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Gestern war auch schon ein Tag - Erzählungen

Gestern war auch schon ein Tag - Erzählungen

Titel: Gestern war auch schon ein Tag - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mairisch
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Nich lang schnacken, nur Suff, nur Eierlikör, Strafe muss sein! Na Sdorowje!« Sie sieht mich an und grinst, stellt kleine Gläser vor sich auf den Tisch, den Eierlikör unter dem Arm.
    [Also gut, Marta, wo wir gerade dabei sind: Vielleicht gings nur um mich, die ganze Zeit. Vielleicht war ich nur bei dir, weil ich rauswollte, weil ich was brauchte, eine Aufgabe. Vielleicht hab ich dich nur benutzt, Marta, hab deine Party mitgefeiert, deinen Schwung genommen, dich als Droge benutzt. Na Sdorowje.]
    Sie sieht sich um: »Das ist nicht euer Ernst, ihr kennt das nicht? Wo kommt ihr denn her? Aber Hoisenbüddelknarz ist klar, oder?«
     
    Sie sitzen sehr eng beisammen auf dem Sofa, Marta und Burhan, sie rauchen irgendwas in kleinen Pfeifen. Marta setzt die Pfeife an, Burhan gibt ihr Feuer und sie zieht tief ein. Burhan macht ihr vor, sie solle die Luft anhalten, sie tut es, nickt und ich zähle wieder die Sekunden, wie lange der ganze Scheiß in ihren armen Lungen ist, zehn Sekunden, dann atmet Burhan aus und Marta auch, eine große, weiße Wolke. Dann höre ich nur noch die Musik und ihr langes, krachendes Husten, wie nach dem Morgentanz. Eine Viertelstunde lang, ihr Röcheln, ihr Ringen um Luft. So tiefe, dämonische Geräusche aus diesem zerbrechlichen Körper. Burhan und die anderen lachen, als sei es lustig, und Marta gibt sich Mühe, das Ganze herunterzuspielen, sie lächelt mit, wenn sie kann. Dann steht sie auf, vorsichtig, taumelt durch den Raum und verschwindet im Bad. Ich halte es nicht aus und gehe in ein anderes Zimmer.
    Später sehe ich Marta mit Burhan tanzen. Sie steht aufrecht mitten im Raum, dreht sich im Zeitlupentempo, verlagert langsam ihr Gewicht von einem Bein auf das andere. Die Arme ausgebreitet, wendet sie ihre Handflächen abwechselnd nach oben und unten, das ist alles. Sie nickt Liviu zu, der das Licht dimmt und die Tische zur Seite schiebt. Marta will tanzen. Und ausgerechnet nicht mit mir.
    Ich sehe sie an. Ihre Bewegungen sind so klein geworden, ohne Spannung, ohne Schwung, sie kann nicht mehr. Aber sie steht vor der Box, steht und taumelt, hebt ab und zu die Ärmchen und bläst Rauch in ihren meterlangen Schal. Ich habe zum ersten Mal Mitleid mit der Ratte.
    Das Lied ist noch nicht mal zu Ende, da verschwindet Marta mit Burhan im Schlafzimmer. Ich sitze wie abgestellt im Rauschen ihrer Party und fühle es dumpf in mir klopfen. Das also ist Schmerz, denke ich, das also ist Eifersucht. Und ich ärgere mich, dass ich wieder angefangen habe zu denken und aufgehört, einfach zu tun. Ich würde gerne in Martas Zimmer marschieren und den Typen aus der Wohnung prügeln, scheißegal, ob das mein Recht ist oder nicht. Ich wette, Marta würde meckern und zetern, aber dann würde sie mich lieben, sich freuen, würde mich küssen und mit mir saufen, denn eigentlich ist Marta immer für Action, das ist doch ihre Devise.
     
    Keine fünf Minuten später geht plötzlich, viel zu früh, Martas Zimmertür wieder auf und Burhan steht da und sieht sich um. Er geht zielstrebig auf seinen Kumpel zu, packt ihn, brüllt ihm irgendwas ins Ohr. Ich stehe auf, mache ein paar Schritte in ihre Richtung, aber ich kann nicht hören, was sie reden. Sie nehmen ihre Jacken und verschwinden einfach. Kein Wort, kein Gruß, sie sind einfach weg. Ich gehe zum DJ, der mich ignoriert, dann ziehe ich den Stecker seiner Anlage. Keiner tanzt mehr, alle sehen den DJ an, dann mich, eine merkwürdige Atmosphäre, eine Stille, die nicht in diese Wohnung passt. Dann Martas Husten, wie eine kleine Erlösung. Kurz darauf steht sie in der Tür, lächelt und winkt mit dem Arm, dass es weitergehen soll. Aber es geht nicht weiter, denn überall an ihr ist Blut. An ihren Lippen, an ihrem Hals, überall, ihre Hände sind voll davon und sie hat es überall verschmiert. Sie lächelt und hustet und hustet mehr Blut hervor, so viel, dass sie würgen muss und wieder hustet. Liviu dreht das Licht auf und Marta kneift die Augen zusammen. »Okay! Party vorbei, Leute!«, ruft Liviu und ich bin mir nicht sicher, ob das in Martas Sinne ist, aber sie kann nichts sagen, sie ist damit beschäftigt zu husten und sich nicht an ihrem Blut zu verschlucken. Ich halte sie fest und ihre Beine knicken weg. Ich bringe sie in ihr Zimmer, lege sie auf ihr Bett.
    »Ich muss den Arzt rufen!«, sage ich. »Mal im Ernst, Marta, das geht nicht! Du krepierst!«
    »Kein scheiß Arzt!«, flüstert Marta ohne Atem. »Kein scheiß Arzt.«
    »Ich rufe einen Krankenwagen.«
    »Tust

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