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Gestern fängt das Leben an

Gestern fängt das Leben an

Titel: Gestern fängt das Leben an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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spiele. Obwohl da jetzt seit fast zwei Monaten kein Ring mehr steckt, erschrecke ich immer noch, wenn der Daumen über den Finger streift und feststellt, dass der Ring weg ist.
    «Also, den Anzug haben sie jedenfalls schon an, wenn sie einen brauchen!», sagt Allie stolz und bringt uns beide zum Lachen. Ich setze jedoch einen Moment später ein, weil ich so erstaunt darüber bin, zu was ein kleiner Mensch sich entwickeln kann.
Ob Katie jetzt auch gerade so fröhlich
ist?, frage ich mich und spüre wieder einen kleinen Stich.
Diesmal hält das Gefühl länger an. Ich sehe Allie hinterher und werde fast weggeschwemmt von der Sehnsucht nach meinem eigenen kostbaren Kind.
    «Sie werden so schnell groß», sagt Leigh, als könnte sie Gedanken lesen. «Manchmal kann ich nicht fassen, wie klug sie ist. Ich meine, Allie hat doch eben noch Windeln getragen   …» Sie seufzt, aber es steckt weder Wehklagen noch Reue darin. Es ist nur der Seufzer einer Mutter, die weiß, dass sie die Zeit nicht aufhalten kann.
    «Vielen Dank für den Anruf heute», sage ich schnell, um das Thema zu wechseln. «Es ist eine willkommene Abwechslung.»
    Ich weiß nicht genau, was ich noch sagen soll. Jacks Familie hat sich hinter derart hohen emotionalen Mauern verschanzt, dass ich angesichts der plötzlich herabgelassenen Zugbrücke völlig verunsichert bin.
    «Na ja, Allie schwärmt seit ihrem Geburtstag von dir», sagt Leigh. «Und als Jack erzählt hat, dass er dich mitten an eurem Ferienwochenende hat sitzenlassen, da   …»
    Jetzt weiß auch sie nicht weiter. Wahrscheinlich ist es für uns beide neues Terrain, denke ich. Man sieht Leigh an, wie sie ihre Worte abwägt.
    «Weißt du, Jill, mir ist klar, dass meine Familie nicht immer ganz einfach ist. Meine Mutter allein reicht schon, um einen zum Wahnsinn zu treiben   …»
    «Dann geht es nicht nur mir so?» Ich höre selbst die Erleichterung in meiner Stimme, weil ich vielleicht endlich eine Verbündete gefunden habe.
    «Nein, das geht nicht nur dir so.» Leigh lacht. «Sie hat nie richtig gelernt, ein Leben außerhalb ihrer Mutterschaft zufinden. Ich bin die Jüngste von uns, also habe ich am wenigsten Aufmerksamkeit bekommen, was wahrscheinlich ein Segen war. Aber Jack, tja   …»
    «Der verlorene Sohn?», werfe ich ein.
    «So ungefähr», antwortet sie. Wir setzen uns auf eine Bank und beobachten Allie, die verzückt vor den Eisbären steht. Die riesigen Tiere erinnern mich an überdimensionale Marshmallows.
    «Hast du manchmal Angst? Ich meine, dass du wirst wie sie?» Mein Atem geht schneller, und ich hoffe, dass ich nicht zu weit gegangen bin mit dieser intimen Frage.
    «Doch, ja, manchmal schon», antwortet Leigh unbeeindruckt. «Weißt du, selbst eine Mutter zu sein, ist das Beste, das mir passieren konnte. Aber gleichzeitig frisst es einen völlig auf. Ich weiß, es klingt furchtbar, und ich hoffe, du kannst mich verstehen, obwohl du keine Kinder hast. Aber glaub mir, es ist die Wahrheit.»
    «Ich finde nicht, dass es furchtbar klingt», sage ich und denke, wie gut ich sie verstehen kann. Als Katie zur Welt kam, ist so viel von mir verlorengegangen. Meine einzige Daseinsberechtigung schien zu sein, ihren hungrigen Mund zu stillen, sie in den Schlaf zu singen und ihr die schmutzigen Windeln zu wechseln. Wie sehr habe ich es vermisst, die alte Jillian zu sein!
    Sechs Monate nach Katies Geburt machte Henry mir einen merkwürdigen Vorschlag. Vielleicht spürte er meine Unlust, oder er war einfach nur gelangweilt von einer Frau, die keine anderen abendlichen Gesprächsthemen mehr anzubieten hatte als Berichte über die Konsistenz des Windelinhalts oder den Schlussverkauf bei BabyGap. Er schlug vor, ich könne mich ehrenamtlich engagieren.Um aus dem Haus und weg von der lähmenden Routine zu kommen.
    «Ruf doch mal in einem Obdachlosenheim an oder bei einer Krebsorganisation oder sonst was in der Richtung und frag, ob die nicht Hilfe beim Marketing brauchen könnten.»
    «Ich glaube nicht, dass es hier in Rye ein Obdachlosenheim gibt», antwortete ich und nahm einen Schluck von meinem allabendlichen Tee.
    «Das war auch mehr metaphorisch gemeint», sagte er.
    «Aber wieso sollte ich das tun? Ich bin absolut glücklich damit, mich um Katie zu kümmern.» Ich hoffte, meine Stimme klang nicht so hohl wie die Wahrheit dahinter.
    «Ich dachte ja nur, du würdest vielleicht gern noch etwas anderes machen, in deiner Freizeit, weißt du?» Er stand auf, um die Teller

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