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Gespenster Kuesst Man Nicht

Gespenster Kuesst Man Nicht

Titel: Gespenster Kuesst Man Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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angrenzenden Esszimmer ein Silbertablett mit einer Karaffe Eistee und mehreren Gläsern. »Würde jemand gerne etwas trinken?«
    Ich sah unentschlossen zu Muckleroy hinüber. Ihm schien so viel Höflichkeit etwas unangenehm zu sein, vor allem, da er Dory ja die Nachricht vom Tod ihres Sohnes bringen musste. »Ja, gern, danke«, sagte er schließlich, wohl um die Situation aufzulockern.
    Sie goss jedem ein Glas ein, und wir bedienten uns. Ich war erstaunt, wie gut der Tee schmeckte. »Sehr lecker. Der hat ja gar keinen bitteren Nachgeschmack.«
    Dory nickte, und ihr verkrampftes Lächeln wurde etwas echter. »Ich lasse ihn mir direkt aus Istanbul schicken.«
    Auch Gilley probierte einen Schluck und nickte anerkennend. »Genau das braucht mein Magen jetzt«, flüsterte er mir zu.
    Dory setzte sich Gil und mir gegenüber in einen großen, weich gepolsterten Sessel. Der Detective hatte in einem zweiten Sessel rechts von ihr Platz genommen. »Nun«, sagte sie und drehte sich leicht zu ihm um. Sie saß kerzengerade, die Hände fest im Schoß gefaltet. »Sie sagten, es gebe etwas Neues von meinem Sohn Eric?«
    Sie tat mir unendlich leid. Ich wusste, sie machte sich auf alles gefasst. Bestimmt hatte sie schon die ganze Zeit geahnt, dass Eric unwiederbringlich verloren war. Ich konnte mir vorstellen, welche widerstreitenden Gefühle sie jetzt, dreißig Jahre später, empfinden musste.
    Bob stellte seinen Tee auf dem Untersetzer ab, den Dory bereitgelegt hatte, rutschte ein Stück nach vorn und stützte die Ellbogen auf die Knie. Er sah ihr fest in die Augen. »Wir haben gestern am Hole Pond menschliche Überreste gefunden. Ich fürchte, es könnten die Ihres Sohnes sein, Mrs Hinnely.«
    Ihr Gesicht verlor jeden Ausdruck. Ich hatte das Gefühl, als befände sie sich plötzlich weit weg, in einer Vergangenheit, in der ihr Sohn noch quicklebendig war. Ganz leicht schwankte sie, und ich beobachtete sie scharf, um notfalls aufzuspringen, sollte sie in Ohnmacht fallen. Aber wenige Augenblicke später war sie wieder ganz da. Sie blinzelte ein paarmal heftig, schluckte die bittere Wahrheit hinunter und nickte knapp. »Ich weiß schon lange, dass er nicht mehr ist«, flüsterte sie. »Eines Nachts hab ich einfach gespürt, wie er ging. Als sei seine Seele nicht mehr mit meiner verbunden.«
    »Es tut mir sehr leid«, sagte ich behutsam.
    Ihr Blick wanderte zu mir, als nähme sie mich erst jetzt richtig wahr. Sie legte eine Hand aufs Herz. »Verzeihen Sie. Ich fürchte, ich weiß nicht, wer Sie beide sind.«
    Ich spürte, wie ich rot wurde. Warum hatte ich mich nicht vorgestellt? »Mein Name ist M.J. Holliday, und das ist mein Kompagnon Gilley Gillespie. Wir waren es, die die Überreste Ihres Sohnes für die Polizei gefunden haben.«
    Sie wirkte verwirrt. »Für die Polizei gefunden?«
    Wie immer, wenn ich meinen Lebensunterhalt erklärte, holte ich zuvor tief Luft. »Ich bin professionelles Medium«, sagte ich vorsichtig. »Ich bin darauf spezialisiert, psychischen Energien, die auf der irdischen Ebene festsitzen, auf die andere Seite zu helfen.«
    Ihre Verwirrung vertiefte sich. »Verzeihung … Sie sind was?«
    »Ich kann mit Toten sprechen«, versuchte ich es von Neuem. »Ich kann mich mit verstorbenen Personen fast so leicht unterhalten wie mit Ihnen. Ihr Sohn ist mir erschienen und hat mir gesagt, wo er begraben liegt. Mir war von Anfang an klar, dass er eine gestrandete Seele ist, also eine, die es noch nicht ganz in den Himmel geschafft hat. Ich versuche seit ein paar Tagen, ihm den restlichen Weg zu zeigen.«
    »Eric ist ein … ein Geist?«, stammelte sie. Auf ihrem Gesicht zeichnete sich solches Entsetzen ab, dass ich wünschte, ich hätte ihr nur meinen Namen gesagt, sonst nichts.
    »Ja«, bestätigte ich. »Aber er scheint sich ganz gut daran gewöhnt zu haben, und ich werde tun, was ich kann, um ihm in den Himmel zu helfen.«
    In Dorys Augen stiegen Tränen auf. »Mein armes Baby«, sagte sie, und die Tränen quollen über und liefen ihr über die Wangen.
    Einige unbehagliche Sekunden lang sagte niemand etwas. Dory schlug sich die Hände vors Gesicht und weinte hemmungslos. Ich wäre am liebsten hingegangen und hätte sie in den Arm genommen, aber sie saß noch immer kerzengerade da, und mir war klar, dass ihr das nicht recht wäre. Schließlich wischte sie sich die Augen und wandte sich an den Detective. »Wie kann man sicher feststellen, ob es Eric ist?«
    Bob warf mir einen raschen Blick zu. »Wir würden gern eine

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