Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
zuckte mit den Schultern. »Soviel ich weiß, hat sie es zur Bank gebracht. Und später hat sie damit an der Börse spekuliert. Erfolgreich, wie du weißt.«
Erik nickte. »War sie berufstätig?«
»Sie hatte Hotelkauffrau gelernt. Als sie das Hotel Feddersen verließ, hat sie eine Anstellung in Westerland angenommen. Im Hotel Stadt Hamburg hat sie an der Rezeption gearbeitet. Bis sie am Neuen Markt reich wurde und es von da an nicht mehr nötig hatte, Geld zu verdienen.«
»Ist dir etwas aufgefallen in letzter Zeit? War etwas anders als sonst? War deine Tante verändert?«
Mathis Feddersen schüttelte auf jede Frage den Kopf. Valerie sah Erik unverwandt an, und zum ersten Mal fiel ihm auf, dass eine schmale Narbe ihre linke Braue teilte. In ihrem linken Augenwinkel zuckte es in einem rasenden Rhythmus.
Erik riss sich von dem Anblick los und sah wieder Mathis an. »In jedem Mordfall stellt sich die Frage nach dem Motiv«, begann er vorsichtig. »Wenn auf den ersten Blick keins zu erkennen ist, wird die nächste Frage gestellt: Wer hat einen Vorteil von dem Tod des Opfers? Mit anderen Worten: Wer beerbt Magdalena Feddersen?« Er legte so viel Gelassenheit in seinen Blick, als hätte er Mathis nach der Uhrzeit gefragt. »Du?«
Mathis hob die Schultern. »Keine Ahnung.«
»Du bist der einzige lebende Verwandte?«
Mathis nickte. »Aber ich weiß nicht, ob Tante Magdalena ein Testament gemacht hat.«
»Eins, in dem sie einen anderen zum Erben bestimmt? Wen zum Beispiel?«
»Ich weiß es nicht.«
»Die Kirche? Irgendeine wohltätige Organisation?«
»Von der Kirche hielt sie nichts, und besonders spendenfreudig war sie nicht.«
»Also ist anzunehmen, dass du sie beerbst.«
Erik verzichtete auf das Fragezeichen, und Mathis unterließ es, etwas zu entgegnen. Es war Valerie, die mit einer Frage antwortete: »Macht das meinen Mann etwa verdächtig?«
Erik schüttelte den Kopf. »Von einem Verdacht kann keine Rede sein. Trotzdem muss ich euch leider fragen, wo ihr die vergangene Nacht verbracht habt. Das ist meine Pflicht.«
Valerie antwortete: »Ich war in Niebüll bei Angela, das weißt du ja.«
Erik nickte und ließ unerwähnt, dass er ihr Alibi dennoch überprüfen würde. Dann sah er Mathis erwartungsvoll an.
Der brauchte nicht zu überlegen. »Ich habe mit Gästen zusammengesessen, die heute abreisen. Wir haben Abschied gefeiert.«
»Wie lange?«, fragte Erik.
Feddersen grinste schief. »Die ganze Nacht. Zwei Ehepaare aus Castrop-Rauxel, die von Sylt nicht viel gesehen haben. Nachts haben sie gesoffen und tagsüber geschlafen.« Er schüttelte den Kopf und versuchte zu lächeln.
»Schreckliche Leute«, sagte Valerie. »Aber wir können uns unsere Gäste nicht aussuchen.«
Mathis sah sie ärgerlich an. »Sie sind bereits zum zweiten Mal bei uns.«
»Meinst du, mit denen haben wir auch endlich Stammgäste?«, fragte Valerie spöttisch.
Mathis warf ihr einen Blick zu, der Erik wehtat. Mitleid mit einem Menschen, für den man keine Sympathien empfand und auf keinen Fall welche aufbringen wollte, tat immer weh.
»In welcher Zeit warst du mit ihnen zusammen?«
Mathis antwortete mit fester Stimme: »Von acht bis gegen vier Uhr morgens. Es war kurz vor halb fünf, als ich mich ins Bett legte.« Er griff sich an die Stirn, als wollte er mit den Fingerspitzen seinen Kopfschmerzen auf die Spur kommen. »Ich hatte ziemlich viel getrunken. Heute Morgen war ich wirklich versucht, im Bett zu bleiben. Aber Valerie war nicht da, und unser Personal ist nicht sehr zuverlässig.« Er lachte freudlos. »Sogar mit einem Kater arbeite ich besser als die.«
Erik beobachtete Valerie, um zu sehen, wie sie auf die nächtlichen Ausschweifungen ihres Mannes reagierte, aber ihr Gesicht blieb ausdruckslos.
»Als das Frühstücksbüfett fertig war und der Kaffee und die Eier auch«, erzählte Mathis weiter, »brauchte ich frische Luft. Deswegen bin ich zu Tante Magdalena gefahren. Als ich bei ihr ankam, fühlte ich mich schon besser. Der Morgen war kühl und die Luft wunderbar klar.«
Erik zückte seinen Notizblock. »Kannst du mir die Namen und die Adressen der beiden Ehepaare nennen?«
Mathis nickte. »Berling und Achtermann. Du kannst sie sofort sprechen, wenn du willst. Sie sind noch nicht abgereist, obwohl sie die Zimmer eigentlich um zwölf räumen sollten.«
»Aber die sind in den nächsten beiden Wochen nicht belegt«, fügte Valerie an. »Und das in der Hauptsaison!« Sie zog verächtlich die Mundwinkel
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