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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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Daumen über ihre Wirbelsäule. Alles an ihr war anmutig und stark.
    Aria löste sich etwas von ihm und schaute ihm in die Augen.
    »Das …« Er wollte ihr sagen, dass sie sich bei ihrer Begegnung im Wald auf diese Weise in den Armen hätten halten sollen. Dass er den ganzen Winter an nichts anderes hatte denken können – dass er genau das hier vermisst hatte. Aber er konnte auch nicht einfach ignorieren, wie sie sich fühlte oder wie sie ihn anschaute.
    »Ja«, bestätigte sie. »Das.«
    Perry beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie auf die Lippen. Sie schmiegte sich an ihn, ihr Seufzen ein warmer Hauch auf seiner Wange, bis es nichts mehr gab als ihren Mund, ihre Haut und ihren Körper. Sie hatten nicht viel Zeit, und in der Nähe waren Leute. Er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Aria war alles für ihn, und er wollte mehr.
    Bei Roars Warnpfiff erstarrte er, die Lippen an ihrem Hals. »Sag mir, dass du das nicht gehört hast.«
    »Doch, ich hab’s auch mitbekommen.«
    Erneut hörte er Roars Signal, dieses Mal noch lauter und nachdrücklicher. Perry zuckte zusammen, richtete sich auf und nahm Arias Hände. Ihr Duft hüllte ihn ein. Sie verlassen war das Letzte, was er wollte.
    »Du wirst deine Tätowierungen bekommen, noch bevor wir aufbrechen. Und wir sollten aufhören, uns zu verstellen. Es macht mich verrückt, dich nicht berühren zu dürfen.«
    Aria schaute lächelnd zu ihm hoch. »Wir verlassen das Dorf schon bald. Können wir nicht noch so lange warten?«
    »Du siehst mich wohl gern leiden?«
    Sie lachte leise. »Das Warten lohnt sich, ich verspreche es dir. Und jetzt
geh

    Perry küsste sie noch ein letztes Mal, riss sich dann los und lief leichtfüßig den Strand hinauf.
    Roar erwartete ihn auf dem Dünenkamm und grinste. »Das war wunderbar, Per. Mich hat es auch verrückt gemacht.«
    Perry lachte und verpasste ihm eine Kopfnuss, als er an ihm vorbeitrabte. »Nicht alles ist für deine Ohren bestimmt.«
    Ein Stück weiter fand er Reef, der sich nach Kräften bemühte, Bear und Wylan hinzuhalten, die ihn suchten. Während sie gemeinsam zum Dorf zurückgingen, erzählte Bear von dem Ärger, den er mit den Bauern Gray und Rowan hatte. Und Wylan schaltete sich alle paar Schritte mit belanglosen Beschwerden ein, sein Tonfall wie immer scharf und erbost. Egal, was Perry auch tat oder sagte, für Wylan, einen von Vales treuesten Gefolgsleuten, war es nie gut genug.
    Perry hörte mit halbem Ohr zu und schaffte es nur mit Mühe, nicht zu grinsen.

    Eine Stunde später saß er auf dem Dach seines Hauses. Zum ersten Mal seit Tagen war er allein. Er schlang die Arme um die angewinkelten Knie, schloss die Augen und genoss den kühlen Nebel auf seiner Haut. Als die Brise abflaute und er tief einatmete, nahm er Spuren von Arias Duft wahr. Sie war jetzt in Vales Zimmer unten im Haus. Lachen drang durch den Spalt im Dach zu ihm herauf. Die Sechs würfelten. Er hörte das übliche Geplänkel zwischen Twig und Gren, beide Horcher, die permanent redeten, stritten und miteinander wetteiferten.
    Lampen flackerten rund um das Dorf auf, und aus den Kaminen stieg Rauch, der sich mit der salzigen Seeluft mischte. So spät in der Nacht waren nur noch wenige Leute wach. Perry legte sich auf den Rücken, beobachtete, wie das Licht des Äthers durch die schmalen Wolkenlücken fiel, und lauschte den Stimmen, die über die Lichtung drangen.
    »Wie geht es dem Kleinen? Was macht das Fieber?«, erkundigte sich Molly bei jemandem.
    »Es sinkt, dem Himmel sei Dank«, kam die Antwort. »Er schläft jetzt.«
    »Gut, er soll sich ausruhen. Morgen früh bringe ich ihn hinunter zum Meer. Das weitet seine Lungen.«
    Perry atmete ein und ließ die Seeluft auch in seine Lungen strömen. Er war unter der Obhut vieler Menschen aufgewachsen, genau wie das Baby, von dem die beiden unten sprachen. Als Kind war er zum Schlafen einfach dem Nächstbesten auf den Schoß gekrochen. Wenn er Fieber oder eine Wunde gehabt hatte, die genäht werden musste, hatte Molly ihn gepflegt. Die Tiden waren ein kleiner Stamm, aber sie waren auch eine große Familie.
    Er fragte sich, wo Cinder wohl stecken mochte, aber er wusste, dass der Junge von selbst zurückkommen würde, genau wie Roar gesagt hatte. Dann würde er sich Cinder vorknöpfen, weil er weggerannt war, und hoffentlich erfahren, was im Kochhaus passiert war.
    »Perry!«
    Er setzte sich gerade rechtzeitig auf, um eine zusammengefaltete Decke aufzufangen, die von unten hinaufgeworfen wurde.

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