Gestorben um zu leben (SPUKVERWALTUNG OHG) (German Edition)
Zwischenzone rufen ließ. Er wirkte ernst, aber wann tat er das nicht? Nun ja, dann, wenn er mir mit strahlenden Augen von der Herrlichkeit der oberen Etage erzählt und mich unbedingt dazu bringen will, dass ich um Gnade bitte. Hält er mich wirklich für so verrückt, dass ich mit Hosianna-Singen zufrieden wäre?
Aber lassen wir das. Es ging nämlich um einen schon fast unglaublichen Vorgang, der Himmel und Hölle gleichermaßen betraf.
„Der Tod hat einen schwerwiegenden Fehler begangen“, erklärte Michael ohne Umschweife.
„Der Tod macht keine Fehler, er steht am Ende jedes Lebens“, gab ich schnippisch zurück.
„Es wäre nicht das erste Mal“, widersprach er geduldig, und ich ging nicht weiter darauf ein. Ja doch, auch der Tod kann Fehler machen, ich weiß es.
„Also, was hat er angestellt, und wieso weißt du eigentlich davon und ich nicht?“, fragte ich unfreundlich.
„Der Engel des Todes, der die Seelen in die Zwischenwelt begleitet, hat auf dem offiziellen Dienstweg Beschwerde erhoben.“
„Aha, offizieller Dienstweg“, murmelte ich.
Michael lächelte nur kurz. „Ich zitiere, Samtara: Der angekündigte Tod durch Selbstmord des Menschen Clarke wurde durch aktives Handeln des Todes unterbunden. Damit hat der Tod gegen Paragraph 2, Absatz 4 a Artikel III 26 verstoßen, indem ein nicht genehmigtes Leben fortgeführt wird, was im Buch der Lebensläufe zu einer massiven Unkorrektheit führt. Der nicht ordnungsgemäß abgeschlossene Lebenslauf muss nun durch eine Abteilung der Lebensrevision korrigiert werden, außerdem wird beantragt, dem Tod eine ernste Rüge auszusprechen sowie einen Vermerk in seinem Personalstandverzeichnis vorzunehmen.“
Ich hatte Michael fassungslos zugehört. „Ist das dein Ernst?“, fragte ich ungläubig.
„Es kommt nicht darauf an, ob ich es ernst meine, Samtara – oder ja, eigentlich doch. Weil der Engel des Todes den Dienstweg beschritten hat, müssen wir es beide ernst nehmen.“
„Und statt auf kurzem Weg dich oder mich anzusprechen, damit wir die Sache ohne großes Aufsehen aus der Welt schaffen, reicht dieser himmlische Dummkopf eine offizielle Beschwerde ein? Ihr solltet ihn wegen Unfähigkeit aus dem Dienst entfernen und eine neue Abteilung einrichten, dann kann er zum Manager der fehlgeschlagenen Sonnenaufgänge befördert werden“, tobte ich weiter.
„Samtara, nun reicht es aber. Du hast nicht das Recht, einen Engel derart zu beschimpfen, und deine Ratschläge über den Einsatz unseres Personals sind hier ebenfalls nicht angebracht“, rügte Michael sanft.
Ich seufzte. „Also gut, ich nehme das zurück, bis ich mehr weiß. Da die Sache offiziell ist, werde ich den Tod befragen und dir ein Protokoll zukommen lassen.“
„Wir werden eine Vorgangsfindungskommission einsetzen müssen ...“
„Michael“, unterbrach ich ihn. „Wozu dieser Aufwand? Darüber können wir beide doch entscheiden, sobald wir gehört haben, was der Tod zu sagen hat. Dieser Ermessensspielraum steht uns zu.“
Er dachte kurz nach und nickte. „Einverstanden. Aber nur, weil du mich so höflich darum bittest. Wir treffen uns wieder morgen um die gleiche Zeit?“
Ich nickte ergeben. Jetzt würde ein gewisser Jemand von mir etwas zu hören bekommen.
*
Der Tod gehört zu den übernatürlichen Geschöpfen, die überall zugleich sein können, ich konnte ihn also ruhig aufhalten.
„Was, bei allen Flüchen des Teufels, hast du dir dabei gedacht, ein Menschenleben zu erhalten?“, brüllte ich ihn an.
Zu meiner Überraschung sank er auf die Knie und schaute mich bittend an. „Er wirkte so – einsam, verletzlich. Ich habe es einfach nicht übers Herz gebracht“, gab er zur Antwort.
„Du hast kein Herz. Und diese Ausrede ist ziemlich armselig. Hast du nichts Besseres anzubieten?“
Er stand auf. „Man kann es ja mal versuchen. Aber es ist tatsächlich so, Samtara. Seine Einsamkeit hat mich berührt.“
„Und dann?“, fragte ich genervt.
Der Tod machte eine wegwerfende Handbewegung. „Clarke stand auf einer Brücke und wollte sich in die Tiefe stürzen. Ich war bereit, ihm den Schritt zu erleichtern und ihn dann dem Engel des Todes zu übergeben. Aber er blieb auf der Schwelle des Todes stehen, wir kamen ins Gespräch, und plötzlich kehrte er ins Leben zurück.“
„So, so? Worüber habt ihr denn gesprochen?“
„Unter anderem über die Endgültigkeit.“
Ich hätte ihn am liebsten geohrfeigt. „Was geschah dann?“
„Clarke meinte, er hätte
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