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Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Vorhof, der zur Gelbinger Gasse führte.
    Es hatte doch merklich abgekühlt. Der Frühsommer in Schwäbisch Hall war oftmals launisch und wechselhaft, und grundsätzlich war es zu allen Jahreszeiten in der Stadt immer ein oder zwei Grad kühler als anderswo. Nicht grundlos galt Hohenlohe als das Sibirien von Baden-Württemberg.
    Seifferheld zog seinen leichten Blouson enger um die Schultern.
    Und da bemerkte er sie. Erst erkannte er sie nicht, sah nur eine junge Frau, die im geöffneten Tor zum Hof lehnte, im sommerlichen Blümchenkleid über ausgewaschenen Jeans, dazu eine weiße Häkeljacke im Bolero-Stil, die langen Haare zu einem wirren Arrangement hochgesteckt, aus dem Plastikblumen und – ja – chinesische Essstäbchen zu wachsen schienen. Dennoch … insgesamt ein sehr hübscher Anblick.
    Onis lief auf die junge Frau zu, ließ seinen rosa Teddy aus dem Maul fallen und schleckte die zarte Hand, die sie ihm entgegenstreckte, ein deutliches Zeichen für sofortige Sympathie seinerseits.
    Sie ging in die Knie und kraulte ihn hinter den Ohren.
    Jetzt erkannte Seifferheld sie. Es war die Zweitbesetzung der Suzy Pommier. Sie sah sehr erschöpft und ausgelaugt aus.
    »Frau …«
    »Wanetzki. Aber nennen Sie mich bitte Biggi, sonst komme ich mir so alt vor.«
    Er wollte es ihr gleichtun und ihr das Du anbieten, hielt sich dann aber zurück. Siggi und Biggi, wie klang das denn? Und wenn seine Marianne das hörte, gab es ohnehin wieder Ärger.
    Biggi Wanetzki kraulte Onis unter dem Kinn, der begeistert zu Boden ging, sich auf die Seite rollte und seine linke Vorderpfote in die Luft streckte. Zielsicher fand Biggi seine Achselhöhle. Eine erogene Hundezone.
    Seifferhelds Selbstbewusstsein – angeknickt, aber noch vorhanden – war alles klar. Sie brauchte seinen Rat als Fachmann. Deshalb hatte sie ihn gestern früh also quer über den Marktplatz angestarrt. Es hatte sich bis zu ihr herumgesprochen, dass er nicht unerfolgreich schon diverse Mordfälle aufgeklärt hatte. Vielleicht fürchtete sie auch um ihr Leben. Oder sie hatte sachdienliche Hinweise, die sie aus irgendeinem Grund nur ihm und nicht den Kollegen von der Mordkommission erzählen wollte.
    »Sie können mir alles sagen«, versicherte er ihr.
    Biggi Wanetzki schaute zu ihm auf. »Wie bitte?«
    Kurz flackerte Unsicherheit in Seifferheld auf. War sie Hobbystickerin und hatte eine relevante Frage an einen Mitsticker?
    »Sie wollen doch wegen der Bluttat zu mir, oder? Was immer Sie über den Mord an Frau Tressler wissen, Sie können sich mir anvertrauen. Bei mir sind Sie in guten Händen.« Seifferheld setzte sein vertrauensvollstes Übervaterlächeln auf.
    Biggi erhob sich abrupt. Wurde sie einen Tick blasser?
    Onis guckte enttäuscht. Er lag immer noch in Streichelpositur, die linke Pfote hoch in die Luft gereckt, um freien Zugang zur Achselhöhle zu gewähren, und stupste sie mit der Pfote jetzt am Knie an.
    »Ich weiß nichts über den Mord.« Biggi sah Seifferheld entsetzt an. »Und selbst wenn, warum sollte ich das Ihnen erzählen? Wer sind Sie überhaupt?«
    Seifferheld verstand die Welt nicht mehr. »Siegfried Seifferheld«, stellte er sich vor. »Kommissar im Ruhestand. Mordkommission. Sind Sie nicht meinetwegen hier?«
    Sie versuchte, ein Auflachen zu unterdrücken. Dann riss sie sich zusammen.
    Ganz kurz war Seifferheld beleidigt und hoffte ihr zuliebe, dass sie auf der Bühne – will heißen: der Treppe – überzeugender agierte als hier vor ihm. Es flackerte auch Enttäuschung in ihm auf.
    »Nein, ich bin nicht wegen Ihnen hier. Ich soll hier im SWR-Studio interviewt werden. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden – nach dem Interview muss ich auch gleich weiter. Wir treten heute Abend in Ettlingen auf, und ich bin eh spät dran. Meine Premiere in der Rolle der Suzy Pommier. Wünschen Sie mir Glück!«
    Es kam nicht oft vor, dass Seifferheld sich wie ein Idiot fühlte, aber jetzt war es mal wieder so weit.
    Er wollte Hals- und Beinbruch wünschen, aber er hatte noch nicht einmal ganz das H artikuliert, als sie ihn unterbrach: »Nichts sagen, das bringt Unglück. Nur dreimal über meine linke Schulter spucken, bitte.«
    Aberglaube des fahrenden Volkes. Doch er wollte ihr gern den Gefallen tun, beugte sich über ihre linke Schulter – und hatte nicht mehr genug Spucke zum Spucken. Er hätte während seiner Sendung öfter mal zum Wasserglas greifen sollen. Völlig dehydriert.
    Du alter Depp, dachte er und blies einfach nur heiße Luft über ihre

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