Gestohlene Leidenschaft
auch ziemlich aus der Übung“, gestand Grace.
„Dann lassen wir es langsam angehen.“
Es rührte Grace, dass er sich ihre Bemerkung gemerkt hatte, sie wäre einmal eine richtige Pferdenärrin gewesen, und sie freute sich sehr über seine Überraschung. Sie ließ sich vom Stallburschen in den Sattel helfen und war froh, bequeme Kleidung zu tragen.
Auch Khalis saß auf und lächelte Grace zu. „Bist du bereit?“
Sie nickte begeistert. Es war ein herrliches Gefühl, wieder einmal auszureiten. Nebeneinander galoppierten sie am Strand entlang.
Der Wind zerzauste ihr Haar, über ihr kreischten Möwen, und Grace fühlte sich plötzlich frei und unbeschwert. Sie hatte ganz vergessen, wie gut sie sich beim Reiten entspannen konnte. Alle Sorgen, Ängste und Erinnerungen verblassten, sobald sie auf einem Pferderücken saß. Nur das Hier und Jetzt zählte. Ausgelassen verschärfte sie das Tempo zu einem gestreckten Galopp und hörte, wie Khalis lachend ihrem Beispiel folgte.
„Wollen wir um die Wette reiten?“, rief er fröhlich.
„Das tun wir doch schon.“ Begeistert beugte Grace sich über den Hals der bildhübschen Stute und jagte los. Ein unbändiges Freiheitsgefühl erfasste sie.
Mit wehendem Haar galoppierte sie auf einen Meeresarm zu, der als Ziellinie diente. Die Pferde lagen jetzt gleichauf, und die Reiter lachten vor Lebensfreude. Auf den letzten Metern feuerte Grace ihre Stute noch einmal an und schlug Khalis’ Hengst um eine halbe Länge.
Strahlend tätschelte sie der Gewinnerin den Hals und rief Khalis zu: „Ich hoffe, du hast mich nicht gewinnen lassen.“
„Das wäre mir nicht im Traum eingefallen“, behauptete er humorvoll. In diesem Moment wirkte er so unwiderstehlich, dass Grace schwindlig wurde vor Verlangen.
Natürlich hatte er sie gewinnen lassen, um ihr eine Freude zu machen. „Lügner.“ Lachend saß sie ab. „Aber ein sehr liebenswerter Lügner“, fügte sie schnell hinzu. „Herzlichen Dank für diese wundervolle Überraschung, Khalis. Ich hatte ganz vergessen, wie gern ich immer ausgeritten bin.“
„Gern geschehen.“ Auch er war abgestiegen und strich ihr nun zärtlich eine Strähne aus dem Gesicht. Sofort flatterten Schmetterlinge in Graces Bauch, und sie sehnte sich nach einem leidenschaftlichen Kuss.
Doch Khalis wandte sich ab, um die Pferde zu dem wartenden Stallknecht zu führen, der ihnen mit dem Wagen gefolgt war. Der Mann griff nach den Zügeln, und Khalis kehrte zu Grace zurück und reichte ihr die Hand. Zärtlich verschränkte er seine Finger mit ihren. Heute darf er das, dachte sie verträumt. Heute war ein besonderer Tag, der nur ihr und dem Mann an ihrer Seite gehörte, in den sie sich nur zu leicht verlieben könnte.
Dann fiel ihr siedend heiß ein, dass das nicht geschehen durfte. Es würde ihr das Herz brechen, und das würde Loukas nicht verborgen bleiben. Er würde seine Drohung wahr machen und Grace verbieten, Katerina je wiederzusehen. Verzweifelt umklammerte sie Khalis’ Hand.
Er spürte, dass ihre Stimmung sich verändert hatte, ging aber nicht darauf ein, sondern sagte lediglich leise: „Komm! Jetzt wartet ein Picknick auf uns.“
Er führte sie zu einer kleinen windgeschützten Bucht, wo bereits eine Decke ausgebreitet war, auf der ein Picknickkorb stand.
„Da hat sich aber jemand sehr viel Mühe gemacht.“
„Halb so wild, wenn man Personal hat“, antwortete er bescheiden.
„Aha.“
Khalis nahm eine Flasche Champagner und zwei Gläser aus dem Korb. „Wir müssen einen Toast ausbringen“, sagte er, als der Korken knallte.
Als Grace nach einem Glas griff, schob sie entschlossen alle Bedenken beiseite. Wenigstens diesen einen Tag wollte sie von ganzem Herzen genießen. „Worauf trinken wir?“
„Auf einen perfekten Tag“, schlug Khalis vor.
„Auf einen perfekten Tag“, echote sie und hob das Glas. Als sie einen Schluck getrunken hatte, fing sie Khalis’ Blick auf, in dem unverhohlenes Verlangen lag.
„ Ein perfekter Tag“, sagte sie, um sich und ihn an die Abmachung zu erinnern.
Er konnte kaum den Blick von Grace abwenden. Sie sah so glücklich und entspannt aus. Das Haar windzerzaust, die Augen strahlend, die Wangen rosig. Hin und wieder huschte allerdings ein Schatten über ihr schönes Gesicht. Khalis wünschte, er könnte sie für immer davon befreien. Nicht nur für einen Tag, sondern für den Rest ihres Lebens. Überrascht stellte er fest, dass ihm dieser Wunsch keine Angst mehr machte. Er war bereit für eine
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