Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)
Küchenchefmützen auf den mehr oder minder schütteren Häuptern. In ihrer Mitte Chefkoch Bocuse.
Vor dem Tisch ein Fotoapparat auf einem Stativ und daneben Fela Nneka, in seiner Freizeit zeugungskräftiger Beischläfer seiner Nichte Karina und hauptberuflich einer der drei Fotografen beim Haller Tagblatt.
Als Seifferheld die Küche betrat, erstarrten alle zu einem Tableau.
Nur die Knickrute von Onis zuckte, während er von einem zum anderen lief und jeden freundschaftlich begrüßte.
Die bleierne Stille, die sich bei Seifferhelds Eintritt über die Küche gesenkt hatte, wurde durch einen Furz unterbrochen.
»Hoppla«, meinte Pfarrer Hölderlein. Und: »Verzeihung.«
Daraufhin kam wieder Leben in die Bude.
Klempner Arndt riss zwei Fenster auf, damit der dadurch entstehende Durchzug den plötzlich aufgetretenen Schwefelgeruch hinausblies. Im Übrigen roch es auch verkohlt.
»Ist hier was angebrannt?«, fragte Seifferheld.
»Das ist der Schmorbraten von Irmgard«, erklärte Fela. »Den wollten wir im Bild festhalten. Haben wir auch getan. Er wird später die Bildunterschrift tragen: Wie man es nicht macht. «
Helmerich Hölderlein warf sich noch eine Handvoll Erdnussflips ein und kicherte.
Die chemische Reaktion trat unmittelbar darauf ein. Man darf ruhigen Gewissens sagen, dass sich der Methangasausstoß der Erde schlagartig verdoppelte.
Arndt öffnete ein weiteres Fenster.
Schmälzle kam mit einem Kittel und einer Haube auf Seifferheld zugelaufen. »Da, für dich. Größe XXXL, damit’s auch ja passt.«
Frechheit, Seifferheld passte immer noch in seine allererste Ausgehuniform, die ihm im Alter von fünfundzwanzig Jahren überreicht worden war.
Fela rief: »Bitte wieder alle auf Position!«
Klaus winkte mit einem Kochlöffel. »Hier, Siggi, zu mir.«
»Was soll denn das werden?«, fragte Seifferheld und streifte sich den Kittel über. In dem er natürlich prompt versank.
»Das wird das Titelbild für unser Kochbuch«, erklärten Gotthelf und Eduard unisono.
»Vite, vite!«, rief Bocuse. »Wir müssen zurück ins Chez Klaus. Wir ’aben dort ’eute Abend die grosse CSD-Feier, da muss Kläuschen noch einiges vorbereiten!«
Durch das bedauerliche, bereits erwähnte Farbmischungsmissverhältnis und dem somit quasi automatisch eintretenden Status als Kultbar für alle Schwulen und Lesben der Region konnte der Christopher Street Day natürlich nirgendwo anders gefeiert werden als in der neuen Stammkneipe der Betroffenen. Auf der Straße feiern ging nicht, so weit war man im Hohenlohischen noch nicht.
Seifferheld stülpte sich die gestärkte Chefkochmütze über und trat an den Tisch. Da erst sah er es.
»Das kann unmöglich euer Ernst sein«, entfuhr es ihm.
»Quoi?« Bocuse klang verärgert. Er war sehr leicht verärgert, wenn etwas nicht so lief, wie er sich das gedacht hatte. Gallischer Stolz (wie ihn Verleihnix sein Eigen nannte, der Fischhändler in dem kleinen Dorf, das der Eroberung durch die Römer trotzte). Bocuse besaß außerdem das Ego von Majestix und hatte einen Hang zu jungen Frauen wie Methusalix, dem er auch zusehends ähnlich sah. Er war das personifizierte alte Gallien.
»Das, was da auf dem Tisch steht, das kann unmöglich euer Ernst sein!«, beharrte Seifferheld.
Die Kochkursmänner sahen erst auf den Tisch, dann zu ihm.
»Et pourquoi pas?«, verlangte Bocuse zu wissen.
»Warum nicht?«, fragte Schmälzle, was keine Übersetzung war, er sprach nur hohenlohisch, sondern Ausdruck seiner originären Verblüffung.
»Ist doch okay so«, fand Arndt.
»Hab ich eingekauft!«, erklärte Klaus freudestrahlend.
»Leute, ihr könnt doch damit kein Kochbuch illustrieren!«, erklärte Seifferheld. »Das ist doch … nicht gekocht!«
»Wieso denn nicht? Das sind alles Sachen, die wir bald kochen werden«, stellte Gotthelf klar.
»Ihr kocht nichts, ihr macht nur warm!« Seifferheld wurde fast ein bisschen laut, als er mit der Hand auf die drei Konservendosen mit Asia-Nudeln, Kohlrouladen und Reis mit Huhn, auf die Tüte Kartoffelfertigsuppe und die Schachtel Miracoli zeigte. Pures Product Placement.
»Ja und? Das Buch heißt ja nur Das Kochlöffelgeschwader – Männern in die Töpfe geschaut. Da steht nirgends, dass wir auch originär kochen.« Mathelehrer Horst sprach extra langsam, damit Seifferheld es kapierte. So pflegte er es im Trigonometrieunterricht auch immer zu halten.
Die Männer nickten wie Wackeldackel mit den Köpfen.
Hölderlein warf sich die restlichen
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