Getäuscht - Thriller
Prudence.
Eine Krankenschwester erschien. Als sie sah, wie aufgebracht die Patientin war, schickte sie Connor sofort aus dem Zimmer. Er machte eine ziemliche Szene, riss den Arm von ihr los und warf ihr Schimpfwörter an den Kopf, bevor er sich zum Fahrstuhl bringen ließ. Die Polizisten waren aufgesprungen und fragten, ob sie der Schwester behilflich sein könnten. Doch Connor hatte sich inzwischen wieder unter Kontrolle. Aber die Polizisten waren hellhörig geworden und meldeten den Vorfall ihren Vorgesetzten. Der Bericht landete am nächsten Morgen auf dem Schreibtisch von Charles Graves.
Auch die Schwester schrieb einen ausführlichen Bericht über den Vorfall in die Krankenhausbücher.
Als Connor auf die Straße trat, war seine Angriffslust verflogen. Er hatte nur getan, was nötig gewesen war. Nicht mehr und nicht weniger.
34.
Vor ihrer Beförderung zum Detective Chief Inspector war Kate Ford drei Jahre lang beim Flying Squad gewesen, der Sondereinsatztruppe der Metropolitan Police, die mit der Aufgabe betreut war, bewaffnete Raubüberfälle und organisierte Kriminalität zu bekämpfen.
Es war eine ziemlich aufregende Zeit gewesen. Kate hatte nächtelang auf der Lauer gelegen und nach bewaffneten Verbrechern Ausschau gehalten oder tagelang Banken und Juwelierläden observiert. Temporeiche Fälle. Zahlreiche überwältigte und verhaftete Verbrecher. Sie war sogar in die eine oder andere Schießerei verwickelt gewesen, hatte aber selbst nie jemanden erschossen. Eine Sache jedoch war ihr wiederholt aufgefallen, wenn sie einen Kriminellen in die Ecke getrieben hatten: dessen verzweifelte Versuche, über das Dach des jeweiligen Hauses oder Gebäudes zu fliehen. Einige hatten versucht, sich auf dem Dachboden zu verstecken. Andere waren bis aufs Dach geflohen. Aber egal, wo die Beamten sie letztendlich fanden, die Tatverdächtigen waren grundsätzlich so hoch wie nur möglich geklettert. Solange es noch einen Weg nach oben gab, klammerten sie sich an die Illusion, der Polizei auf diesem Weg entkommen zu können. Die Hoffnung starb immer zuletzt.
»Ist das dort unten Skye?«, fragte Graves, der neben ihr in der zweimotorigen Hawker Business saß. »Ich bin noch nie hier gewesen. Jetzt weiß ich, weshalb.«
»Ich war auch noch nie hier«, sagte Kate. »Ziemlich trostlos.«
Graves erwiderte nichts. Er war zu sehr mit seinem Handy beschäftigt. Während des ganzen Fluges hatte er ungeduldig auf den neuesten Ermittlungsstand gewartet, was den Verbleib von Ransom betraf, und war alle zehn Minuten zum Cockpit gelaufen, um nachzufragen, ob sich das Thames House inzwischen gemeldet hatte. Seit die Landebahn in Sicht war, konnte er wieder per Handy telefonieren.
Als das Flugzeug zur Landung ansetzte, blickte Kate aus dem Fenster auf die öde Landschaft. So weit das Auge reichte, sah sie nur ebenes, zerfurchtes, windzerzaustes Land. Außer Ginster und Heidekraut schien hier nichts zu wachsen. Im Norden erblickte sie einen schmalen Streifen Sandstrand, dahinter schimmerte das Meer.
Isabelle Lauren war genau wie alle anderen. Anstatt sich in ihrem Haus in Hull zu verkriechen, war sie nach Norden geflohen, bis an die äußerste Spitze des Landes, die Isle of Skye vor der Nordwestküste Schottlands.
Arme Isabelle, dachte Kate. Sogar in dieser Einöde gab es kein sicheres Versteck.
Die Räder des Flugzeugs setzten auf der Landebahn auf. Als schließlich die Treppe heruntergelassen wurde, stürmte Graves mit dem Handy am Ohr aus der Maschine. Kate, die direkt hinter ihm war, hörte, wie er wilde Flüche ausstieß.
»Was ist los?«, fragte sie und legte ihm die Hand auf die Schulter.
Graves brachte sie mit einer Geste zum Schweigen. »Habt ihr die französische Polizei informiert?«, fragte er. »Sag auch gleich Interpol Bescheid, wenn du schon dabei bist. Sie sollen sofort eine E-Mail an alle staatlichen und örtlichen Polizeidienststellen auf dem Kontinent schicken. Er wird nicht weit kommen.« Er beendete das Gespräch und drehte sich zu Kate um. »Der Wagen, den Ransom bei den Meadows gestohlen hat, wurde in einem Dauerparkhaus in Dover gefunden, in der Nähe des Fährhafens. Die Docks werden überwacht, bislang aber ohne Erfolg. Niemand, auf den die Beschreibung passt, hat dort eine Fahrkarte gekauft. Wir haben uns die Überwachungsbänder besorgt, damit wir uns selbst überzeugen können.«
»Wie viele Häfen auf dem Kontinent laufen die Fähren aus Dover an?«
»Zu viele«, sagte Graves. »Boulogne, Calais,
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