Gesponnen aus Gefuehlen
gesagt, dass ich es suchen soll. Dass es mir helfen wird. Das Buch wird mir Antworten auf meine Fragen geben.«
»Wenn es dir gelingt, unversehrt zu entkommen, Lucy, ruf mich an. Ich werde dir alles berichten, was ich weiß.«
»Weshalb können Sie mir nicht jetzt schon etwas erzählen?«
»Dieses Wissen darf niemals in die Hände des Bundes gelangen. Wenn die Männer das Buch vor uns finden, erlangen sie mehr Macht, als sie je hatten. Das Vermächtnis der Hüterinnen ist der einzige Weg herauszufinden, wie du die Bücher retten kannst. Ich erzähle dir, was ich weiß. Ruf mich an, wenn du an einem sicheren Ort bist.«
Ohne Abschied legte sie auf.
Lucy starrte auf ihr Telefon. Miss Olives letzte Worte hatten ängstlich geklungen. Was hatte es mit diesem mysteriösen Buch auf sich? Was machte es so geheimnisvoll?
Das Telefon in ihrer Hand summte und schreckte Lucy aus ihren Gedanken.
»Ja«, meldete sie sich und hoffte, dass Jules am anderen Ende wäre.
Doch da war nur Stille, sie hörte nicht einmal jemanden atmen. Ihr wurde kalt. Schnell schaltete sie das Telefon ab und legte es auf den Tisch, als fürchtete sie, sich daran zu verbrennen. Hatte Batiste sie gefunden? Konnte er ein namenloses Handy aufspüren? Sie waren so vorsichtig gewesen. Miss Olive konnte Batiste nicht auch überwachen lassen. Sie war eine alte liebenswerte und völlig harmlose Archivarin. Oder wusste Batiste über sie Bescheid? Es nützte nichts. Das Telefon war ihr einziger Kontakt zur Außenwelt, wenn sie es ausschaltete, erreichte Jules sie nicht und sie konnten keine Pläne schmieden, um Batiste abzulenken.
Mit zittrigen Fingern tippte Lucy die vier Zahlen des PIN-Codes wieder ein. Sie hatte eine Nachricht erhalten. »Ruf mich an. Jules.«
Was blieb ihr übrig? Sie musste zurückrufen. Erst als sie die vertraute Stimme ihrer Freundin hörte, entspannte sie sich ein wenig.
»Weshalb war das Handy aus?«, erkundigte sich Jules.
»Ich hatte einen Anruf«, erklärte Lucy. »Aber es war niemand dran, da habe ich Angst bekommen und es ausgemacht.«
»Bestimmt falsch verbunden. Aber unsere Zeit wird knapp«, sagte Jules. »Ich befürchte auch, dass wir überwacht werden. Kann sein, dass ich es mir einbilde, aber ich sehe laufend die gleichen Männer. Marie geht es ähnlich. Also pass auf: Das ist unsere Idee.«
Lucy lauschte ihrer Freundin aufmerksam. Ab und zu fragte sie nach, um sicherzugehen, dass sie alles verstand.
»Und du meinst, das klappt?«, fragte sie skeptisch. »Ist das nicht zu gefährlich? Ich habe kein gutes Gefühl dabei.«
»Das ist die einzige Möglichkeit. Mach dir nicht zu viele Sorgen. Wir passen schon auf.«
Mit einem unguten Gefühl legte Lucy auf.
Sie musste das mit Nathan besprechen, aber im Grunde hatten sie keine Wahl. Sie hatten einen einzigen Versuch, und wenn dieser scheiterte, war es vorbei, bevor es begonnen hatte.
*********
»Es muss klappen, Jules. Jetzt sei nicht so skeptisch.
»Ich bin nicht skeptisch, nur vorsichtig.«
»Ich weiß und das ist auch richtig«, sagte Marie. »Wir müssen uns eben vorsehen. Es wird schon nichts passieren.«
Jules nickte. »Ist schon gut. Du fährst jetzt in die Stadt und rufst mich mit Lucys Handy an. Achte darauf, dass du dein Anhängsel abschüttelst. Er darf unseren Plan nicht durchschauen.«
»Ja, das mache ich schon. Besonders clever ist er nicht.«
Jules drückte ihre Freundin an sich. »Dann los.«
Marie lief zur nächsten U-Bahn-Station. Sie mussten Batiste davon überzeugen, dass Lucy zurück in London war. Dafür gab es nur einen Weg. Marie drehte sich um. Da war er. Der junge Mann, der ihr folgte, war ihr in den letzten Tagen bereits aufgefallen. Gestern Abend hatte er vor der Bibliothek herumgelungert. Marie fragte sich, was Batiste mit dieser Überwachung bezweckte. Glaubte er allen Ernstes, dass sie diese Stümper nicht bemerkten? Sie lief die Treppen zur U-Bahn hinunter und stieg ein. Glücklicherweise war der Wagen voller Menschen. Der Mann quetschte sich gerade noch hinein. Marie duckte sich und schlängelte sich zwischen den anderen Passagieren, die dicht gedrängt standen, hindurch. Er konnte ihr nicht folgen, beobachtete sie. Nach drei Stationen stieg sie aus. Damit musste er gerechnet haben, denn er folgte ihr in einigem Abstand. Marie ließ sich zum Ausgang treiben. Sie setzte einen Fuß auf die Treppe. In dem Moment, in dem die Türen der U-Bahn begannen, sich zu schließen, sprang sie wieder hinein. Die Bahn fuhr an und
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