Gesponnen aus Gefuehlen
überlegen, wie es für uns weitergeht. Auf Sofia oder Harold darf keinerlei Verdacht fallen, dass sie uns geholfen haben.«
Er sah die beiden an. Harold hockte neben seiner Frau auf dem Sofa und erinnerte Lucy an ein verängstigtes Kaninchen.
»Ihr könntet mich fesseln«, schlug Sofia vor. »Allerdings gebe ich Nathan recht. Batiste wird Nathan nicht allein hierlassen. Wir können froh sein, wenn er ihn nicht mit nach London nimmt. Dann musst du von hier fort. Länger kannst du nicht bleiben, Lucy.«
Das war etwas, was sie in ihrem Plan nicht berücksichtigt hatten. Lucy hatte darauf vertraut, dass Batiste Nathan nicht so schnell nach London zurückließ. Das Risiko mussten sie eingehen.
Sie nickte. »In dem Fall müssen wir uns etwas anderes überlegen, aber jetzt sollten wir uns an dieses Vorhaben halten.«
»Warten wir ab, was passiert. Er hat einen Anruf bekommen. So viel habe ich mitbekommen. Er hat den ganzen Abend ausgesehen wie ein Kater, dem eine besonders fette Maus in die Falle gegangen ist.«
»Netter Vergleich«, sagte Lucy.
Das Schicksal der Bücher ist geheimnisvoll.
Sully Prudhomme
18. Kapitel
Lucy lächelte, als sie am nächsten Vormittag von dem Fenster in ihrem Zimmer aus sah, wie de Tremaines Limousine mit Harold, Sirius und Batiste das Anwesen verließ.
Es hatte funktioniert. Batiste hatte sich von ihren Freunden fortlocken lassen. Bis zum letzten Moment hatte sie nicht daran geglaubt.
Sorge bereitete ihr allerdings, dass sie vor einer guten Stunde beobachtet hatte, wie Batiste mit Nathan und Orion zu der Kapelle am Rande des Anwesens gegangen war. Batiste war allein zurückgekommen. Was hatte das zu bedeuten? Sie waren davon ausgegangen, dass Nathan während Batistes Abwesenheit im Haus bleiben musste. Was sollte sie tun, wenn Nathan nicht zurückkam? Viel Zeit hatten sie für ihren Fluchtplan nicht. Batiste würde morgen zurückkommen. Dann mussten sie weit weg sein.
Sie hatten sich nicht überlegt, wohin sie gehen sollten. Miss Olive war die einzige Option für sie. Nur sie konnte ihr mehr über das Vermächtnis der Hüterinnen erzählen? Lucy wusste nichts über dieses Buch. Sie hatte keinerlei Hinweise, wie es aussah. Sie wusste nicht, wann es das letzte Mal gesehen worden war. Wo es versteckt war? Woher es kam? Das Buch musste seit Ewigkeiten existieren, wenn es darüber Auskunft gab, wie die Bücher den Menschen zurückgegeben werden konnten. Sie musste sich auf die Suche danach machen und es finden, auch wenn sie ihr Leben lang dafür brauchte.
Die Sonne stand tief, als Lucy Sofia den Weg vom Haupthaus entlanglaufen sah. Sie wirkte erregt. Lucy verließ ihr Zimmer und ging die Treppe hinunter. Sofia öffnete atemlos die Eingangstür.
»Er hat Nathan in der Kapelle eingesperrt«, sagte sie. »Und er hat befohlen, dass er diese nicht verlässt, bis er zurück ist.«
Lucy sah Sofia erschrocken an. »Was machen wir jetzt?«
»Du musst weg, Lucy«, sagte Sofia. »Das ist das Beste, glaube mir. Ich bringe dich zu meinem Bruder. Du musst dich verstecken, wo Batiste de Tremaine dich nicht finden kann. Es hat nicht funktioniert. Das tut mir leid. Jetzt musst du an dich denken. Nathan kommt schon zurecht.«
»Aber ich brauche ihn«, sagte Lucy.
Sofia trat zu ihr und nahm sie in die Arme. »Ich weiß, meine Kleine.« Sofia sah sie aufmerksam an.
»Darum darf ich ihn auch nicht hier lassen«, sagte Lucy entschlossen. Sie würde es nicht ertragen, ohne ihn fortzugehen. Sie brauchte ihn bei sich. Allein würde sie diese Aufgabe nie bewältigen.
»Wir müssen ihn da rausholen.«
Sofia sah sie kopfschüttelnd an. »Wie stellst du dir das vor? Du wirst nicht hineinkommen. Der Eingang ist verborgen. Du wirst nicht einmal erkennen, wo er ist. Glaub mir, ich war in der Kapelle, dort ist nichts Ungewöhnliches zu sehen. Ein Altar und ein paar Bänke. Ich habe keinen blassen Schimmer, wo sich eine Bibliothek verbergen soll. Außer der Eingangstür gibt es keinen anderen Zu- oder Ausgang, nur noch eine kleine Krypta darunter.«
»Ich muss es versuchen«, beharrte Lucy auf ihrem Vorhaben.
»Ich kann dich nicht umstimmen?«, fragte Sofia.
Entschlossen schüttelte Lucy den Kopf.
»Ich muss wieder hinüber. Orion wird sich wundern, wenn er mich nicht findet. Warte, bis es dunkel ist. Er holt gegen sieben Uhr das Abendessen für Nathan. Ich versuche, ihn im Haus aufzuhalten. Das ist deine einzige Chance.«
Sofia nahm Lucy noch einmal in den Arm. »Viel Glück und denke daran:
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