Gespenster Kuesst Man Nicht
wollte dir nämlich ganz dringend sagen, dass du nie wieder dorthin zurück musst.«
Erneut ein misstrauisches Echo. »Das ist die Wahrheit, Mark. Maude wurde von der Polizei abgeholt, und alle Pflegekinder kommen jetzt zu echt tollen Eltern.«
Mark schien zu schwanken. Ich hob Angst, hörte ich.
»Ja, ich weiß, Junge. Wenn ich du wäre, hätte ich auch Angst. Erst bist du in ’ner miesen Pflegefamilie, dann kommst du hierher und wirst von Jack über Stock und Stein gejagt.«
Er hat mir wehgetan!, sagte Mark, und seine Furcht traf mich wie ein Schlag in den Magen.
»Ich weiß, mein Kleiner. Aber wir sind dabei, Jack zu verhaften und in den Knast zu verfrachten. Und deshalb muss ich mit dir reden. Wenn du mir sagen kannst, wohin Jack immer verschwindet, kann ich die Polizei hinter ihm herschicken und dafür sorgen, dass er kriegt, was er verdient.«
Jack geht übers Wasser, sagte Mark. Zu seinem Haus.
Unwillkürlich sah ich aus dem Fenster. Jenseits der Rasenfläche konnte ich gerade noch ausmachen, wo sich der Hole Pond befand. Ich wusste, dass Mark ihn meinte. »Wundervoll, Mark!«, sagte ich, auch wenn die Information nicht gerade eindeutig war. »Ich rufe die Polizei und schicke sie zu Jacks Haus. Sie werden ihn verhaften, und dann kann er nie wieder einem kleinen Jungen wehtun.«
Und was ist mit mir?
Es war ein so klares, so dringliches Flehen, dass mir die Tränen in die Augen stiegen. Ich schluckte und riss mich mühsam zusammen. »Du, mein Freund, gehst jetzt nach Hause.«
Geht nicht, sagte Mark. Ich hab kein Zuhause.
Das glaubte er ganz fest. Meine Zusicherung, dass es da eines gab, musste ihm wie ein grausamer Scherz vorkommen. »Aber genau das ist doch die tolle Neuigkeit!«, sagte ich. »Wir haben eine wunderbare Familie für dich gefunden, Mark. Sie haben alles über dich gehört und wollen dich adoptieren und dir ein neues Zuhause geben.«
Marks Energie zögerte. Er glaubte mir nicht. Schließlich fragte er: Und wer sind die?
Ich lächelte. »Die Engels. Sie haben ein sagenhaftes Haus, und dort, wo sie wohnen, ist es das ganze Jahr lang warm. Es gibt Tonnen von Spielsachen, und da sind auch viele andere Kinder, mit denen du spielen kannst. Sie wollen, dass du zum Abendessen vorbeikommst, und wenn es dir gefällt, kannst du gleich dableiben.« Das sog ich mir natürlich aus den Fingern, aber ich musste Mark überzeugen, damit er den ersten Schritt auf das Licht zu tat, das ihn an einen Ort bringen würde, wo ihn, wie ich wusste, Liebe und Fürsorge erwarteten. Mit angehaltenem Atem wartete ich auf seine Antwort.
Okay, sagte er nach einem Augenblick. Bringen Sie mich hin?
Ich stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und schloss seine Energie in eine mentale Umarmung ein. »Das ist ganz toll von dir!«, sagte ich. »Also, mitkommen werde ich nicht, aber ich hab dir einen ganz besonderen Aufzug bestellt, der dich ohne anzuhalten direkt dorthin bringen wird.«
Wo ist er?
»Wenn du nach oben schaust, siehst du über deinem Kopf direkt unter der Decke einen großen Lichtball. Das ist der Aufzug.«
Darauf erreichte mich ein Hauch Erstaunen. Den hab ich schon mal gesehen. Aber ich wollte nicht reingehen.
»Na ja, es ist nie zu spät, mein Lieber«, ermunterte ich ihn. »Und die Engels werden sich wahnsinnig freuen, dich zu sehen. Du musst nur den Aufzug zu dir nach unten ziehen, indem du dir einfach vorstellst, dass das Licht sich von der Decke auf dich senkt. Kannst du das?«
Vor meinem geistigen Auge sah ich, wie das Licht langsam herabsank, und der ganze Raum begann vor statischer Energie zu knistern. »Richtig, Mark!«, rief ich. »Das machst du gut!«
Der Lichtball senkte sich immer weiter, und allmählich schien er größer zu werden, um Mark aufzunehmen. Einen Sekundenbruchteil lang verhielt er, und ich spürte in meinem Kopf die Worte Ist der aber schön!
»Nach oben!«, sagte ich. Im nächsten Augenblick gab es neben dem Tisch hinten im Raum einen blauen Lichtblitz, und Marks Energie wurde mit fortgerissen.
»Wow!«, sagte mir Gil ins Ohr. »War das cool!«
»Hast du was gesehen?«, fragte ich.
»Ja, auf dem Wärmebildgerät«, sagte er. »Dieser gelbe Energieball ist von der Decke heruntergekommen und hat sich mehr oder weniger über den halben Raum ausgebreitet – und dann war er einfach weg!«
»Der Kleine war so süß«, sagte ich. Mein Rücken war schweißnass. Ich hatte mit jeder Faser gebangt, ob er den Übergang antreten würde, und war fast kraftlos vor
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