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Getäuscht - Thriller

Titel: Getäuscht - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Das Sonnenlicht legte sich warm auf seine Augen, doch der Mann schien es gar nicht zu bemerken. Seit fast sechsundneunzig Stunden lag der russische Innenminister Igor Iwanow nun im Koma. Obwohl er keine sichtbaren Verletzungen hatte, waren die behandelnden Neurologen sich einig, dass Iwanow durch die Explosionswelle der Bombe, die etliche seiner Landsleute getötet hatte, ein schweres Trauma erlitten hatte. Mittlerweile hatte der gesundheitliche Zustand des Patienten sich normalisiert. Sein Blutdruck lag bei vorbildlichen 120 zu 70. Sein Herzschlag - 58 Pulsschläge in der Minute - war der eines Athleten. Seine Cholesterinwerte lagen unter dem Durchschnitt, sein Testosteronspiegel deutlich darüber. Die Ärzte waren überzeugt, dass der Patient es in erster Linie seiner hervorragenden körperlichen Verfassung zu verdanken hatte, dass er den schrecklichen Anschlag überlebt hatte.
    Eine Schwester betrat das Zimmer und begann mit der morgendlichen Routine. Sie zog die Vorhänge auf, hob den Kopf des Patienten an, schüttelte sein Kissen auf, leerte den Urinbeutel und legte ihn sorgsam wieder an. Wie gewöhnlich ließ sie sich dabei ein wenig mehr Zeit als nötig. Obwohl sie schon seit mehr als einem Jahr in diesem Krankenhaus arbeitete, hatte sie noch nie einen so gut ausgestatteten Mann gesehen. Sie lächelte ein wenig beschämt.
    Plötzlich legte sich eine Hand auf ihren Arm und packte mit beängstigender Kraft zu.
    »Beim nächsten Mal«, sagte Iwanow mit bemerkenswert klarer Stimme, »klopfen Sie bitte an, bevor Sie ins Zimmer kommen. Und wenn Sie das hier gerne noch einmal sehen möchten, brauchen Sie nur zu fragen.«
    Die Schwester schlug erschrocken die Hand vor den Mund und rannte aus dem Zimmer.
    Iwanow ließ den Kopf aufs Kissen sinken und schloss die Augen. Nach der kleinen Anstrengung hatte er Kopfschmerzen und fühlte sich schwach. Aber das war nur eine Frage der Zeit. In wenigen Stunden würde er es vor Ungeduld kaum noch im Bett aushalten können. Er beschloss, dass er bis spätestens 18.00 Uhr in einem Flugzeug nach Moskau sitzen würde.
    Die Ärzte hatten sich geirrt. Was ihn am Leben gehalten und dazu bewogen hatte, wieder aus dem Koma aufzuwachen, hatte nichts mit seiner überdurchschnittlich guten körperlichen Verfassung zu tun. Es war einzig und allein die Wut gewesen.
    Igor Iwanow wusste nur zu gut, wem er das hier zu verdanken hatte. Und er dürstete nach Rache.

70.
 
    Jeweils sechs Polizisten in Spezialausrüstung drangen rechts und links, den Rücken an die Wände des Flures gedrückt, bis zum Apartment vor. Graves und Kate Ford bildeten jeweils das Ende der Reihen. Die beiden Männer an der Spitze der Reihen hielten halbautomatische Pumpguns im Anschlag. Die beiden Männer dahinter waren mit Heckler & Koch MP5 Maschinenpistolen bewaffnet. Ihre Strategie bestand darin, die Tür zu sprengen und sofort zu feuern, um den Gegnern keine Chance zur Gegenwehr zu lassen. Die restlichen Polizisten hielten ihre Pistolen einsatzbereit in der Hand, um ihre Gegner gezielt unter Beschuss nehmen zu können.
    Der Einsatzleiter gab das Zeichen zum Vormarsch. Ein Polizist, der mit einer Remington Wingmaster bewaffnet war, lief an den anderen vorbei und nahm die Tür des Apartments ins Visier. Der Einsatzleiter hob die Hand, die in einem schwarzen Handschuh steckte. Mit den Fingern zählte er von fünf bis null: fünf ... vier ... drei ... zwei ...
    »Alles klar?«, flüsterte Kate.
    Graves nickte.
    Ein ohrenbetäubender Knall ließ das Gebäude erzittern. Die Tür flog aus den Angeln und krachte auf den Boden. Mit grellen Blitzen und spürbaren Druckwellen explodierten kurz nacheinander zwei Blendgranaten. Rauch breitete sich im Flur aus. Graves stürmte mit gezückter Pistole und tränenden Augen ins Apartment. Jemand schrie etwas auf Französisch, gefolgt von einer Antwort in einer fremden Sprache.
    »Arrêtez! Arrêtez! Bougez pas!«
    Eine Maschinenpistole ratterte los. Die Schüsse dröhnten Graves schmerzhaft in den Ohren. Er konnte das vernebelte Apartment nur schemenhaft erkennen. Eine vor Schmutz starrende Küche. Ein Wohnzimmer mit abgenutzten Möbeln. Eine Kiste mit Maschinenpistolen. Daneben eine größere Kiste mit der Aufschrift: »Eigentum der italienischen Armee. Semtex-H. 50 kg.« Es war das Semtex, das Emma Ransom von dem Militärstützpunkt in der Nähe von Rom gestohlen hatte. Irgendwo im Apartment schrie jemand auf. Graves wirbelte herum und sah, wie mehrere Polizisten in schwarzer

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