Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)
getrennt.
So ja nicht. Nicht mit ihm.
Seifferheld sprang aus dem Bett.
»Onis, auf geht’s. Sehen wir uns diesen Mörder einmal an!«
5. Szene
(Donnerstag, kurz nach zwölf Uhr mittags, Wohnheim am Rippberg, draußen)
Aus dem Polizeibericht
Einem 93-Jährigen wurde gestern der Führerschein entzogen. Er fiel einer Streife auf der Crailsheimer Straße auf, die er in seinem metallicgrünen Opel Corsa mit Tempo 20 in Richtung Bausparkasse befuhr. Auf seine Fahrweise angesprochen, wurde der alte Herr widerborstig und schlug unkontrolliert auf einen der Beamten ein, der jedoch von einer Anzeige absieht. Der Führerschein wurde noch vor Ort einbehalten.
Nur weniges geschieht zur rechten Zeit, und vieles geschieht gar nicht. Ein gewissenhafter Historiker korrigiert diese Mängel. (Herodot)
Es gibt Situationen, da wächst man auch als sparsamer Hohenloher über sich hinaus. Wenn in einem grausamen Doppelmord ein Täter gefasst wurde, der es auf keinen Fall sein konnte, dann war keine Zeit zu verlieren: Seifferheld bestellte sich ein Taxi.
»Der Hund darf hier nicht mit rein, das hätten Sie bei der telefonischen Taxi-Bestellung sagen müssen, dass Sie ein Tier-Taxi brauchen.«
Seifferheld war sein Lebtag noch nicht mit Onis im Taxi gefahren, er hatte keine Ahnung, wie das lief.
»Ich bitte Sie, der liegt ganz ruhig im Fußraum. Er haart auch nicht.« Frech gelogen, aber der Zweck heiligte die Mittel.
»Darum geht’s nicht, das ist eine Sicherheitsfrage. Wenn ich bremse, fliegt der mir durch die Windschutzscheibe.«
Wie bremste der Mann denn?
Kurzer Ausflug in die Geschichte: Weil Schwäbisch Hall Schwäbisch Hall hieß, dachten die Leute immer, dort wären die Schwaben zu Hause. Mitnichten. 1802 wurde die freie Reichsstadt Hall mit dem Einverständnis Napoleons durch Württemberg annektiert und somit schwäbisch. Die Haller wehrten sich nicht, es hatte ja wirtschaftliche Vorteile. Der Straßenbau beispielsweise, damit die Schwaben in ihrem dicken Benz durchfahren und Geld in der Stadt lassen konnten. Es hatte auch Nachteile: dass alle Welt einen für einen Schwaben hielt, und jeder weiß ja, was nicht nur der Berliner, sondern die ganze Welt über die Schwaben dachte. Die Ureinwohner der Region waren also keine Schwaben, sondern Hohenloher. Und die Hohenloher zeichneten sich durch eine unglaubliche Sturheit aus. Wären sie nicht so stur, sie wären schon vor Jahrhunderten von dieser immer etwas zu kalten, unfruchtbaren, von vielen Tälern durchzogenen Hochebene weggezogen. Aber sie hatten nur die Arme verschränkt und – in völlig unverständlichem Dialekt (deshalb hier gleich in Übersetzung) – gemurmelt: Mutter Natur zeig ich’s, die kriegt mich hier nicht weg.
Genau mit dieser hohenlohischen Sturheit funkelten sich Seifferheld und der Taxifahrer nun an.
Das Gesicht des Mannes kam Seifferheld bekannt vor. Hatte er ihm vor Urzeiten ein Ticket für falsches Parken ausgestellt – sollte sich das jetzt rächen?
»Ich bitte Sie, den Hund sieht doch keiner.«
»Es geht ums Prinzip.«
»Es könnte sich eventuell finanziell für Sie lohnen«, stellte Seifferheld ganz unverbindlich in den Raum. Er hatte nicht wirklich vor, diesem Menschen ein Trinkgeld zu geben.
»Ich bin nicht käuflich.« Der Taxifahrer verschränkte die muskulösen, haarigen Arme. Er war ein grobschlächtiger Kerl – die Hohenloher zeichneten sich im Allgemeinen nicht durch zarte Fragilität aus –, und seine enorm buschigen Brauen sowie sein Drei-Tage-Bart ließen ihn ein wenig wie einen entflohenen Strafgefangenen aus einem Hochsicherheitsgefängnis aussehen.
»Das ist kein normaler Hund, das ist ein Invalidenbegleithund!«, insistierte Seifferheld und zeigte mit seinem Stock auf Onis, der sich durch die geöffnete Beifahrertür ins Wageninnere gerobbt hatte, wo er versuchte, mit seinem Hundekopf an den Schritt des Taxifahrers zu gelangen.
»Hund ist Hund«, erklärte der Taxifahrer ungerührt.
Seifferheld rannte die Zeit davon.
»Also gut, dann rufen Sie bitte über Funk Ihre Zentrale und bitten Sie um ein Hunde-Taxi.«
»Nicht so schnell«, meinte der Taxifahrer plötzlich. »Vielleicht können wir uns doch noch einigen.«
Seifferheld runzelte die Stirn. »Inwiefern?«
»Sie sind doch dieser Seifferheld, oder?«
Dieser Seifferheld schürzte die Lippen, nickte aber.
Der Taxifahrer lächelte auf einmal ganz breit. »Ich höre immer Ihre Sendung im Autoradio. Ich bin auch Sticker!«
Kurz darauf fuhr das Taxi in Richtung
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