Getrieben - Durch ewige Nacht
und kostete seinen Geschmack. Für Romantik war jetzt keine Zeit.
Einen kurzen Augenblick regte Perry sich nicht, aber dann riss er sie so heftig an sich, dass sie gegen die Tür hinter ihm prallten. Er ließ sich gegen das Holz sinken, ging etwas in die Knie und küsste sie mit einem plötzlichen Verlangen, einem Hunger, den sie erwiderte. Dann wanderten seine Lippen ihren Hals hinauf zu ihrem Ohr, und die Welt um sie herum versank. Aria stöhnte kurz auf, krallte die Finger in seine Schulter und zog ihn näher zu sich heran …
Seine Schulter!
Plötzlich erinnerte sie sich an seine Verletzung und zog ihre Hand zurück. »Welche Schulter ist es, Perry?«
Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Keine Ahnung – das hab ich gerade völlig vergessen.«
Seine Lider waren schwer vor Begehren, aber sie entdeckte auch noch etwas anderes in seinen Augen. Ein Schimmern, das sie argwöhnisch werden ließ.
»Was ist?«, fragte sie ihn.
Seine Hände glitten hinab auf ihre Hüften. »Du bist unglaublich.«
»Das hast du aber gerade nicht gedacht.«
»Doch. Das denke ich immer.« Er wickelte eine ihrer Haarsträhnen um seinen Finger, während er ihre Unterlippe küsste. »Aber ich habe mich auch gefragt, was du heute bei Butter gemacht hast.«
Aria lachte. Das war es also: Sie roch nach Pferd. »Entgeht dir eigentlich nie etwas?«
»Was dich betrifft, nein, denn du fehlst mir tagaus und tagein«, antwortete er und lächelte.
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Peregrine
| Kapitel Elf
Perry zog sich das Messer über die Handfläche und schlitzte sich die Haut auf. Dann ballte er die Hand über einem kleinen Kupfergefäß zur Faust und ließ ein paar Tropfen seines Blutes hineinfallen.
»Mit meinem Blut als Herr der Tiden erkenne ich dich als Horcherin an und gewähre dir das Recht, gezeichnet zu werden.«
Perry erkannte weder den Klang seiner eigenen Stimme – bestimmt und förmlich – noch die Worte, die er sprach und die er bisher immer nur von Vale oder seinem Vater gehört hatte. Er hob den Kopf und sondierte die überfüllte Halle. Entgegen Reefs Rat hatte er eine Tätowierungszeremonie mit allem Drum und Dran angeordnet. Räucherwerk auf jedem der Tische verbreitete würzigen Zedernduft, der die Witterer repräsentierte. Fackeln und Kerzen brannten und erleuchteten das Kochhaus zu Ehren der Seher. Für die Horcher schlugen Trommler am anderen Ende des Raumes einen gleichmäßigen Rhythmus. Im Gegensatz zu der Kälte, der Feuchtigkeit und der Angst, die am gestrigen Abend hier geherrscht hatten, war die große Halle heute von der vertrauten Atmosphäre der Tradition erfüllt. Perry hatte gut daran getan, diesen rituellen Abend anzuordnen. Die Tidenbewohner brauchten ihn ebenso sehr wie er und Aria.
Aria stand nur wenige Schritte von ihm entfernt. Sie hatte ihr schwarzes Haar hochgesteckt, und ihr Hals wirkte schlank und zart. Ihre Wangen waren gerötet, aber Perry wusste nicht, ob ihre Nervosität oder die Hitze in der Halle dafür verantwortlich war.
Hielt sie dieses Ritual für primitiv? Wollte sie die Zeichnungen wirklich, oder waren sie nur ein notwendiges Übel, um herauszubekommen, wo sich die Blaue Stille befand? Vorhin hatte er nicht die Gelegenheit gehabt, sie danach zu fragen, und jetzt war es zu spät. Er wusste nicht, wie sie sich fühlte. Der Zedernrauch und all die Menschen überdeckten ihren Duft.
Perry reichte Roar das Messer, der die Klinge kurz und spielerisch in der Hand wirbeln ließ, bevor er den Eid schwor, mit dem er Aria als Horcherin anerkannte. Als eine von seiner Art. »Mögen Klänge dich nach Hause geleiten«, schloss er und gab sein Blut ebenfalls in das Gefäß.
Als Nächstes würde die Tätowierungstinte hinzukommen. Wenn Aria ihre Zeichnungen empfing, so empfing sie damit auch einen Teil von ihm und von Roar – ihrer beider Blut, mit dem sie das Versprechen besiegelten, Aria Schutz zu bieten, wann immer sie ihn brauchte. Sie würden diesen Schwur am Ende der Zeremonie ablegen. Perry konnte es gar nicht erwarten. Er empfand bereits jetzt auf diese Weise, und er wollte, dass Aria das wusste.
»Bear wird nun die Tätowierung stechen«, erklärte er.
Viele Jahre lang war das Milas Aufgabe gewesen. Seine Schwägerin hatte den Falken auf seinem Rücken und seine beiden Zeichnungen tätowiert – die des Witterers und die des Sehers. Perrys Wahl war auf Molly gefallen, aber ihre Hände spielten nicht mit. Die einzige andere Person, die jemals diese Zeichnungen aufgebracht hatte, war
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