Gestohlene Leidenschaft
durch. „Ich hoffe, Lord Draven lässt sie im Kerker verrotten.“
51
Nervös lief Viktoria in ihrer Kammer auf und ab. Immer wieder blieb sie stehen und lauschte in das Schlafgemach nebenan. Die unterschiedlichsten Gefühle durchfluteten Viktoria und ließen sie nicht zur Ruhe kommen. Noch gestern war sie eine Bestsellerautorin, die sich um den Erfolg ihres neuen Romans sorgte, eines Romans, der von Lord Draven und seiner Gemahlin Elisabeth erzählte.
Noch gestern lebte Viktoria im Schmerz einer tiefen Liebe, der sie nie zu begegnen glaubte.
Nun stand sie im Kerzenlicht des Jahres 1736 und gehörte Draven, dem Mann, den sie unsterblich liebte. Doch Dravens Bruder Mervan hing wie ein dunkler Schatten über ihrem Glück.
Viktoria hörte eine Tür zuschlagen und griff, von Sehnsucht getrieben, nach dem Kerzenständer auf ihrem Nachttisch.
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„Du solltest Dravens Zorn verstehen“, gab Magda zu bedenken und legte sich zu ihrem Mann ins Bett, der ihr von Dravens Entscheidung, Lady Ariana ohne Wasser und Brot zu lassen, erzählte. „Lass ihn eine Nacht darüber schlafen. Morgen wird er seine Entscheidung überdenken.“
„Ich verstehe seinen Zorn“, erwiderte Ramaja verbittert. „Sein Bruder nahm mir James, meinen guten alten Freund, der mein Geheimnis wahrte. Und glaube mir, meine Liebe, der Tod ist zu gut für Mervan, Olivia und Lady Ariana. Jeden Tag ihres zukünftigen Lebens werden sie leiden, so wahr ich ein mächtiger Magier bin.“
Magda blickte sorgenvoll auf ihren Mann und beschloss, zu schweigen. Zu frisch waren die Wunden in den Seelen von Draven und Ramaja. Ein neuer Morgen brachte neue Weisheit und, so hoffte Magda, auch wieder etwas Frieden in die Herzen der Männer die sie liebte.
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Mit wild schlagendem Herzen stand Viktoria vor der Tür zu Dravens Schlafgemach und suchte nach den passenden Worten, seinen Schmerz um Rorys Tod zu mildern. Vorsichtig öffnete Viktoria die Tür und spähte in den Raum, bevor sie ihn leise betrat. Draven stand am offenen Fenster und schien sie nicht gehört zu haben.
„Draven“, hauchte Viktoria und stellte ihren Kerzenständer auf einer Truhe ab.
Verwundert wandte sich Draven um und musterte Viktoria, die barfuß im Raum stand.
„Ich dachte, du würdest schlafen“, erklärte er heiser. „Wie könnte ich schlafen, wenn ich weiß, dass du leidest.“
Viktoria überfiel eine Gänsehaut der Erregung, als sie sich Draven näherte und ihn fest in die Arme nahm.
„Ich bin froh, dass du bei mir bist“, flüsterte Draven und hielt Viktoria fest umschlungen.
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Mit geballten Fäusten saß Lady Ariana auf dem kalten Steinboden ihres Kerkers. Das dünne Nachtgewand, das sie trug, ließ sie frösteln.
Tränen des Zorns liefen über ihr Gesicht, beim Gedanken daran, dass sie so unvorsichtig war, sich nicht vom Flammentod aller zu vergewissern.
„Ich bin noch lange nicht am Ende", fauchte Lady Ariana hasserfüllt. „Ich werde euch Verräter vernichten. Ich atme noch!"
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„Ist dir kalt?“, fragte Draven Viktoria besorgt, als er ihr Zittern in seinen Armen spürte.
„Nein“, wollte Viktoria schreien, „deine Nähe löst dieses Beben in mir aus. „Ein wenig“, flüsterte sie stattdessen.
Draven hob Viktoria auf seine Arme und trug sie zum Bett. Sanft legte er sie darauf ab und zog die Decke über sie. Draven spürte eine unbändige Sehnsucht in sich, sich zu Viktoria zu legen und ihren Körper mit heißen Küssen zu bedecken. Doch der Mann, der für ihn wie ein Bruder war, lag leblos mit verbrannter Haut nur ein paar Kammern weiter.
Viktoria spürte Dravens innere Zerrissenheit. Auch sie durchströmte ein Gefühl der Leidenschaft, das vom Leid des Tages getrübt wurde.
„Es ist spät. Der Morgen ist nicht mehr weit. Warum legst du dich nicht zu mir“, wisperte Viktoria, „ wir sollten etwas schlafen.“ Viktoria hob die Decke hoch und lächelte verführerisch.
Draven nahm einen tiefen Atemzug, bevor er sich zu Viktoria legte.
„Mir graut vor dem Morgen“, stöhnte Draven „Ich weiß nicht, ob ich es ertrage, Rory der Erde anzuvertrauen.“ Viktoria schmiegte sich eng an Draven.
„Ich wünschte, ich könnte deinen Schmerz ungeschehen machen“, seufzte sie.
Viktoria stockte der Atem, als sie begriff, dass sie jemanden kannte, der Dravens Leid tatsächlich ungeschehen machen konnte. Sie nahm sich fest vor, beim ersten Sonnenstrahl mit Ramaja über ein Wunder zu reden.
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Viktoria öffnete noch halb verschlafen die Augen und blinzelte
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