Geteilter Tod - Norman, H: Geteilter Tod - Caged
Gewimmel von Leuten, den Strom von Fahrzeugen und das viele Gepäck.
Sam drückte seinen Sohn fest an sich, küsste ihn auf den Kopf und nahm den Duft seines Haares in sich auf. Dann drehte er sich zu Grace um und sah, dass sie den Tränen nahe war.
»Es wird alles in Ordnung gehen«, sagte er leise. »In besseren Händen könnte er gar nicht sein, Gracie.«
»Ich weiß. Ich liebe euch alle.« Grace streichelte Joshuas weiche Wange und schluckte ihre Tränen hinunter. »Und ich bin die glücklichste Frau auf der Welt, weil ich euch habe und weil ihr euch um ihn kümmern wollt. Aber wir fahren aufs Meer hinaus. Was, wenn etwas passiert? Wenn Joshua uns braucht und wir nicht schnell genug zurückkommen können?«
»Es wird nichts passieren«, versuchte David sie zu beruhigen.
»Das kann man nie wissen.«
»Jetzt hör aber auf, Grace«, sagte Sam.
»Wir sind im einundzwanzigsten Jahrhundert«, gab Cathy zu bedenken. »Um die Kommunikation ist es heutzutage recht gut bestellt - hast du noch nichts von Satelliten gehört?«
»Und so weit fahrt ihr ja auch gar nicht«, fügte Saul hinzu.
»Und wenn du Angst haben solltest, diese Leutchen hier könnten nicht vorsichtig genug sein«, warf Mildred ein, »dann denk daran, dass sie sich mir gegenüber verantworten müssen.«
Grace lachte. »Die armen Leute!«
»Bestimmt habe ich irgendwas Wichtiges vergessen«, sagte Cathy, nachdem sie voneinander Abschied genommen hatten.
»Na und?«, sagte Grace. »Es macht mir nichts aus, wenn ich nur ein Kleid und sonst gar nichts dabei habe, denn ich habe den besten Ehemann, die besten Kinder und die beste Familie.« Sie lächelte Mildred an, um ihr zu verstehen zu geben, dass sie mit eingeschlossen war. »Und nichts anderes zählt.«
»Du wolltest ein Kleid?«, scherzte Cathy.
Sie lachten immer noch, als sie eincheckten.
Erst viel später, als sie ihre hübsche Kabine auf dem zehnten Deck betraten, die sogar über einen eigenen Balkon verfügte, fiel Sam auf, dass er seit dem Moment, da er Grace von Sauls Wohnung abgeholt hatte, keinen Gedanken an die Morde verschwendet hatte. Auch nicht an das Team Riley und Alvarez. Nicht einmal an Martinez.
Zumindest nicht bis jetzt.
Dann sah er das grandiose Bett mit den King-Size-Maßen.
Und vergaß wieder alles.
92
1. März
Grace' neununddreißigstem Geburtstag folgten zwei Tage Glückseligkeit. Den ersten hatten sie auf ruhiger, offener See verbracht und mit einem Dinner ausklingen lassen, für das Cathy Grace ein perfektes schwarzes Cocktailkleid eingepackt hatte. Das Essen war ein Genuss gewesen, und es hatten noch zwei weitere Ehepaare an ihrem Tisch gesessen, das eine aus North Carolina, das andere aus New York City. Beide waren sehr angenehm gewesen. Gestern hatte die Stardust im Hafen der mexikanischen Insel Cozumel angelegt, und die meisten Passagiere waren zu Ausflügen an Land gegangen, aber als Sam von Grace wissen wollte, welcher der Exkursionen sie sich anschließen sollten, war ihr eingefallen, dass ihre Freunde Jay und Annie Hoffman erzählt hatten, es sei bei Kreuzfahrten eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen, immer an Bord zu bleiben, wenn so viele Passagiere ausstiegen.
»Das hört sich für mich nach dem Himmel auf Erden an«, hatte Grace gesagt. »Oder bin ich menschenscheu?«
»Aber nein. Höchstens ein wenig abenteuerunlustig«, hatte Sam geantwortet. »Ich bin ganz deiner Meinung.«
Also hatten sie das Erforschen neuer Gefilde den vielen anderen überlassen und den Frieden und die Ruhe an Bord ausgekostet. Sie hatten sich auf dem Deck in die Sonne gelegt, ein wenig Tischtennis gespielt, gebadet und ausgiebig gegessen.
Cozumel war inzwischen Vergangenheit. Es war bereits ihr dritter Tag an Bord, der letzte volle Tag der Kreuzfahrt. Es war halb acht, und sie waren noch im Bett und kuschelten miteinander, weil das Frühstück erst um acht auf ihrem Balkon serviert wurde. Beide freuten sich auf einen langen, glücklichen Tag.
»Wann hatten wir das zum letzten Mal?«, fragte Sam sie träge.
Grace küsste ihn auf die Brust und glitt mit den Lippen über eine der dünnen Narben - eine Erinnerung an Cal den Hasser. Doch es gab noch weitere Narben auf dem Körper dieses Mannes, darunter die scheußlichen Hinterlassenschaft von John Broderick, Cathys leiblichem Vater. Auch sie selbst hatte auf der linken Schulter eine Erinnerung an ihn.
Aber das war lange her.
»Eine Sache würde ich gern tun«, sagte sie, »sofern du nichts dagegen hast. Ich würde später
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