Gestohlene Wahrheit
»Wirklich? Nachdem du fünfzehn Stunden lang auf einem Motorrad quer durchs Land gerast bist, das so stark vibriert, dass dir alle Zähne im Mund wackeln, nachdem du angeschossen wurdest und ich dir meine Finger in die
Schusswunde
gesteckt habe, denkst du immer noch an Sex? Du musst wirklich verrückt sein.«
»Schieb es auf den Adrenalinstoß.«
»Okay. Dann …« Sie machte einen Schritt auf ihn zu. »Dann lass uns etwas dagegen unternehmen.«
»Was?« Er sah aus, als ob sie vorgeschlagen hätte, sie sollten sich die Haare abrasieren und sich den Hare Krishnas anschließen.
»Du hast mich schon verstanden.« Es gab nichts, was sie aufhalten konnte, hier war niemand, und trotz seiner wiederholten Ablehnung und seiner Versicherung, dass er nicht absichtlich körperlich auf sie reagierte, war es offensichtlich – sogar sehr offensichtlich, wenn man sich das Ausmaß der Beule in seiner Hose ansah –, dass sein Verstand und sein Körper nicht einer Meinung waren.
Sie war geneigt, seinem Körper zuzustimmen, weil sie ihn schlichtweg auch begehrte. So wie sie noch nie zuvor einen Mann begehrt hatte.
Vielleicht hatte das etwas mit der nicht unbedeutenden Tatsache zu tun, dass sie in ihn verliebt war. Oder vielleicht hatte es sich auch nur schon seit langer Zeit angebahnt. Was es auch war, es war eigentlich egal, da ihr beide Gründe nur vermittelten, dass sie ihren Wünschen nachkommen sollte. Und wenn sie ihn liebte – gut, das tat sie –, hatte sie dann nicht wenigstens eine Nacht in seinen Armen verdient?
»Nein.« Er schüttelte den Kopf, als sie näher kam, und musterte sie, wie eine Kobra einen Mungo angesehen hätte.
»Warum?«
»Warum was?« Oh, Nate wusste, was sie wissen wollte, aber er suchte verzweifelt nach einem Weg, ihr auszuweichen, weil ihm beim besten Willen keine plausible Erklärung dafür einfallen wollte …
»Warum willst du nicht mit mir schlafen?«
Äh, ja.
Das
war die Frage, die er nicht beantworten konnte. Ali war schließlich nicht die Art von Frau, die eine Nacht mit ihm verbrachte und dann verschwand. Oh nein. Ihr mehr zu geben, kam jedoch überhaupt nicht infrage, da er dann zugeben musste, dass er ihren Bruder umgebracht und deswegen
gelogen
hatte, und das würde nun mal nie geschehen.
»Äh …«
»Es ist doch offensichtlich, dass dein Körper begeistert von dieser Idee ist. Und du hast selbst zugegeben, dass du mich magst.« Sie stand jetzt vor ihm, so nah, dass er selbst nach einem langen Tag auf dem Motorrad noch den Geruch ihres Weichspülers riechen konnte. »Ich mag dich …«
Er sah sie erschrocken an.
Sie schüttelte den Kopf und kicherte, und er konnte nur noch denken:
Mann, ihr Haar sieht so zerzaust und wild einfach umwerfend aus.
»Na ja, meistens mag ich dich. In der anderen Zeit weiß ich nicht, ob ich dich erwürgen oder küssen soll. Und genau das ist es, was ich meine, verstehst du? Die Tatsache, dass ich dich selbst dann noch küssen will, wenn du mich in den Wahnsinn treibst. Also …« Sie machte eine hilflose Handbewegung. »Warum? Warum können wir nicht nachgeben und es tun?«
Auf einmal schien ein Summen in der Luft zu liegen. Es raste wie eine elektrische Zunge über seine Haut und sorgte dafür, dass er eine Gänsehaut bekam.
»Äh …«
»Und wenn du es nur aus Loyalität zu Grigg nicht tust, weil du denkst, du wärst mir, seiner kleinen Schwester, mehr als einen One-Night-Stand schuldig, dann irrst du dich.«
Wie bitte? Was? Hatte sie gerade One-Night-Stand gesagt?
»Ich kenne Typen wie dich«, fuhr sie mit verführerischem Lächeln fort. »Mann, ich bin mit jemandem aufgewachsen, der genauso war wie du. Genieß sie und vergiss sie, nicht wahr?«
»Ali …«
Oh Gott. Sie stellte sich zwischen seine Beine, und ihre festen kleinen Brüste waren direkt vor ihm. Vor seinem Gesicht.
Was wollte er gerade noch sagen? Irgendwas. Irgendwas Wichtiges, aber er konnte sich einfach nicht mehr daran erinnern.
»Nate«, flüsterte sie und strich mit den Fingern durch sein Haar. Ihm lief ein Schauder den Rücken hinunter.
»Hmmm?«, fragte er, fasziniert von dem unübertrefflichen Anblick direkt vor seinen Augen und davon, sie zu spüren, wie sie ihn berührte …
absichtlich
.
Sie kicherte wieder, und es klang wie bei einer Sirene. Tief, sexy und unwiderstehlich. Er war sich nicht bewusst, dass er sich bewegt hatte, aber irgendwann musste er seine rechte Hand an der Rückseite ihres Oberschenkels hochgeschoben haben, und er drückte sie
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