Gestohlene Wahrheit
dicken Knoten herunter, der ihr die Kehle zugeschnürt hatte. Was sollte man dazu noch sagen?
»Danke?«
Er verspannte den Kiefer noch mehr, falls das überhaupt noch möglich war, da er ohnehin schon aussah, als wäre er aus Granit gemeißelt. »Das habe ich Grigg versprochen.«
»Oh«, murmelte sie und runzelte die Stirn.
Was war das für ein seltsames Gefühl, das sie empfand? Enttäuschung?
»Aus diesem Grund«, er sah sie durchdringend an, »wirst du hierbleiben.«
»Lies es mir von den Lippen ab«, erwiderte sie mit süßer Stimme und war entschlossener als je zuvor. Sie war es so leid, dass ihr niemand zu trauen schien. Das musste ein Ende haben, und zwar sofort. »Auf gar keinen Fall. Wenn du den USB-Stick haben willst, dann nimmst du mich mit. Ich habe keine Lust mehr, ständig ausgeschlossen zu werden. Ich kann ein Geheimnis für mich behalten, weißt du.«
Wenn ihr Grigg doch nur vertraut und ihr Jahre zuvor die Wahrheit gesagt hätte, dann wäre sie jetzt nicht in dieser Lage.
»Ali.« Das war eine Warnung.
»Ja, Nate?« Sie lächelte und klimperte mit den Wimpern.
»Du wirst mir verraten, wo ich diesen USB-Stick finde, und wenn ich dir dafür den Hintern versohlen muss, bis er Blasen schlägt.«
Dieses erotische Bild brachte ihr erschöpftes Gehirn kurzfristig durcheinander, und in ihrem Magen flatterte etwas.
Was? Was sollte das denn? Wollte sie etwa, dass er ihr den Hintern versohlte? Sie hätte nie geglaubt, dass sie auf so etwas stehen würde, aber wenn Nate es tat?
Ja, vielleicht …
Dann begriff sie die Bedeutung seiner Worte oder vielmehr die männliche Arroganz und den Mangel an Respekt, die dahintersteckten, und wurde richtig wütend.
»Wie bitte?«
, erwiderte sie, stand auf und ignorierte Peanuts verstimmtes Knurren, als er von ihrem Schoß rutschte und mit einem lauten Plumpsen auf dem Boden aufkam.
»Du hast mich schon verstanden«, antwortete er und zog spöttisch eine Augenbraue hoch.
Jetzt reichte es. Sie konnte ihm beinahe vergeben, dass er ihr nicht die Wahrheit über Griggs Tod sagen wollte. Vermutlich hatte er auf die Bibel, die Verfassung der Vereinigten Staaten, das Grab seiner Mutter oder was auch immer einen Eid geschworen, worauf diese Spione, freien Mitarbeiter der Regierung oder was zum Henker er auch immer war eben so schwören mochten.
Aber eines konnte, wollte und würde sie nicht tolerieren, und das war diese machohafte männliche Einstellung und seine arrogante Überheblichkeit.
Oh nein, nicht mit ihr!
In ihrem Inneren baute sich eine felsenfeste Entschlossenheit auf und sie wappnete sich.
Mit so viel Selbstbewusstsein, wie sie nur aufbringen konnte, marschierte sie zu der Stelle hinüber, an der er noch immer lässig auf seinem Sessel hockte, auch wenn sie eigentlich kurz davor stand, vor lauter Wut zu explodieren.
Ihr Lächeln war gespielt und so wütend wie das einer Dschungelkatze, als sie vor ihm stehen blieb. »Ich habe dich zwar um Hilfe gebeten, aber soweit ich mich erinnere, bin ich kein sechsjähriges Mädchen mehr, und du bist ganz sicher nicht mein Vater.«
»Zum Glück«, murmelte er leise und sah sie mit einem Ausdruck an, als ob er sie am liebsten umbringen würde, aber dabei auch so gleichgültig, dass sie ihm am liebsten mitten in sein viel zu attraktives Gesicht geschlagen hätte.
Was hatte dieser Mann nur an sich, dass sie gleich so gewalttätig wurde? Sonst war sie eigentlich immer sehr friedlich gesinnt, aber irgendetwas an Nate Weller brachte die Tigerin in ihr ans Licht. Sie wollte beißen, kratzen und fauchen …
»Daher sollte es einleuchten, mein Freund«, sie ballte die Hände an den Hüften und beugte sich vor, sodass ihr Gesicht nur wenige Zentimeter vor seinem schwebte, »dass du dir deine frauenfeindlichen Drohungen ganz tief in den Arsch schieben kannst!«
In deinen wirklich tollen, knackigen Arsch!
Den, in den sie sonst am liebsten reinbeißen würde, aber momentan wollte sie nichts lieber, als ihm einen ordentlichen Tritt in den Allerwertesten zu verpassen.
Als seine Lippen zuckten, machte sich ihr rechter Arm bereit, zuzuschlagen.
Er schien die Absicht in ihren Augen zu erkennen, denn er räusperte sich demokratisch und schaffte es, dieses freche Grinsen aus seinem Gesicht zu verbannen. »Das klingt schmerzhaft. Darauf verzichte ich lieber, wenn du nichts dagegen hast.«
»Ach, jetzt kommst du mir also auf die witzige Tour!« Sie war so verärgert, dass sie tatsächlich mit dem Fuß aufstampfte, obwohl sie
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