Gesucht wird Charity
sie hätte die ganze Zeit in Big Sur damit zugebracht, mit ihm im Bett zu liegen.«
»Gibt es irgendeinen Grund, aus
dem Sie wünschen, Ihr Besuch hier sollte besser nicht erwähnt werden?« fragte
ich sie.
»Ja, durchaus.« Sie fuhr sich
langsam mit der Zunge über die Lippen. »Es würde der Gesellschaft mißfallen.
Sie würde glauben, ich hätte sie in irgendeiner Weise betrogen.«
»Und das macht Ihnen Sorgen?«
»Nicht, was Earl betrifft«,
sagte sie mit leiser Stimme. »Aber es wäre mir nicht recht, wenn Claudia wüßte,
daß ich hier war.«
»Warum?« beharrte ich.
»Sie wissen nicht, wozu sie
fähig ist«, sagte sie ausweichend. »Sie hatte schon als kleines Kind ein übles
Temperament. Wir hatten einmal einen kleinen Hund, und sie zerschmetterte ihm
den Kopf, weil er ihr nicht gehorchte! Ich habe das nie vergessen.«
»Weiß irgendwer im Haus, daß
Daniela Sie angerufen hat?«
»Claudia meldete sich am
Telefon. Sie wollte nicht, daß ich den Anruf entgegennehmen sollte, aber
Daniela hat sie irgendwie dazu gezwungen.«
»Dann könnten Sie der trauten
Familie erzählen, daß Daniela Ihnen alles gesagt hat?«
»Was gesagt hat?« fragte sie in
scharfem Ton.
»Das, was ich ihr selbst gestern abend erzählt habe. Daß ich wüßte, warum Johnny Legarto ermordet worden ist und wer ihn umgebracht hat. Und
daß ich im Augenblick genügend Beweismaterial hätte, um damit zur Polizei gehen
zu können und dort die Namen aller Beteiligten zu nennen.«
»Und stimmt das?« Ihre Augen
weiteten sich.
»Nein«, sagte ich geduldig.
»Was würde das dann nützen?
Wozu soll ich Ihnen einen Packen Lügen auftischen, die sie doch nicht glauben
werden?«
»Es ist wichtig«, sagte ich.
»Tun Sie es um Johnny Legartos willen, wenn schon
nicht um meinetwillen. Tun Sie es für die Zukunft Ihrer Tochter!«
Sie schürzte die Lippen. »Na
gut, Mr. Holman , ich werde es tun. Aber in meinen
Augen ist das nichts als eine Dummheit.«
Und vielleicht hatte sie damit
recht, dachte ich, kaum, daß sie gegangen war.
10
Ich nahm gegen sieben ein
frühes, schnelles und nervöses Abendessen aus der Büchse zu mir und kam zu dem
Schluß, daß es in meinem Verdauungssystem nicht mehr Schaden anrichten konnte,
als dort durch meine Nervenenden ohnehin angerichtet worden war. Was ich
vorhatte, war kein origineller Einfall — ich versuchte, den Köder ausreichend
verlockend zu gestalten, damit das Wild freiwillig in die Falle tappte. Wogegen
meine Nervenenden protestierten, war die Tatsache, daß ich mich selbst als
Köder benutzte.
Die Achtunddreißiger in ihrem Gürtelhalfter paßte genau unter meine Jacke,
aber das war genau die Stelle, an der jedermann nach ihr suchen würde. Was ich
brauchte, war eine Art letzte Trumpfkarte, mit der niemand rechnen würde. So
wie Mary Rochester Johnny Legarto als Trumpfkarte
benutzt hatte. Und schau, was aus ihm geworden war! wimmerte eine innere
Stimme. Dann fiel mir ein, daß die Pistole, die ich George weggenommen hatte,
immer noch zwischen den Polstern auf dem Vordersitz des Kabrioletts steckte,
und so ging ich hin und holte sie heraus.
Der Besitz einer Reservepistole
stellte nur den ersten Schritt der geplanten Aktion dar, überlegte ich, als ich
ins Wohnzimmer zurückkehrte. Der zweite Schritt war, ein Versteck für sie zu
finden, wo ich schnell an sie herankommen konnte, wenn es nötig wurde. Außerdem
mußte es ein Versteck sein, wo im Traum niemand nach einer Waffe suchen würde.
Ich goß mir einen Drink ein, und noch bevor ich die Eiswürfel hineingeworfen
hatte, war mein Vorrat an Einfällen ausgegangen. Schließlich stieg aus den
Tiefen meiner Verzweiflung eine zerschlissene, alte Erinnerung auf. Irgend jemand hatte mal irgendwann irgendwo gesagt, der
beste Ort, irgend etwas zu verstecken, sei, es ganz
offen an eine unauffällige Stelle zu legen. Das war okay, überlegte ich,
solange es sich um einen Brief oder sogar einen Diamantring handelt. Aber das
Rezept schien weniger auf einen Elefanten oder eine Achtunddreißiger anwendbar zu sein. So wie sich die Dinge entwickelten, begann ich zu wünschen,
ich hätte mich gar nicht erst an die verdammte Pistole im Wagen erinnert. Ich
warf sie ungeduldig auf die Bar, und sie glitt über die polierte Oberfläche,
bis der Lauf mein frisch eingegossenes Glas verschüttete.
Ich fand einen Haufen sauberer
Leinenservietten auf dem Regal unter der Bar, und selbst das schien besser als
gar nichts. Nachdem ich die Whiskypfütze
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