Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
allerdings pflichtete seiner Nonna lautstark bei, versuchte sie in ihren Formulierungen zu übertreffen, so wie er es bei seiner Mutter getan hatte, vermischte sein dürftiges Italienisch mit deutschen Kraftausdrücken und warf sich schließlich auf einen Stuhl, als wollte er testen, wie viel Erregung die vier Beine aushielten.
Mamma Carlotta ließ währenddessen ihre Aufwallung an der Goldbrasse aus, die die Behandlung erstaunlich gut überstand, dann war es endlich so weit, dass Erik über Magdalena Feddersens Tod reden konnte, ohne durch schrille Kommentare unterbrochen zu werden.
»Nach dem Abendessen werde ich mit Donata Zöllner reden«, schloss er. »Alte Freundinnen wissen oft mehr als Familienangehörige.«
»Du willst sie verhören?« In Mamma Carlotta begann es schon wieder zu brodeln. »Das kannst du nicht machen! Was soll sie von mir denken, wenn mein Schwiegersohn bei ihr auftaucht und ihr unangenehme Fragen stellt?«
»Ich will sie nicht verhören, sondern befragen«, korrigierte Erik und hoffte, dass seine Schwiegermutter seinem Gesicht nicht ablesen konnte, dass er über ein Motiv Donata Zöllners nachdachte.
»Befragung! Verhör! Wo ist da der Unterschied?« Mamma Carlotta machte sich über die Knoblauchzehen her, die den Antipasti noch fehlten. »Ich möchte, dass du höflich mit ihr umgehst. Ich habe ihr nur Gutes von dir berichtet! Was wird sie für einen Eindruck haben, wenn du sie nun verhörst wie … wie eine Kriminelle!«
»Ich habe dir doch gesagt …«
Mamma Carlotta warf das Messer in die Spüle. »Ich werde mitkommen und dafür sorgen, dass du freundlich zu ihr bist. Sie ist eine Freundin. Ich will, dass sie meine Familie mag.«
Erik sah nun so aus, als wäre es mit seiner Ruhe bald vorbei. »Ich kann dich nicht mitnehmen, wenn ich eine Zeugin vernehme.«
»Und was ist, wenn sie den Tod ihrer Freundin nicht erträgt? Wenn sie zusammenbricht? Wenn sie Hilfe braucht? Willst du sie dann etwa in den Arm nehmen und trösten?«
Das wollte Erik zwar nicht, aber er blieb dabei: »Ich werde allein mit ihr reden.«
Sören wartete in der Nähe des Hotels. Sein rundes Gesicht, das an einen rotbackigen Winterapfel erinnerte, strahlte, als wäre es frisch poliert worden. »Signora! Sie auch hier? Das ist aber eine Überraschung!«
Erik sorgte mit einer energischen Handbewegung dafür, dass die Wiedersehensfreude, die am Morgen wegen des Mordfalls kurz und bündig ausgefallen war, nun nicht in extenso nachgeholt wurde.
»Ich hielt es für besser, meine Schwiegermutter mitzubringen. Sie kennt Donata Zöllner und kann sich um sie kümmern. Es könnte ja sein, dass sie der Tod der alten Freundin sehr mitnimmt.«
Mamma Carlotta holte tief Luft, setzte zu einer großen Geste an, doch ehe sie Gelegenheit bekam, in allen Einzelheiten zu erzählen, wie es zu ihrer Bekanntschaft mit Donata Zöllner gekommen war, fragte Erik: »Haben Sie das Alibi von Valerie Feddersen überprüft?«
Sören nickte. »Die Freundin hat es bestätigt. Valerie Feddersen war bei ihr in Niebüll, sagt sie. Die beiden sind ins Theater gegangen und haben anschließend gemeinsam die Nacht in Angela Reitz’ Wohnung verbracht.«
»Und am nächsten Morgen festgestellt, dass Valeries Auto gestohlen worden war«, ergänzte Erik.
Wieder nickte Sören. »An dem Alibi ist wohl nicht zu rütteln. Obwohl … die Freundin wirkte nicht sehr überzeugend. Ihre Stimme war ziemlich nervös, sie konnte das Gespräch gar nicht schnell genug beenden.«
»Ich kenne Angela Reitz«, entgegnete Erik. »Und ich kenne auch Valerie Feddersen.« Er ging auf den Hoteleingang zu und machte Sören und seine Schwiegermutter auf die erhöhte Bodenplatte aufmerksam, damit sie nicht stolperten. »Machen Sie sich keine Gedanken über die Glaubwürdigkeit der beiden.«
Aber Sören ließ sich nicht so schnell abwimmeln. »Sie sind anscheinend dicke Freundinnen. Was ist, wenn Frau Reitz für Frau Feddersen lügt?«
»Sie vergessen das Auto, das Valerie Feddersen in Niebüll gestohlen wurde«, antwortete Erik ärgerlich.
»Bewiesen ist das nicht. Wenn sie den Diebstahl noch in der Nacht in Niebüll angezeigt hätte, dann ja. Aber so …«
»Unsinn, Sören!« Erik war mit zwei, drei Schritten wieder an seiner Seite. »Für Valerie lege ich die Hand ins Feuer.«
Die Hotellobby lag im Dämmerlicht. Die Sonne war ausgesperrt worden, sie fiel nur durch die spärlichen Ritzen der Rollläden und zeichnete in die Kühle warme, goldene Streifen.
Erik ging
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