Gespielin des Feuers: Roman (German Edition)
feindlichen Agenten hatte eliminieren müssen. »Itor brachte mich nach Ecuador. Und die Zielperson war – ein ACRO-Agent.«
»Sprich weiter«, bat Trance und unterdrückte einen weiteren Fluch.
»Dieser Mann war auf der Suche nach irgendeinem Kunstgegenstand. Wie man mir erklärt hatte, würde ich ihn in der Tiefe einer Höhle finden, und ich erhielt den Befehl, hineinzugehen. Nach dreißig Minuten würde der Manipulator das Halsband aktivieren und mich in das Monstrum verwandeln. Aber der Agent kam gerade aus der Höhle und sah mich.« Sie pflückte ein Blatt von einem Strauch an ihrer Seite und zeichnete mit einer Fingerspitze kleine Kreise darauf – einfach nur, um ihre Hände zu beschäftigen.
»Was tat er?«
»Zuerst nichts. Ich behauptete, ich sei eine Touristin, die sich verirrt habe. Das nahm er mir nicht ab. Er versuchte mich zu überwältigen. Und er war sehr stark. So wie du.«
Während sich jene Szene in Riks Fantasie wiederholte, begannen ihre Zähne zu klappern. Sie hatte die Berührung eines Mannes nicht ertragen. Und der ACRO-Agent ging keineswegs sanft mit ihr um, warf sie zu Boden und hielt sie eisern fest. Die Erinnerung an die Vergewaltiger, an all die Schläge schaltete ihren Verstand aus, und so riss sie ein Messer aus seinem Gürtel. Ohne lange zu überlegen, stach sie zu.
Nacktes Entsetzen hatte die Augen des Agenten weit aufgerissen. Als er nach hinten sank, gab er ihr die Chance, unter ihm hervorzukriechen. Heißer Zorn, das Grauen vor ihrer Tat und der Geruch des Blutes verschmolzen zu einer explosiven Mischung. Kraftvoll brach sich das Biest Bahn und erledigte den Rest.
Gewiss, das Tier hatte eine Rolle gespielt. Aber Rik hatte die Stichwunde gesehen, und sie war sich darüber im Klaren, dass der Mann auch ohne die Hilfe der Wölfin verblutet wäre.
Trance nahm sie wieder in die Arme, und da merkte sie, dass sie all diese Gedanken laut ausgesprochen hatte.
Und dass sie weinte.
»Hör mir zu«, bat er eindringlich. »Das musstest du tun, um zu überleben. Wie das ist, weiß ich. Aber nun solltest du die Vergangenheit begraben. Hier wird dir eine Zukunft geboten, ein neuer Anfang. Lass die Tränen fließen – und dann vergiss das alles.«
»Keine Ahnung, ob ich das kann.«
»Ich werde dir dabei helfen, Rik. Ich bin da und fange dich auf, wann immer du in deinem Kummer versinkst. Gemeinsam werden wir das schaffen.«
Sie umschlang ihn so fest, dass er nach Luft schnappte. Von einer seltsamen, warmen Energie erfüllt, spürte sie, wie ihr Herz schneller schlug, wie sich ihr Atem erhitzte. Um dieses Gefühl zu definieren, brauchte sie einige Zeit.
Glück. Zum ersten Mal seit ihrer Kindheit war sie glücklich. Und – zu ihrem maßlosen Staunen – sogar verliebt.
WANN IMMER DEVLIN ÜBER DAS ACRO-GELÄNDE GING, verfolgte er stets einen ganz bestimmten Zweck. Die Rückkehr des Augenlichts zwang ihn, seine Wanderungen zu verlangsamen, viel mehr wahrzunehmen als während seiner Blindheit. An Tagen wie diesem zerrte das an seinen Nerven.
Schließlich setzte er seine Sonnenbrille auf und beschleunigte seine Schritte, sodass die Bodyguards praktisch laufen mussten, um ihn einzuholen. Sie waren schon fast am Sportplatz des Excedo-Trainingscenters vorbei, als er Annikas Gelächter hörte. Er drehte sich um und sah Gabriel rücklings auf einer Matte liegen.
»Allmählich wird er immer besser«, teilte sie Dev mit, nicht ohne eine Spur von Neid.
Kira hatte ihm schon Ähnliches berichtet und von ihr hatte er erfahren, dass Gabriel im Umgang mit Tieren ein Naturtalent sei. »Ganz verrückt sind sie nach ihm«, hatte sie hinzugefügt. »Wenn er in seinem eigenen Haus lebt, will ich ihm ein paar Hunde anvertrauen.«
Eindeutig ein Fortschritt, wenn er daran dachte, dass der junge Rekrut vor Kurzem noch Marlena erklärt hatte, er wolle ACRO verlassen. Dev überlegte, was wohl den Sinneswandel bewirkt haben mochte. Dann redete er sich ein, das würde ihn nicht interessieren. Außerdem wäre ein ganzes Agententeam mit diesem jungen Mann beschäftigt, für ihn bliebe da nichts zu tun.
Und Gabriels Gelächter würde an ihm abprallen.
Verdammt.
Er stand an der Seite des Gebäudes und beobachtete, wie Annika ihren Schüler erneut mit einem Stromschlag niederstreckte. Natürlich wusste Dev, wozu sie Gabe damit veranlassen wollte.
Aber der war plötzlich nicht mehr da. Annikas Beine flogen über ihren Kopf hinweg. Das Gesicht nach unten, landete sie auf der Matte. Sie versuchte aufzustehen.
Weitere Kostenlose Bücher