Gestaendnis im Orchideengarten
Rizzi-Clan, der mich hier rausdrängen will“, presste sie mit fast geschlossenen Lippen hervor. „Sie sind zwar Caspars Freund, trotzdem möchte ich Sie bitten, mich nicht weiter zu belästigen. Ich muss jetzt zusehen, wie ich mein Leben auf die Reihe bekomme. Schönen Tag noch. Schönes Leben. Mir doch gleich!“
Und bevor Leo etwas erwidern konnte, hatte sie schon eine große gelbe Orchidee nach ihm geworfen. Er fing den Topf gerade noch ab, bevor er seinen Anzug schmutzig machen konnte.
Auf einmal trat Sara hinter ihn, er roch ihren warmen Duft gemischt mit Spülmittel und Orchideenblüten. Sie packte ihn von hinten bei den Schultern, drehte ihn um hundertachtzig Grad und verfrachtete ihn in Richtung Ausgang.
Als er wieder klar denken konnte, stand er vor dem Gewächshaus mit einer gelben Orchidee im Arm und fragte sich, wie es dazu hatte kommen können.
5. KAPITEL
Sara war ganz benommen von den sich überschlagenden Ereignissen der letzten vierundzwanzig Stunden.
Noch mehr Überraschungen verkraftete sie nicht. Am liebsten wollte sie alles ausblenden, die furchtbaren Neuigkeiten vergessen und ebenso die Tatsache, dass sie sich im Grunde ihres Herzens darüber gefreut hatte, Leo noch einmal zu sehen.
Sie musste weiterarbeiten, denn die Kunden erwarteten ihre Lieferungen. Ihr fiel bestimmt eine Lösung ein, wie sie mit dieser schwierigen Situation umgehen konnte, doch bis dahin musste sie einfach weitermachen.
Sie hielt sich mit beiden Händen an der Spüle fest.
Aber gab es überhaupt einen Ausweg?
Wenn sie das Grundstück für viel Geld gekauft hatten, wollte das Hotelmanagement sicher jeden Quadratmeter davon nutzen, damit sich die Investition rentierte. Dem betagten Bauer konnte sie keinen Vorwurf machen, er musste jede Möglichkeit nutzen, um sich und seine Familie fürs Alter abzusichern.
Das Hotel würde sicher nicht nur auf die Grundfläche der alten Küchengärten bestehen, sie würden auch den Boden, auf dem die Gewächshäuser standen, verwerten wollen. Wahrscheinlich für einen Parkplatz.
Was für eine schreckliche Vorstellung, dass ihr geliebter Garten bald von einem schwarzen Teerbelag bedeckt sein sollte.
Wie in Trance bewegte sie sich zum Nebenausgang und öffnete vorsichtig die Tür zum tropischen Gewächshaus. Doch dann blieb sie einfach stehen, sah sich um, und versuchte, die Eindrücke der geliebten Umgebung noch einmal ganz bewusst wahrzunehmen: die alte Mauer, das Hotel, das einst ihr Zuhause war, die Obst- und Feigenbäume, die voller Früchte hingen.
Ihre Großmutter hatte in ihren letzten Lebensjahren viel Zeit in den Treibhäusern verbracht und mit Leidenschaft neue Orchideensorten gezüchtet. Nach ein paar Gläsern Sherry hatte sie eines Abends sogar zugegeben, dass ihr die Gesellschaft der Orchideen manchmal lieber war als die von Menschen.
Orchideen ließen einen nie im Stich oder rannten davon, wenn man sie am nötigsten brauchte.
Ach, liebste Großma!
Nun würden auf diesem erinnerungsträchtigen Grund vermutlich Parkplätze entstehen.
Den Hotelbesitzern würde das alles egal sein, für sie war es nur ein Geschäft.
Sie schloss die Augen und spürte, wie Panik in ihr hochstieg. Nein! Das durfte nicht das Ende sein. Nicht, nachdem sie drei Jahre lang so geackert hatte.
Sie war tief in ihre Gedanken versunken und hörte nicht, wie die Tür des Gewächshauses hinter ihr geöffnet wurde.
Als sie sich umwandte und Leo wortlos an der Tür stehen sah, erschrak sie. Warum war er zurückgekommen?
„Bitte machen Sie die Sache nicht noch schlimmer“, sagte sie schließlich.
Er sah am hellen Tag noch viel toller aus als gestern Nacht. Das weiche Licht ließ seinen dunklen Teint strahlen und betonte die Grübchen und Lachfältchen in seinem Gesicht.
Mit seinen blauen Augen fixierte er sie schweigend, und sie konnte sich der Erinnerung nicht erwehren, wie zärtlich er sie gestern im Arm hielt, als sie so unbeschwert über die Terrasse tanzten.
Für einen Moment hatte sie sich wie eine ganz normale Frau gefühlt, die sich mit einem ganz normalen Mann auf einer Party prächtig amüsierte. Bis er sich so schmählich über sein Blind Date äußerte und all ihre Selbstzweifel wieder hochgekommen waren.
Seit jeher stand sie immer an letzter Stelle, ganz gleich ob in der Familie oder bei den Männern.
Und dann die Sache mit dem Ausziehen, als sie schon geschlafen hatte.
Da stand er also, der clevere, geschniegelte Typ aus der schicken Businesswelt, während sie nur …
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