Geständnisse eines graumelierten Herren
vom ländlichen Nachrichtendienst frisch versorgt: „Hab scho g’hört, daß d’melken kannst! Da schaut’s bei meiner Bullenzucht natürlich schlecht aus. Sonst hätt’ ich dich gleich eing’stellt als Schweizer.“
Seine Frotzellaune war günstig, das Geheimnis von der wundersamen Heilung in der Schaufel des Frontladers zu lüften. Maxi hörte eine Weile zu, dann unterbrach er in bester Absicht: Beim Unterwirt gebe es heut prima Tellerfleisch.
Das traf sich gut: Auf dem Bühlhof sorgte seit zehn Uhr Frau Schmidhuber mit Durcheinander für Ordnung — da war jeder Saubär überflüssig.
Nach dem ersten Zug aus dem Bierkrug kaute Maxi die Pointe der Geschichte, die er zuerst stoisch hingenommen hatte, wider. „Dann hat dir nix mehr weh’tan, als ich dich in’ Hof ‘neitragen hab?“
„Gar nix.“
Die Befürchtung, erschlagen zu werden, wenn er’s ihm seinerzeit gleich gestanden hätte, bestätigte der Maxi mit Selbstkenntnis „Kann leicht sein!“ und lenkte mit der unaufdringlichen Formulierung „Du sollst ja sehr fleißig arbeiten auf’m Hof!“ das Gespräch direkt ins Zu-Haus.
Hier verlangte die Regionalart — der schottischen recht ähnlich, wie Lukas feststellte — understatement. Bescheidener Mauerdurchbruch, versuchsweise, mehr gehe ja nicht allein, man sei kein gelernter Maurer... Hilfreich unterbrach die Kellnerin mit dem Tellerfleisch, fünf Männer, die hereinkamen, brachten das Thema endgültig vom Tisch. Sie sprachen englisch.
Ein Rotblonder mit Längsschädel schaute zufällig herüber. „Wenn wir nicht hier wären, würde ich sagen, den Mann kenne ich!“ raunte er seinen Begleitern zu.
Nun schauten alle. Lukas machte sich den Spaß, seine knappe Frage mit dem, unter britischen Gentleman typischen Tonsprung um eine Sechste zu versehen: „Oh really?“
Herzlich begrüßten sie ihn, als habe er die richtige Parole genannt. Der Rotblonde, seines Zeichens Kulturfilmproduzent, wußte, wo sie einander gesehen hatten, bei Highlandgames, einem Trachtensportfest im schottischen Hochland; die andern, zwei Professoren und zwei Unverbildete, kannten Lukas vom Fernsehen.
Colin, so nannten sie den Rotblonden, erzählte genüßlich, wie Lukas auf jenem Sportfest, von Nachbarn heimlich zum „Sonderpreis für Nicht-Schotten“ nominiert, sich beim spektakulären Tossing the Caber vergeblich bemüht hatte, den langen Baumstamm mit Anlauf zum Überschlag zu bringen, und sich fast selbst erschlagen hätte.
Auf einmal stand der Maxi am Tisch. Den Bierkrug in der Faust sagte er mit unüberwindlich alpenländischem Akzent: „Gentleman, I’m Maxi, a friend of Mister Dornberg. Nice to meet you!“ Ein Begrüßungsschluck, und er saß mit in der Runde.
Sein Auftritt verwirrte doppelt. Zum einen die Gäste, die den Namen Dornberg nicht kannten, weil Lukas sich drüben — berühmtem Beispiel folgend — Mountdorn nannte, zum andern ebendiesen durch seine englischen Sprachkenntnisse.
Die Kellnerin brachte das verwaiste Tellerfleisch herüber, Gelegenheit für Maxi, die Spezialität allen anzupreisen und, ohne eine Entscheidung abzuwarten, sofort zu ordern. „Five Tellerfleisch!“ Auf die Frage, was Lukas hier mache, gab er bereitwillig Auskunft. „He keeps the cottage of two old girlfriends of him, while they are on a world tour“, und stillte, um kein passendes Wort verlegen, auch seine eigene Neugier.
Das Tellerfleisch wurde ein Volltreffer. Von den kauenden Briten pantomimisch gelobt, leerte Maxi seinen Krug und feixte. „Soso, Mountdorn. A Cartoonist bist’ und anscheinend ganz a verreckter!“
Lukas fand Gelegenheit, die Kellnerin unbemerkt zu verständigen, sie möge alles auf eine Rechnung setzen.
„Is scho’ recht, Herr Mountdorn .“
Die Gäste aus England befanden sich auf Studienfahrt in Sachen Alpenländischer Barock und mußten nach abschließendem Kaffee weiter zur nächsten Kirche. Nicht ohne daß jeder ein Mountdown-Männchen mit Widmung in seiner Brieftasche davontrug.
„Please, one for me too !“ Maxis Pranke schob eine nicht ganz reine Papierserviette über den Tisch. Der Einfall bot sich an: ein Bulle mit bekanntem Gesicht, darunter in Druckbuchstaben: danger! maxi the bull, bavarian monster, speaks english!
„Bittschön, Herr Mountdorn, mir auch a Mandl! Mein Herbert hat morgen Namenstag.“
Der Kellnerin konnte Lukas den Wunsch genausowenig abschlagen, wie dem Briefträger am Nebentisch, und der Verkäuferin aus dem Textilgeschäft, bei der er das Hemd
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