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Getrieben - Durch ewige Nacht

Getrieben - Durch ewige Nacht

Titel: Getrieben - Durch ewige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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getan. Danach kam Vater mit uns nach Hause, und ab dem Moment war er nicht länger Jodan, der Kriegsherr. Dann gehörte er uns. Er hörte uns zu, las uns vor, und wir balgten uns und alberten herum.« Ein schiefes Lächeln umspielte seine Lippen. »Er war riesig. So groß wie ich, aber so stark wie ein Bär. Wir drei Geschwister haben es nie geschafft, ihn in die Knie zu zwingen, nicht einmal mit vereinten Kräften.« Das Lächeln verschwand. »Aber es gab auch andere Zeiten … Wenn er mit einer Flasche hier erschien.« Perry neigte den Kopf. »Ein bisschen was davon weißt du ja schon.«
    Aria nickte. Sie konnte kaum atmen. Perrys Vater hatte ihm die Schuld daran gegeben, dass seine Mutter bei der Geburt gestorben war. Perry hatte es nur ein Mal erwähnt und dabei Tränen in den Augen gehabt. Jetzt stand sie in dem Haus, in dem er für etwas geschlagen worden war, für das er nichts konnte.
    »An diesen Abenden begann er meist sehr schnell, herumzubrüllen. Und ab dann wurde es immer schlimmer. Vale versteckte sich auf dem Dachboden. Liv krabbelte unter den Tisch. Und ich bekam es ab. So war es jedes Mal. Alle wussten davon, aber niemand tat etwas dagegen. Sie nahmen es einfach hin, wenn ich am nächsten Morgen mit Platzwunden und Blutergüssen auftauchte.
Ich
nahm es hin. Ich sagte mir, es sei nicht zu ändern. Wir brauchten ihn als Kriegsherrn. Und er war schließlich unser Vater. Ohne ihn wäre uns nichts mehr geblieben.«
    Aria wusste nur zu gut, wie sich das anfühlte. Jeden Tag, der seit dem Tod ihrer Mutter vergangen war, hatte sie gegen den Gedanken angekämpft, dass ihr nichts mehr geblieben war.
    Perry schüttelte den Kopf. »Vielleicht ergibt das keinen Sinn, aber ich habe das Gefühl, dass es mit dem Äther genauso ist. Wir glauben, wir brauchen das hier … Dieses Land. Dieses Haus. Dieses Zimmer. Aber das ist nicht die richtige Art, zu leben. Letzte Nacht haben wir durch das Feuer viele Hektar verloren, und ein Mann, den ich schon mein ganzes Leben lang kenne, wäre fast gestorben. Ich wäre ebenfalls fast umgekommen.«
    Sofort schloss Aria die Lücke zwischen ihnen beiden, nahm seine Hände und hielt sie so fest, wie sie konnte. So fest, wie sie es an der Mole getan hätte, wenn sie dabei gewesen wäre.
    Perry atmete langsam aus und schaute ihr in die Augen, erwiderte den Druck ihrer Hände. »Wir verlieren immer mehr, aber wir sind immer noch hier. Verharren zitternd auf der Stelle, haben Angst, etwas zu verändern. Aber ich will mich nicht länger damit abfinden, nur weil ich nicht weiß, ob es etwas Besseres gibt. Es
muss
etwas Besseres geben. Wozu sollte das Ganze sonst gut sein? Ich habe jetzt die Chance, etwas zu unternehmen. Und ich werde sie nutzen.«
    Er blinzelte, und das entschlossene Glitzern in seinen Augen verblasste, als er wieder in die Gegenwart zurückkehrte. Dann musste er über sich selbst lachen. »Das war vielleicht etwas viel jetzt. Na, jedenfalls …« Er zog eine Augenbraue hoch. »Du bist ziemlich still.«
    Aria schlang die Arme um seine Taille und zog ihn an sich. »Weil es kein Wort dafür gibt, wie perfekt das war.«
    Perry drückte sie fester an sich, umfing sie mit seinen Schultern. Sie klammerten sich aneinander, seine Brust warm und fest an ihrer. Nach einem Augenblick flüsterte er ihr ins Ohr: »War das mega?«
    Er benutzte gezielt ein Wort aus ihrer Welt, und Aria wusste, dass er bei dieser Frage lächelte.
    »Extrem. Das war
extrem
mega.« Sie löste sich leicht von ihm und schaute ihm in die Augen. Sosehr er es vorzog, für sich zu bleiben, so sehr sorgte er sich doch auch um andere. Er hatte Kraft. Er war
gut
. »Du verblüffst mich.«
    »Ich verstehe nicht, warum. Du sorgst dafür, dass Talon zurückkommt. Und du hilfst deinen Leuten. Da besteht kein Unterschied zu dem, was ich tue.«
    »Doch, es ist etwas anderes. Hess hat …«
    Perry schüttelte den Kopf. »Du würdest all das auch dann tun, wenn er dich nicht erpressen würde. Vielleicht bist du dir nicht sicher, aber ich habe nicht den geringsten Zweifel.« Er streichelte ihre Wange und fuhr ihr behutsam durch die Haare. »Wir beide sind gleich, Aria.«
    »Das ist das Beste, was je ein Mensch zu mir gesagt hat.«
    Er lächelte, beugte sich zu ihr hinab und küsste sie sanft und zärtlich. Aria wusste, dass sie sich eigentlich zurückziehen sollte. Denn damit gingen sie ein großes Risiko ein, aber das war ihr in diesem Moment egal. Sie schlang die Arme um Perrys Hals, öffnete seinen Mund mit den Lippen

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