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Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Schnickschnack. Standesamt und fertig. Den Rest soll sie absagen. Klar? Klar! Danke, Papa. Hab dich lieb!«
    Susanne legte auf.
    Seifferheld schob sein Handy in die Jackentasche und hinkte weiter, Onis schwanzwedelnd bei Fuß.
    Jahrzehnte der Verbrechensaufklärung hatten Seifferhelds Intuition perfektioniert. Und seine Intuition sagte ihm in diesem Moment, dass Susanne bereits mit Irmgard gesprochen hatte und im Zweikampf der Titaninnen von Irmgard besiegt worden war, weswegen er jetzt von seiner Tochter als Rammbock vorgeschoben wurde. Sie sagte sonst nie »hab dich lieb«, das setzte sie einfach als gegeben voraus. Er fühlte sich manipuliert. Aber auch gebraucht. Und vielleicht könnte er im Gegenzug seine Tochter bitten, mit Olaf zu reden. Man schrieb doch das einundzwanzigste Jahrhundert – warum nahm ihr zukünftiger Mann nicht einfach den Namen Seifferheld an?
    Vor dem Ristorante La Casa Toscana, dort, wo Obere und Untere Herrngasse zusammenliefen, klingelte sein Handy erneut.
    Das gleiche Procedere wie vorhin: stehen bleiben, Handy herausfischen, telefonieren.
    »Hier Siegfried Seifferheld«, brummte er.
    »Meine Güte, Siggi, wie bist du denn heute drauf?«
    Marianne, seine Herzensdame. Sie erwartete nicht wirklich eine Antwort.
    »Siggi, ich würde heute Abend gern vorbeikommen, aber nur wenn die Drachenfrau wieder zu ihrem Mann gezogen ist.«
    Marianne und Irmgard konnten nicht miteinander. Jede hielt sich für die Alpha-Rüdin im Seifferheld-Haus: Marianne, weil sie mit Siggi das Bett teilte, Irmgard, weil sie mit Siggi die DNA teilte. Aber obwohl sich das fünfhundert Jahre alte und kontinuierlich im Besitz der Familie Seifferheld befindliche Fachwerkgebäude insgesamt (mit Keller) über sechs Stockwerke zog, war es nicht groß genug für zwei Frauen, die um die Vorherrschaft rangen. Wenn sie es wenigstens mit Schlammcatchen oder Nacktringen versuchten, da hätte man optisch noch was von gehabt, aber nein, es wurde mit den härtesten Bandagen überhaupt gekämpft: mit Psychoterror. Für Marianne und Irmgard waren die punktgenau gesetzten spitzen Bemerkungen eine Kunstform.
    »Sag deiner Schwester, dass der Platz einer Ehefrau an der Seite ihres Mannes ist.«
    »Ich kann sie doch nicht rauswerfen.« Ein unkluger Satz, das war ihm schon in der Sekunde klar, als er ihn äußerte.
    »Entweder sie oder ich.«
    Erpressung. Was auch sonst?
    Entweder ein Abend mit Marianne im Bett, wo ihm seine Liebste Passagen aus ihren Lieblingsbüchern vorlas und hinterher, wenn es gut lief, noch mit ihm kuschelte, oder ein Abend mit Irmgard vor dem Fernseher, wo seine Schwester über die zunehmende moralische Verkommenheit der Sendungen und ihrer Darsteller herzog (sogar auf den öffentlich-rechtlichen!) und ihm hinterher noch eine Tasse heiße Schokolade aufnötigte. Er hasste heiße Schokolade. Im Grunde keine schwere Entscheidung.
    »Ich rede mit ihr«, versprach Seifferheld und seufzte. Er hatte keine Ahnung, wie er das bewerkstelligen sollte. Wenn Irmgard auch nur ansatzweise vermutete, dass Marianne dahintersteckte, würde sie sich ärgern, und wenn sie sich ärgerte, war sie wie der Hulk, nicht so grün, aber mit so vielen hervorstehenden Äderchen und einer Eisenfaust, die alles platt schlug, was sich ihr in den Weg stellte. Wie auch immer, nun hatte er es zugesagt.
    Befriedigt warf ihm Marianne noch einen virtuellen Kuss zu und legte auf.
    Exakt in diesem Moment klingelte es erneut. Nur einer schon fast übermenschlich zu nennenden Körperbeherrschung und der Tatsache, dass er die Leine um das Handy und seine Hand geschlungen hatte, war es zu verdanken, dass Seifferheld das Telefon vor Schreck nicht fallen ließ. »Onkel Siggi, ich bin’s«, meldete sich Karina ein wenig atemlos.
    »Ist was passiert?« Obwohl sich seine Nichte seit der Geburt ihres Sohnes – für ihre Verhältnisse – von der Saula zur Paula gewandelt hatte, war da immer noch so ein Urmisstrauen. Hatte sie wieder mit einer ihrer spektakulären, grenzwertig illegalen Situation auf Missstände in der Gesellschaft, der Welt, dem Universum aufmerksam gemacht?
    »Ich sitz schon im Zug. Klein Fela und ich fahren nach Stuttgart, um ein Hochzeitsgeschenk für Susanne und Olaf zu kaufen. Und ich glaube, ich hab bei uns im Zimmer das Fenster offen gelassen. Kannst du es bitte schließen? Es soll ja heute wieder ein Gewitter geben.«
    Seifferheld schämte sich ein wenig. Man muss auch mal akzeptieren können, dass Menschen sich ändern. Reifer werden.

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