Gestrandet: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
zwischen sie gedrängt hatte, war nicht beiseitezuschieben. Dabei wusste er nicht einmal, was es war. Jedenfalls war er sicher, dass Valerie nicht noch einmal strahlend auf ihn zukommen würde.
Mit dem Namen Severin Dogas hoffte er, ihr Lächeln zurückzubekommen, aber sie schien zu den wenigen Frauen zu gehören, die nicht für den Schauspieler schwärmten. Sie wunderte sich nur, dass er im Hotel Feddersen wohnen wollte.
»Während er bei euch wohnt, muss die Rezeption ständig besetzt sein. Nur Hotelgäste dürfen ins Haus gelassen werden, keine Fremden. Dogas braucht ein Zimmer am Ende des Ganges, aber in der Nähe einer Treppe. Es dürfen keine Telefongespräche zu ihm durchgestellt werden, er telefoniert ausschließlich mit seinem Handy. Und auf keinen Fall irgendwelchen Pressevertretern Auskünfte erteilen!«
Valerie war, während er sprach, immer nervöser geworden. Erik hatte das Gefühl, dass sie gar nicht richtig zuhörte. »Am besten, du redest mit Mathis darüber«, sagte sie. »Er muss jeden Augenblick zurückkommen.«
In diesem Augenblick zirpte es in Valeries Rocktasche. Sie sah an Erik vorbei, während sie murmelte: »Eine SMS.«
»Vielleicht von Mathis?«, fragte Erik freundlich.
Valerie nickte und zog ihr Handy hervor. »Wahrscheinlich.«
Erik stellte fest, dass ihre Nägel kurz geschnitten waren und ohne Lack auskamen. Sie hatte Hände, die es gewöhnt waren zuzupacken. Er konnte nicht sagen warum, aber es gefiel ihm.
Valerie erhob sich. »Tut mir leid, ich muss weg. Ich sage an der Rezeption Bescheid. Fatlum soll Mathis anrufen und dir sagen, ob es Sinn hat zu warten.«
Sie ließ die Tür geöffnet, als erwarte sie, dass Erik ihr folgen würde. Als er sie nach dem Albaner rufen hörte, fragte er sich, wer der Absender der SMS gewesen sein mochte.
In diesem Moment klingelte sein Handy. Sören war am anderen Ende. »Wir kennen nun die Tatwaffe. Ein hölzerner Engel, den Magdalena Feddersen vor einem Jahr aus Rom mitgebracht hat. Aus bemaltem Holz.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich habe Frau Berhenne durchs Haus geführt. Sie hat festgestellt, dass der Engel fehlt. Sie sagt, er stand immer im Wohnzimmer zwischen den Blumentöpfen.«
»Also neben der Tür«, überlegte Erik. »Der Täter hat sich durch die Tür geschlichen, hat Donata gesehen, nach dem Erstbesten gegriffen, was als Waffe dienen konnte …«
»Ein geplanter Mord war es offenbar wirklich nicht.«
»Wohl kaum. Wahrscheinlich war der Täter in Panik. Er hat mehrmals zugeschlagen, sagt Dr. Hillmot. Immer wieder! Bis er sicher sein konnte, dass Donata Zöllner tot war.«
Carlotta sah in den Himmel, während sie die Braderuper Straße entlangradelte. War Lucia damit einverstanden, dass ihre Mutter über sie sprechen würde, um sich in Valerie Feddersens Vertrauen zu schleichen? Valerie würde bestimmt keinen Verdacht schöpfen, wenn Lucias leidgeprüfte Mutter, die noch immer nicht über den Tod ihres geliebten Kindes hinweggekommen war, mit jemandem reden wollte, der ihre Tochter gut gekannt hatte. Valerie würde es verstehen, wenn Gero Fürst sie auch grausam und egoistisch genannt hatte. Sie musste es einfach verstehen!
Sie trat kräftig in die Pedale und erfreute sich an dem Wind, der ihr die Locken aus dem Gesicht pustete. Er hatte in der kurzen Zeit, die sie im Haus des Schriftstellers verbracht hatte, den drückenden Sommertag aufgefrischt. Aus der Hitze des Tages war Abendkühle geworden. In Umbrien würde man vom beginnenden Herbst reden, aber Mamma Carlotta hatte längst gelernt, dass der Wind sich auf Sylt anders gebärdete als in Italien, dass er mehr Kraft hatte und von der Sonne unabhängig war, die in Umbrien alles beherrschte. Sie machte sich auch nicht mehr klein, um sich vor dem Wind zu schützen, sondern saß aufrecht auf dem Sattel, hielt ihm ihr Gesicht entgegen und ließ ihn mit ihren Haaren und ihrer Bluse machen, was er wollte.
Auch von der verschlossenen Miene des Schriftstellers hatte sie sich nicht beeinträchtigen lassen. Der Streit mit Valerie hatte sämtliche Freundlichkeit aus seinem Gesicht gewischt und es hart und grimmig gemacht. Mamma Carlotta entzog sich umgehend seiner Nähe und ging in die Küche, die sich in einem miserablen Zustand befand. Mit großem Elan machte sie sich ans Werk.
Ehe sie Spaghetti aglio e olio zubereitete, die sie Gero Fürst versprochen hatte, musste erst mal für Ordnung gesorgt werden! Was für ein Durcheinander! Die Arbeitsplatte, die Fensterbank, das Regal,
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