Gestohlene Leidenschaft
Kerker!“
45
Erschöpft kam Lady Ariana in ihrem Anwesen an. Sie musste nicht befürchten, vermisst worden zu sein. Lady Ariana wusste um ihre Unbeliebtheit bei der Dienerschaft. Als sie heute Mittag ihrer Zofe Emma erklärte, sie habe Kopfschmerzen und möchte für den Rest des Tages nicht gestört werden, hatte sie die Erleichterung Emmas in ihren Augen gesehen. Lady Ariana schlich in ihr Schlafgemach und atmete zufrieden tief durch. Es war geschafft, ihrer Schmach wurde Genüge getan.
„Nun schmorst du in der Hölle, Rory MacLeod“, zischte sie und streifte das blaue Kleid von Merle ab. Kalt lächelnd stand Lady Ariana nackt im Mondlicht, das schwach ins Zimmer fiel, versöhnt mit der Zukunft, die ihr nun ohne die Demütigung, Rory und eine andere Frau an seiner Seite sehen zu müssen, zu Füßen lag.
46
Die Kerzen auf dem Tisch des großen Saales spendeten Licht und Wärme. Doro und Merle klammerten sich mit beiden Händen an die Teetassen, die ihnen Magda zubereitet hatte. Nervös blickten sie auf den offenen Sarg, in dem James' Leichnam ruhte.
„Mein Diener James. Er starb im Haus meines Bruders. Wir geben ihm hier seine ewige Ruhe“, erklärte Draven, der Doro gegenüber saß.
„Es tut mir leid, Mylord, dass wir Euch an so einem Tag belästigen“, erwiderte Doro leise.
„Rory war mein bester Freund. Es war richtig, herzukommen. Wir bestatten Rory neben James.“ Draven wandte sich an Charles, der rechts neben ihm saß. „Such morgen früh Silvan auf und bitte ihn um einen weiteren Sarg.“
„Natürlich, Mylord“, willigte Charles sofort ein.
„Was wird jetzt aus seinem Anwesen und uns?“, hauchte Merle nicht ohne Verzweiflung.
„Magda wird euch eine Kammer herrichten. Ihr seid hier willkommen“, beruhigte Draven Merle.
„Ich weiß, wir sind alle aufgeregt“, ergriff Magda das Wort „dennoch sollten wir versuchen, etwas zu schlafen und Ruhe zu finden.“
Draven nickte. „Richte für Doro und Merle die Kammer im Südflügel her. Viktoria bringst du ins ehemalige Schlafgemach meiner Mutter.“
Magda erhob sich und griff sich einen der Kerzenständer, die auf dem Tisch standen. „Folgt mir, Ladys.“ Dankbar erhoben sich Doro und Merle.
„Vielen Dank, Mylord“, hauchte Doro.
Viktoria, die links neben Draven saß, erhob sich mit besorgtem Blick auf ihn. „Was ist mit dir?“
„Ich warte auf die Wachen, dann geh ich auch zu Bett.“ „In deinem Bett liegt Rory“, gab Viktoria leise zu bedenken.
„Ich übernachte im Schlafgemach meines Vaters. Ich wünsche dir eine gute Nacht.“
„Gute Nacht.“ Viktoria folgte Magda, Doro und Merle die Treppe hinauf.
„Die Kammer befindet sich am Ende des Ganges“, erklärte Magda.
„Ich glaube nicht, dass ich ein Auge zu bekomme. Wäre ich nicht so naiv gewesen, wäre Rory noch am Leben“, seufzte Doro schuldgeplagt.
„Wärst du nicht so gutgläubig gewesen, hätte sich diese Isolde etwas anderes ausgedacht“, erwiderte Merle versöhnlich.
Magda blieb vor einer Kammertür stehen. „Wir sind da. Es ist sicher etwas staubig“, entschuldigte sich Magda und öffnete die Tür.
„Folgt mir.“ Magda lief auf einen kleinen Tisch in der Zimmermitte zu und stellte den Kerzenständer darauf ab. Doro und Merle folgten ihr mit gemischten Gefühlen. Ein paar Kammern weiter lag ihr toter Mylord.
„Ich beziehe euch das Bett. Die Bettwäsche befindet sich in der Truhe am Fenster“, bot Magda an.
„Das ist nicht nötig. Wenn wir hier schon umsonst wohnen dürfen, wollen wir uns nützlich machen“, erwiderte Doro bestimmt.
„Schön.“ Magda nahm zwei Kerzen aus dem Kerzenständer. „Damit wir uns nicht verlaufen“, scherzte sie. „Gute Nacht, ihr zwei.“
47
Merle hatte auf dem breiten Holzbett Platz genommen und beobachtete ihre Mutter, die aus der Truhe am Fenster karierte Bettwäsche nahm.
„Ich frag mich, warum Viktoria barfuß durchs Haus läuft“, sinnierte Merle.
„Das geht uns nichts an, Kind“, rügte Doro ihre Tochter.
„Magda hat Viktoria als Dravens Freundin vorgestellt“, blieb Merle hartnäckig „und sie trägt das Kleid einer Magd.“
Doro ging kopfschüttelnd auf Merle zu und warf die Bettwäsche aufs Bett. „Mach dich nützlich und zerbrich dir nicht den Kopf über Dinge, die dich nichts angehen.“ Merle erhob sich und griff sich ein Kissen.
„Es hilft mir, nicht an unser Elend zu denken“, seufzte sie.
48
Viktorias Herz schlug unruhig, als sie sich in ihrem neuen Schlafgemach umsah. Das
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