Gestickt, gestopft, gemeuchelt: Kommissar Seifferheld ermittelt (Knaur TB) (German Edition)
Transaktion durchgeführt. Er verkauft mir ein Erinnerungsstück an die liebe Freundin, die mir seine Schwester war.«
»Für … lassen Sie mich raten … zehntausend Euro? Ein teures Erinnerungsstück.«
»Erinnerungen sind ja ohnehin unbezahlbar«, hielt Euler dagegen. Auf den Mund gefallen war er jedenfalls nicht.
Tressler streckte die Hand nach dem Geld aus.
»Moment, nicht so schnell!« Euler trat einen Schritt zurück und schob das Geldbündel in seine Jackentasche.
»Wir waren uns doch einig.« Tressler lächelte süßlich, aber nur mit den Lippen, seine Augen erreichte das Lächeln nicht.
»Keineswegs!« Euler funkelte ihn an. »Es gilt noch Kleinigkeiten zu klären wie die Unterzeichnung einer Vertraulichkeitsvereinbarung.«
»Wenn ich den Herren behilflich sein dürfte …« Seiferheld hinkte näher und zog mit einer raschen Bewegung das Tagebuch aus Eulers Jackentasche.
»Was fällt Ihnen ein, das ist mein Eigentum!« Tressler wollte sich auf Seifferheld stürzen, hatte aber Onis vergessen.
Onis wiederum bekam mit, dass seinem Herrchen Gefahr drohte, was er umgehend mit einem tiefen Knurren quittierte.
Tressler erstarrte sofort zur Salzsäule und stellte die Atmung ein.
»Das ist ein Beweisstück«, erklärte Seifferheld und wich mitsamt Tagebuch langsam zurück zur Tür. »Ich werde gegenüber Außenstehenden gern behaupten, dass Sie das Tagebuch im Besitz Ihrer Schwester gefunden und mir übergeben haben.«
Tressler blieb absolut reglos, starrte nur – ohne zu blinzeln – auf den Hund. In Seifferheld keimte der Verdacht, dass der Herr seinerzeit in Sodom und Gomorrha die Menschen mit Hilfe eines Rudels Hovawarte zu Salzsäulen hatte erstarren lassen.
»Das Tagebuch – oder sollte ich sagen, die Tagebücher – sind meiner Meinung nach das Motiv für die Morde. Seien Sie froh, dass Sie das Tagebuch von Biggi Wanetzki nicht gefunden haben, mit beiden Tagebüchern in Ihrem Besitz hätten Sie sich enorm verdächtig gemacht.«
Ein Schweißtropfen kullerte über Stefano Tresslers Stirn. Mehr Reaktion kam von seiner Seite aus nicht.
Seifferheld wandte sich an den Politiker.
»Ihr Name, Herr Euler, muss nicht an die Öffentlichkeit geraten! Seien Sie kooperativ und machen Sie eine Aussage.«
»Wozu, bitte schön, soll mein Mann denn eine Aussage machen?«
Seifferheld, der sich jetzt definitiv für schwerhörig hielt, hatte es ebenso wenig mitbekommen wie Euler und Tressler, aber während ihres verbalen Schlagabtausches hatte sich offenbar die Tür geöffnet, und nun schwebte in einer dichten Parfümwolke Frau Euler ins Büro ihres Gatten.
Euler blieb die Spucke weg. Das war nicht nur so ein Ausdruck. Die Anwesenden konnten förmlich zusehen, wie er dehydrierte.
Tressler traute sich immer noch nicht zu atmen.
Seifferhelds Gedanken rasten. Es nützte niemand, Erwin Euler ins private Unglück zu stürzen. Wenn er nicht der Täter war, und Seifferheld glaubte nicht, dass Euler der Täter war, dann war eine Bloßstellung in diesem Moment so unnötig wie ein Kropf.
»Ich habe Ihren Mann gerade eben in meine Radiosendung eingeladen«, improvisierte er daher hastig und lächelte Frau Euler mit all der Überzeugungskraft an, die ihm gegeben war. Dummerweise war Improvisieren nicht Seifferhelds starke Seite. Überzeugendes Lächeln auch nicht.
»Sie sind doch dieser Herr Seifferheld?« Frau Euler schüttelte ihm die Hand. Ihre zweifellos echtgoldenen Armreife klimperten. »Ich habe von Ihnen gehört.«
»Genau der bin ich, gnädige Frau. Und … äh … ich habe Ihren Mann gerade gebeten, eine Aussage zu machen … ein Statement abzugeben.«
»Aber in Ihrer Radiosendung dreht sich doch alles ums Sticken. Was soll denn mein Mann da sagen? Mein Mann stickt nicht!« Frau Euler schaute verständnislos von einem zum anderen.
Seifferheld wusste nun wirklich keinen anderen Ausweg mehr. »Tja, es tut mir leid, Sie wissen es offenbar nicht …«
Euler räusperte sich. »Schatz, ich habe es dir nie gesagt, aber …«
»Ja?« Mit fragendem Blick wandte sich Frau Euler an ihren Mann.
Euler sah ihr fest in die Augen.
»Ich sticke auch!«
2. Szene
(Freitag, Mittagstisch im Chez Klaus)
Aus dem Polizeibericht
Bereits vor zehn Tagen wurde einer 82-Jährigen aus dem Landkreis aus ihrer Handtasche von einem bisher unbekannten Täter die Geldbörse entwendet. Die Handtasche lag für kurze Zeit unbeaufsichtigt in einem Einkaufswagen. In der Geldbörse befand sich neben der Scheckkarte auch die dazugehörige
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