Gestaendnis unter suedlicher Sonne
sich nicht gekränkt. Doch es ist meine Pflicht, Ihnen zu sagen, dass Sie absolut nicht in den Palast passen. Sie sind nicht die Frau, die Ramón braucht. Die zukünftige Fürstin muss aus dem Adel stammen, damit sie das entsprechende Rüstzeug mitbringt und weiÃ, wie sie ihre Position auszufüllen hat. Aber das gilt natürlich nicht für die Partnerin seines Herzens. Wenn Ramón dann und wann mit Ihnen zusammen sein könnte â¦â
Allmählich gingen SofÃa die Worte aus, und sie schwieg. Jennys Gesichtsausdruck war nicht gerade ermutigend.
Es war ihr unmöglich, ihren Ãrger und ihre Verletztheit länger für sich zu behalten. âSie wollen also, dass er jemand anderes heiratet und mich nebenbei hat?â, fragte sie gefährlich leise.
âEs wird seit Generationen so gemachtâ, erwiderte SofÃa schroff und bemerkte mit Erleichterung, dass ein junger Mann auf ihren Tisch zukam. âLord Anthony möchte Sie offenbar kennenlernen. Er ist schrecklich britisch, aber ein fantastischer Tänzer. Ramón wird heute Abend keine Zeit mehr für Sie haben. Er wird überhaupt so wenig Zeit haben ⦠Doch könnte er Sie bestimmt hin und wieder besuchen, wenn Sie auf der Insel wohnten. Tanzen Sie mit Lord Anthony, und denken Sie zum gegebenen Zeitpunkt daran, was ich gesagt habe.â
Wie ferngesteuert, tanzte Jenny mit Lord Anthony. Hoffentlich konnte sie gleich verschwinden, ohne Aufsehen zu erregen. Leider bot sich ihr die Gelegenheit nicht, denn es wartete bereits ein weiterer junger Mann, der mit ihr tanzen wollte. Und danach belegte eine schlanke Dame im Alter von SofÃa sie mit Beschlag. Sie wirkte zwar etwas verängstigt, zog sie aber trotzdem entschlossen auf die Seite.
âIch bin Perpetua, die Frau von Carlos. Er ist nicht gefährlichâ, fügte sie eilig hinzu, als sie Jennys Gesichtsausdruck bemerkte. âMein Ehemann führt bloà groÃe Reden. Er ist unter dem Einfluss seiner adeligen Verwandtschaft zum Dummkopf geworden.â
Tief atmete Perpetua ein. âEs heiÃt, Sie seien bürgerlich, eine Normalsterbliche wie ich ⦠Ich war mit Leib und Seele Lehrerin, als ich Carlos kennenlernte. Wir waren eine Weile zusammen glücklich, bis der verstorbene Fürst beschloss, dass er meinen Mann mochte. Er hat ihn oft zum Glücksspiel mitgenommen. Carlos hat diesen Lebensstil verinnerlicht und lebt jetzt in einer Fantasiewelt, in der er adliger ist als Ramón. Er ⦠hat einige schrecklich dumme Dinge gemacht, zu denen der verstorbene Fürst ihn zumeist angestachelt hat. In den vergangenen Monaten, als er dachte, er könnte den Thron erben, ist er ⦠ein wenig verrückt gewesen. Ich kann nichts daran ändern. Doch mit anzusehen, wie er sich verhält, tut mir weh. Und dann habe ich vorhin beobachtet, wie Sie Ramón beim Tanzen angeschaut haben.â
âIch verstehe nicht, was Sie meinenâ, stieà Jenny hervor.
âLassen Sie sich auf nichts einâ, erwiderte Perpetua leise. âWas immer Ramón sagt, glauben Sie ihm kein Wort ⦠Ich bin die Frau eines Mitglieds des Fürstenhauses und habe deshalb den Mund zu halten. Möchten Sie das für sich? Möchten Sie ein schweigendes Anhängsel sein? Tun Sie sich das nicht an. Laufen Sie weg!â Sie seufzte auf, als ein junger Mann auf sie zukam, der Jenny wohl zum Tanzen auffordern wollte. Kurz blickte sie diese noch einmal verzweifelt an und wandte sich dann um.
Laufen Sie weg! Das ist der beste Rat, den man mir heute Abend gegeben hat, dachte Jenny, während sie weiter wie ferngesteuert tanzte. Aber wie sollte sie in dieser fremden Stadt im Dunkeln zurück zum Boot finden? Wie sollte sie von hier verschwinden, ohne Aufsehen zu erregen? Wenn doch der Ball endlich vorüber wäre!
Weit nach Mitternacht ging ihr Wunsch schlieÃlich in Erfüllung. Trompeter bliesen einen AbschiedsgruÃ, und dann wurde der Fürst von Cepheus von seiner Leibgarde aus dem Saal geleitet.
Kaum war das Spektakel vorbei, erschien ein Bediensteter an Jennys Seite. âMadam, ich wurde beauftragt, Sie zu fragen, ob Sie weiter tanzen oder zum Gästeapartment gebracht werden möchten.â
âIch möchte zur Marquita gebracht werden.â
âDas ist nicht möglich, Madam. Der Fürst hat angeordnet, dass Sie im Palast bleiben. Es tut mir leid.â
Wohl oder übel fügte sich Jenny in ihr Schicksal.
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