gespürt, dass er so nahe bei dir steht?«, fragte Gilley mich.
Ich dachte an die Situation zurück. »Ich wünschte, ich könnte das bejahen, aber ich kann mich ehrlich gesagt nicht erinnern. Ich denke, ich war einfach zu sehr darauf konzentriert, die Unterhaltung nicht abreißen zu lassen.«
Gilley nickte. Dann deutete er auf den Schirm. »Und jetzt wird’s so richtig unheimlich. Schaut mal auf das Fenster hinten links im Bild.«
Wir folgten der Anweisung und sogen verblüfft die Luft ein, als auf dem Rasen eine flammend rote Gestalt erschien und zielstrebig
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