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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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Raumschiff nach oben. Alle Decks waren geplündert worden, aber je höher sie kamen, desto weniger Einrichtungsstände fehlten.
    Warum haben die Pantropisten das Schiff nicht vollständig ausgeschlachtet?, überlegte Karl. Hatten vielleicht ein paar davon geträumt, dass es eines Tages wieder fliegen können würde? Wahrscheinlich ist alles, was sie fortschleppen konnten, von ihren Nachkommen so lange benutzt worden, bis es nicht mehr zu gebrauchen gewesen war, aber zumindest müsste es ihnen das Leben eine Weile erleichtert haben, wenn auch nur ein bisschen.
    In der dritten der besser erhaltenen Ebenen entdeckte Karl eine Luke in der Decke, die ringsum von Bolzen gehalten wurden, von denen jeder mit einem Schnappverschluss versehen waren. An der Luke prangte ein Schild mit der Aufschrift NOTAUSGANG .
    »Dies ist das Oberdeck«, stellte Karl fest. »Also müsste hier auch die Brücke sein.« Als sie ihre Suche fortsetzten, begegnete er Beras Blick. Sie lächelte, aber es war kein überzeugendes Lächeln. Das verwaiste Schiff schien sie sogar noch mehr einzuschüchtern, als es bei Coeo der Fall war, der mit Ragnar die Nachhut bildete, ohne die ausgefahrenen Krallen auch nur eine Sekunde lang vom Nacken des Gothi zu nehmen.
    »War Thorir der Vater deines Babys?«, erkundigte sich Karl schließlich in einem nahezu beiläufigen Tonfall, während sie alle Türen des Oberdecks überprüften.
    Beras Blick schien in die Vergangenheit gerichtet zu sein. Ihre Lippen zitterten. Als sie zu sprechen begann, klang es beinahe so, als hätte sie seine Frage gar nicht gehört, sondern würde einfach nur ihren Erinnerungen nachhängen. »Solange ich mich zurückerinnern kann, hat er ständig Witze gemacht und gelacht. Vielleicht sehe ich die Dinge heute anders, aber ich glaube, dass er im mer ein bisschen zu freundlich gewesen ist. Verstehst du?«
    »Ich denke schon«, erwiderte Karl.
    »Eines Abends hat er sich dann betrunken …« Bera blinzelte mehrmals. »Ich habe dir immer wieder gesagt, nein, das darfst du nicht, aber du wolltest ja nicht auf mich hören, nicht wahr?«
    Karl riss sie wieder in die Gegenwart zurück. »Hat er dich vergewaltigt?«
    »Wie war das?« Ragnar kam näher, blieb aber wieder stehen, als Coeo warnend knurrte.
    »Kümmer dich nicht darum«, gab Bera scharf zurück. »Ich bin nicht länger dein Problem.«
    »Dein Vater hat dich in meine Obhut gegeben!«
    Da zerbrach irgendetwas in Bera. Vielleicht war Ragnars Bemerkung der berühmte Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte, vielleicht wäre sie aber auch explodiert, ganz egal, was er gesagt hätte. Sie begann, hysterisch zu lachen. »Von allen dummen Sprüchen, die dir einfallen konnten«, stieß sie zwischen den Lachern aus, »war das der größte Mist. Deine verdammte Obhut? « Ihre Stimme brach, und ihr Gelächter verwandelte sich in ein Schluchzen. Karl nahm sie an der Hand, zog sie sanft beiseite und schloss sie so behutsam wie ein neugeborenes Kind in die Arme.
    »Ich … ich w-w-wollte nicht … darüber sprechen … niemals. Die a-a-arme Hilda … und ihre Kinder … Welche Sch-sch-ande für sie … wenn mir überhaupt irgendjemand ge-ge-geglaubt hätte …«
    Als ihr Tränenstrom schließlich versiegte, ließ Karl sie los. »Ich glaube dir«, sagte er. »Es tut mir leid, was er dir angetan hat. Er hat uns alle beschämt.« Er wischte ihr die Tränen von den Wangen. »Warum hast du mir nie etwas davon erzählt? Hast du wirklich geglaubt, ich würde deshalb schlechter von dir denken?«
    »Ich habe mich geschämt.« Bera stieß schnaubend den Atem aus und wischte sich mit den Handrücken über das Gesicht. »Vielleicht war es ja meine Schuld. Vielleicht habe ich irgendetwas getan, das ihn ermutigt hat. Ich weiß zwar nicht, was, aber …«
    »Du hast überhaupt nichts getan!«, fiel ihr Karl heftig ins Wort. »Typen von seinem Schlag müssen nicht erst ermutigt werden.«
    »Wie kannst du dir da sicher sein?«, fragte sie. »Ich habe ja auch geglaubt, dass du mich nicht haben wolltest … Was, wenn ich mich bei ihm genauso getäuscht habe? Vielleicht habe ich ihn überhaupt erst irgendwie ermutigt, weil ich zu nett zu ihm war …«
    Karl blickte ihr direkt in die Augen, einen Moment lang irritiert. »Wie bist du denn jemals auf den Gedanken gekommen, ich würde dich nicht wollen?«
    »Du … weil … Ich habe doch jede Nacht eng an dich geschmiegt geschlafen.« Beras Stimme sank zu einem Flüstern herab. Ihre Augen waren groß, und

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