Gestohlene Leidenschaft
fast abgeschlossen.“
„So schnell?“
„Ja.“ Sie legte die Mappe auf den Tisch. „Die Analysen der Farbpigmente und der Holztafeln haben ergeben, dass sie aus der Schaffenszeit Leonardo da Vincis stammen. Darüber hinaus gibt es weitere …“
„Grace.“
Als sie erstaunt verstummte, sagte er lächelnd: „Du brauchst mir keinen Vortrag zu halten, ich kann mir die Expertisen ja selbst durchlesen.“
Sie presste die Lippen zusammen. „Okay.“
Nach einem weiteren Schluck Kaffee fragte Khalis: „Dann bist du hier also fertig?“
„Ich habe alles getan, was machbar war. Du kannst jetzt die zuständigen Behörden einschalten.“
„Ja, ich kümmere mich darum.“ Als sie misstrauisch die Augenbrauen zusammenzog, überlegte er gekränkt, ob sie ihm immer noch nicht traute. Er atmete erst erleichtert auf, als sie schließlich zum Zeichen des Einverständnisses langsam und nachdrücklich nickte.
„Gut.“ Sie straffte sich. „Dann ist meine Arbeit hier abgeschlossen. Wärst du so nett …“
„Wunderbar!“ Khalis strahlte. Er bemerkte, wie sehr sein Enthusiasmus sie verletzte – was sie allerdings sofort zu verbergen suchte – und wurde durch diese Reaktion in dem Entschluss bestärkt, den er gestern Nacht gefasst hatte. Grace konnte behaupten, was sie wollte, tief im Innern sehnte sie sich nach ihm. Das spürte er ganz deutlich. „Dann kannst du dir heute ja einen freien Tag gönnen.“
„Wie … wie meinst du das?“
„Du kannst ausspannen und dich amüsieren. Mit mir.“
„Aber …“
„Für deine Arbeit hier war eine Woche angesetzt. Du hast sie innerhalb von drei Tagen erledigt. Also hast du dir wohl einen freien Tag verdient.“
„Aber ich habe dir doch schon gesagt, …“
„Nur einen einzigen Tag, Grace. Das muss doch erlaubt sein.“
Sie zögerte. Ihr sehnsüchtiger Blick sprach jedoch für sich. Was hält sie nur davon ab, sich zu amüsieren und das Leben zu genießen? überlegte Khalis.
„Du möchtest es doch auch.“ Er begehrte sie so sehr und war sicher, dass sie seine heißen Gefühle erwiderte. „Und ich wünsche es mir so sehr. Bitte, Grace.“ Gespannt wartete er auf ihre Reaktion.
„Also gut“, sagte sie schließlich und lächelte scheu.
Am liebsten wäre er vor Freude in die Luft gesprungen, doch so ein Gefühlsausbruch hätte sie möglicherweise in die Flucht geschlagen. Also unterdrückte er den Impuls und strahlte nur übers ganze Gesicht. „Großartig! Dann zieh dir bitte etwas Praktisches an. In fünf Minuten treffen wir uns in der Halle.“
„Du hast es aber eilig.“
„Natürlich, schließlich möchte ich jede Minute mit dir auskosten.“
Ihre Wangen schimmerten rosig. „Aber nur einen Tag“, murmelte sie, als sie sich umwandte. Khalis fragte sich, ob diese Warnung ihm oder ihr selbst galt.
Was versteht er unter praktischer Kleidung? überlegte Grace, als sie kurz darauf ihr Zimmer betrat. Schließlich entschied sie sich für eine schwarze Hose, ein weißes T-Shirt und eine dunkelgraue Kaschmirjacke, falls eine kühle Brise wehte.
Wo mochte der Ausflug hingehen? Viele Möglichkeiten gab es auf Alhaja nicht. Beim Landeanflug hatte sie aus dem Hubschrauber nur einige schmale Strände und viel Wald gesichtet. Doch eigentlich spielte es keine Rolle, wo sie diesen Tag verbrachten. Hauptsache, sie war mit Khalis zusammen. Das allein zählte. Und ein einziger Tag würde weder ihr Herz brechen noch ihr Besuchsrecht bei Katerina gefährden. Ein einziger Tag nur für Khalis und sie. Dann hätte sie eine Erinnerung, die ihr die einsamen Tage und Nächte erträglicher machen würde.
Khalis trug Jeans und ein weißes Hemd mit offenem Kragen.
„Wohin entführst du mich?“, fragte Grace lächelnd, als sie vor ihm stand.
„Zum Strand.“ Das Glitzern in seinen Augen verriet ihr, dass er einen Plan hatte.
Draußen stiegen sie in einen Jeep mit offenem Verdeck, verließen das Anwesen und bogen auf eine unbefestigte Straße, die offensichtlich um die Insel herumführte.
Grace schob sich das vom Fahrtwind zerzauste Haar aus dem Gesicht und betrachtete die felsigen Klippen, den golden schimmernden Standstrand und das blaue Meer, das im Sonnenschein glitzerte. „Besonders groß ist die Insel nicht.“
„Drei Kilometer lang und einen knappen Kilometer breit, um genau zu sein.“
„Hast du dich hier nie eingesperrt gefühlt?“
Khalis warf ihr einen forschenden Blick zu. „Doch“, gab er schließlich zu und umklammerte das Lenkrad fester. „Aber
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