Gestaendnis unter suedlicher Sonne
davon.
Am liebsten hätte sie geweint. Warum war sie überhaupt hergekommen? Ich werde mich wie Gordon verziehen, dachte sie verzweifelt. Sobald die Leute tanzten und sie nicht länger beobachteten, würde sie verschwinden. Doch dann versperrte ihr ein dunkelhaariger Mann in prächtiger Uniform den Weg.
âDarf ich Sie um diesen Tanz bitten?â
Es war eine rein rhetorische Frage. Bevor Jenny noch irgendetwas antworten konnte, hatte er bereits ihre Hand genommen. Nun gilt es, Rückgrat zu beweisen, ermahnte sie sich, hob das Kinn und lieà sich zurück auf die Tanzfläche führen.
Danach gab es genauso wenig ein Entrinnen. Ein Mann nach dem anderen forderte sie auf und versuchte, sie auf höfliche, gelegentlich auch aufdringliche Weise auszuhorchen.
Wie es schien, lieà Ramón ebenfalls keinen Tanz aus. Zuweilen begegneten sich ihre Blicke, und er lächelte sie an. Warum konnte er nicht als Normalsterblicher geboren werden, dachte Jenny mehr als einmal todunglücklich.
7. KAPITEL
Die Zeit verstrich, und schlieÃlich wurde ein Mitternachtssouper angekündigt. Vielleicht schaffst du es jetzt, dich davonzustehlen und den lästigen Fragen zu entgehen, überlegte Jenny. Aber im nächsten Moment schritt eine rundliche ältere Dame auf sie zu und fasste ihre Hände.
âIch bin Ramóns Tante SofÃa und freue mich sehr, Sie kennenzulernen.â Sie hakte sich bei Jenny unter. âEssen wir gemeinsam eine Kleinigkeit.â
Wohl oder übel lieà sie sich von ihr zu einem gedeckten Tisch in einer kleinen Nische führen. Sie beobachtete, wie SofÃa einem vorübereilenden Bediensteten zulächelte, und staunte, als man ihnen zwei Minuten später zahlreiche Köstlichkeiten servierte. Ramóns Tante lieà sich zwei Mini-Eclairs schmecken und erkundigte sich dann, warum Jenny nichts aÃ.
âIch stehe ziemlich unter Schock.â
âIch auch. Und Ramón ebenfalls. Doch wir machen das Beste daraus.â
âRamón wurde als Prinz geboren.â
âNur war er nie als Thronerbe vorgesehen. Ich habe keine Ahnung, was er Ihnen gesagt hat. Aber ich finde, Sie sollten vielleicht ein paar Dinge wissen. Mein Vater, Ramóns GroÃvater, hat meine Mutter, meinen jüngeren Bruder und mich aus dem Palast verbannt, als wir noch Kinder waren. Wir wurden praktisch auf einer kleinen Insel vor der Küste gefangen gehalten. Meine Mutter durfte nie mehr einen Fuà zurück aufs Festland setzen.â
Warum erzählt sie mir das, fragte sich Jenny, während SofÃa sich eine Schokopraline in den Mund schob.
âDas klingt schrecklichâ, fuhr sie schlieÃlich fort. âDoch die Insel ist wirklich bezaubernd. Meine Mutter hat bloà entsetzlich unter dem Verlust ihres ältesten Sohnes gelitten. AuÃerdem hat es ihr sehr wehgetan, mitzuerleben, was mit ihrem Land passierte. Mein jüngerer Bruder hat schlieÃlich ein entzückendes Mädchen von der Insel geheiratet. Ramón ist ihr gemeinsamer Sohn. Der Herkunft nach ist er also ein Prinz. Aber er ist bis vor zehn Wochen erst ein einziges Mal im Palast gewesen. Nämlich an dem Tag, an dem sein Vater starb.â
âEr ⦠er verbringt sein Leben auf der Jacht?â
âNein, nur einen Teil davon, und das auch erst seit dem Tod seiner Mutter und seiner Schwester. Von frühester Kindheit an hat er mit Begeisterung Dinge gebaut. Er hat dann das Bauhandwerk von der Pike auf gelernt und liebt seinen Beruf. In jeder Trockenzeit ist er in Bangladesch und baut dort Häuser mit Schwimmböden, die sich dem steigenden Wasserpegel angleichen. Ramón hat sich dieser Arbeit mit Leidenschaft gewidmet, und nun muss er für immer als Fürst hierbleiben.â
âIch vermute, er wurde auf diese Aufgabe vorbereitetâ, erwiderte Jenny steif. Worauf wollte SofÃa hinaus?
âLediglich insofern, als meine Mutter darauf bestand, uns in der Hofetikette zu unterweisen. Als hätte sie geahnt, dass es uns eines Tages wieder in den Palast verschlägt. Wir haben den Unterricht über uns ergehen lassen, doch nicht gedacht, dass wir die Kenntnisse je brauchen würden. Irgendwann hat mein Bruder versucht, die Rechte meiner Mutter wiederherzustellen und ihr zum Verlassen der Insel zu verhelfen. Und da hat die wirkliche Tragödie begonnen.â
âDas war, als Ramóns Vater starb?â
âJa, und zwar durch die brutalen Handlanger meines
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