Getrieben - Durch ewige Nacht
Soll ich die Haut herausschneiden?« Kaum hatte Perry die Worte ausgesprochen, ballte sich auch schon sein Magen zusammen.
Roar griff nach seinem Messer. »Ich kann es tun, Perry.«
Perry musterte Roar, der heftig blinzelte und aschfahl war. Er konnte nicht glauben, dass sie tatsächlich darüber sprachen, ob sie Arias Arm aufschneiden sollten.
»Das würde auch nichts nützen«, wandte Molly ein. »Das Gift ist schon im Blutkreislauf.« Sie stellte ein Glas auf den Nachttisch: Blutegel, die aufgeregt und begierig im Wasser zappelten. »Sie könnten helfen, wenn ihnen das vergiftete Blut zusagt.«
Perry kämpfte gegen eine weitere Woge der Übelkeit an. Ein Gürtel um ihren Arm.
Blutegel
. War das alles, was er für sie tun konnte? »In Ordnung. Versuch dein Glück.«
Molly nahm einen zappelnden Blutegel aus dem Glas und legte ihn auf Arias Tätowierung. Als er sich an ihrer Haut festsaugte, atmete Roar erleichtert auf, aber Perry hielt noch immer die Luft an; jede Sekunde erschien ihm wie eine Ewigkeit. Molly nahm weitere Blutegel aus dem Glas und legte sie auf, bis insgesamt sechs an Arias Arm hingen. An ihrer Haut, die noch vor wenigen Stunden unversehrt gewesen war.
Perry ließ ihre Hand kurz los, um seine Finger mit ihren zu verschränken. Arias Hand drückte nur ganz kurz zu, ehe sie wieder erschlaffte. Wo auch immer sie in ihrer Bewusstlosigkeit sein mochte, sie teilte ihm mit, dass sie kämpfen würde.
Er sah zu, wie die Egel dunkelviolett wurden, während sie sich mit Blut füllten. Sie
mussten
helfen! Sie mussten das Gift aus ihr heraussaugen. Aber dann konnte er nicht länger hinsehen und legte den Kopf auf das Bett. Seine Knie schmerzten auf dem harten Boden, und die Zeit zerbrach in Fragmente. Er hörte Bears tiefe Stimme aus dem Vorzimmer, der seine Unschuld beteuerte. Dann Cinder, der Reef anflehte, ihn hineinzulassen. Stille. Molly neben ihm, die aufstand, die Decke über Aria zog und ihre Hand kurz auf seine Stirn legte. Wieder Stille.
Schließlich hob Perry den Kopf. Obwohl Aria sich noch immer nicht gerührt hatte, spürte er, dass sie zurückkam. Er stand auf und schwankte mit steifen Beinen vor und zurück. Unendliche Erleichterung erfüllte ihn und trübte seinen Blick. Aber sie wurde schon bald überschattet.
Perry schaute zu Roar, der ihm sein Messer mit dem Griff entgegenhielt.
»Geh«, sagte Roar und reichte es ihm. »Ich bleibe bei ihr.«
Perry nahm es und ging langsam zum Kochhaus.
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Aria
| Kapitel Zwölf
Schwach und benommen bilokalisierte Aria sich in eine riesige Kuppel. Sterile, weiße Reihen erstreckten sich über viele Meter. Gemüse und Obst sprossen daraus hervor – ordentliche, perfekte Farbexplosionen.
Ihr Herz begann zu hämmern. Das war Ag 6 – eine der landwirtschaftlichen Kuppeln in Reverie. Sie war schon einmal hier gewesen, auf der Suche nach Informationen über ihre Mutter. Soren hatte sie nicht weit von der Stelle angegriffen, an der sie jetzt stand.
Paisley war hier gestorben.
Arias Blick wanderte nach oben. Hoch über ihr entwich schwarzer Rauch aus den Bewässerungsrohren, sank nach unten und sammelte sich um sie herum. Sie versuchte, zur Luftschleuse zu rennen, aber ihre Beine gehorchten ihr nicht.
Eine Stimme durchschnitt die Stille. »Du kannst nicht raus, oder weißt du das schon nicht mehr?«
Soren. Sie konnte ihn nicht sehen, erkannte aber seine höhnische Stimme. »Wo bist du?« Der Rauch kroch an ihr hoch, brannte ihr in den Augen und brachte sie zum Husten, aber sie konnte niemanden sonst in der Kuppel entdecken.
»Wo bist du, Aria?«
»Hier drin kannst du mir nichts tun, Soren.«
»Du meinst, in einer der Welten? Glaubst du, das hier ist eine Welt? Da irrst du dich. Ich kann dir sehr wohl wehtun.«
Ihr wurde schwindlig, und sie geriet ins Taumeln. Dann gaben ihre Knie nach, sie sank zu Boden und hielt sich die Schläfen, hinter denen es fürchterlich pochte. Warum dröhnte ihr Kopf so? Was war nur los mit ihr?
Sie spürte einen brennenden, stärker werdenden Druck auf ihrem Bizeps und schaute an sich hinab. Rauch quoll aus ihrer Haut und stieg in die Luft auf. In ihr brannte ein Feuer. Ihr Blut stand in Flammen. Sie bäumte sich auf und riss an ihrer Haut, aber unsichtbare Hände hielten sie fest.
»Das reicht, Molly! Nimm sie weg von ihrem Arm!«
Aria erkannte Roars Stimme, aber wo steckte er?
Sorens muskulöse Gestalt erschien über ihr. »Dieses Mal entkommst du mir nicht.«
Sie wand sich hin und her, im Versuch, ihre
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