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Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Erwachsen werden.
    »Mach ich gern.«
    »Ach … und Onkel Siggi … wenn du reinkommst, liegt auf dem Tisch eine Schachtel mit roten Filzstiften. Und ein Spruchband. Das musst du unbedingt alles so entsorgen, dass man es nicht findet. Wirf es weit weg in den Müll, ja? Falls die Polizei kommt und danach fragt – du hast nie was gesehen! Und ich war die letzten Nächte immer zu Hause. Danke dir, du bist mein Lieblingsonkel!«
    Sie legte auf.
    Er war ihr einziger Onkel.
    Und sie war der Grund, warum er in den vielen Monaten, die sie nun schon bei ihm im Haus wohnte, ergraut war.
    Er seufzte.
    »Hund, heute keine Runde«, sagte er zu Onis.
    Könnten Hunde seufzen, Onis hätte auch geseufzt. So beschränkte er sich darauf, seine Blase an dem Metallaufsteller der Kunsthalle Würth zu entleeren.
    Herr und Hund trotteten in die Untere Herrngasse zu ihrem Zuhause. Vor der Haustür klingelte das Handy erneut.
    »Wenn’s einmal losgeht …«, schimpfte Seifferheld, blieb stehen, fingerte das Handy aus der Jackentasche, meldete sich.
    Sich nicht zu melden hielt er nicht aus. Seine Neugier siegte jedes Mal.
    »Siggi, ich bin’s!«
    Für seine Schwester Irmgard hätte er gern einen eigenen Klingelton installiert. Vorzugsweise ein Nebelhorn. Aber das traute er sich nicht.
    »Ist das zu glauben? Es gibt hier keine Schimmel!«, schimpfte sie.
    »Keinen Schimmel?« Seifferheld stutzte. War das nicht eigentlich gut, wenn man keinen Schimmel hatte?
    » Keine Schimmel. Pferde. Weiße Pferde! Wie sieht das denn aus, wenn ein braunes Pferd eine weiße Kutsche zieht? Ehrlich, ich weiß nicht, was die Leute sich denken!«
    Das wäre jetzt ein sehr guter Zeitpunkt gewesen, Irmgard von Susannes Entschluss zu erzählen.
    Aber als über sechzigjähriger Mann unter Seifferheld-Frauen hatte er schon vor vielen Jahren gelernt, sich niemals in Grabenkämpfe zwischen den Fronten verwickeln zu lassen. Seine Frauen sollten das schön unter sich regeln. Für ihn galt die Devise: rechtzeitig wegducken!
    Irmgard schimpfte weiter: »Es wurde mir jetzt ein Gestüt bei Heilbronn empfohlen, wo es angeblich kutschenerprobte Schimmel geben soll, die man sich ausleihen kann. Ich komme also frühestens heute Abend wieder nach Hause. Du versorgst bitte heute Mittag Helmi, ja? Und denk daran: kein Gluten, keine Nüsse, kein rohes Gemüse, kein ungewaschenes Obst, kein Fisch, keine Hülsenfrüchte, kein Alkohol.«
    Kein nichts, dachte Seifferheld noch. Ihm war schleierhaft, wie sein Schwager Helmerich an die notwendigen Nährstoffe kam, wo er doch auf so gut wie alle Nährstoffe allergisch reagierte, und worauf er nicht allergisch reagierte, das aß er aus moralischen Erwägungen nicht.
    »Wärm ihm am besten den Rest vom Schmorbraten auf. Und gib ihm ja keine Erdnussflips! Wenn wir uns gestritten haben, betrachtet er die gern als tröstliche Seelennahrung, aber sie bekommen ihm nicht. Keine Flips, klar?«
    Zack! war die Leitung tot.
    Mit dem Schmorbraten konnte man niemand ernähren, nur erschlagen. Und warum erwähnte sie Erdnussflips? Wer aß denn mittags Erdnussflips? Noch dazu, wenn derjenige allergisch auf Nüsse reagierte?
    Seifferheld steckte das Handy ein, schloss die Haustür auf und wurde umgehend von Onis zur Seite gedrängt, der wild mit der Rute zuckend durch den Flur in die Küche stürmte.
    Nanu?
    Seifferheld folgte ihm in gemächlicherem Tempo.
    Er erreichte die offene Tür zur Küche, sah hinein und … stutzte.
    Jetzt muss man wissen, dass die Seifferheldsche Küche riesengroß war. Bei der Umwandlung mittelalterlicher Fachwerkbauten in moderne Wohnhäuser mussten immer irgendwo Zugeständnisse gemacht werden, und im Seifferheld-Haus bestand das Zugeständnis darin, dass der langgestreckte Raum, der sich von einer Seite des Hauses bis zur anderen zog und in dem sich zwei dicke, tragende Holzbalken befanden, nicht abgeteilt worden war, sondern als große Küche mit reichlich Platz für eine Küchentheke, einen gewaltigen Holztisch mit Thonet-Stühlen, einen amerikanischen Riesenkühlschrank und genug Restfläche für eine Square-Dance-Truppe fungierte. Die Vorratskammer noch gar nicht mitgerechnet.
    Eigentlich hätte in dieser Küche jetzt gähnende Leere herrschen müssen.
    Fehlanzeige.
    Auf einem der Hocker an der Küchentheke saß Pfarrer Helmerich Hölderlein und warf sich aus einer Tüte in Partygröße Erdnussflips in den Mund.
    Rund um den Tisch standen die VHS-Männerköche, allesamt in weiße Kittel gehüllt und mit weißen

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