Getrieben: Thriller (German Edition)
»Als ich jünger war, habe ich mich ganz gerne mit anderen herumgeprügelt. So habe ich gelernt, ganz gut mit den Fäusten umzugehen. Der einzige Vorteil einer verkorksten Jugend.«
» Verkorkste Jugend? Du? Ich glaube dir kein Wort.«
»Ja, ja. Zum Glück sind wir ja alle groß und vernünftig geworden.« Jonathan hockte sich im Schneidersitz auf die Matte und wischte sich mit einem Handtuch den Schweiß von der Stirn. »Und was kommt als Nächstes? Armdrücken?«
»Nicht ganz.« Danni setzte sich neben ihn. »Alles, was Amman und Schmid dir gerade gezeigt haben, war in erster Linie zur Selbstverteidigung gedacht. Dinge, mit denen du dich schützen kannst, wenn du gerade keine andere Waffe zur Hand hast. Aber das ist nicht mein Spezialgebiet.«
Ihre Zurückhaltung ließ Jonathan stutzig werden. »Und was ist dein Spezialgebiet?«
Danni starrte stur geradeaus. »Wie sich gezeigt hat, bin ich ziemlich gut darin, Leute zu töten.«
»Leute zu töten? Du meinst, wie ein Auftragskiller? Ist das dein Ernst?«
»Den Begriff Auftragskiller gibt es bei uns nicht«, antwortete sie kühl und blickte Jonathan fest in die Augen. »Ich kann all das, was ich dir beigebracht habe. Passwörter und Computer ausspionieren, Verfolger ausfindig machen und jedes Schloss der Welt in weniger als zwei Minuten knacken. Aber meine Regierung setzt mich lieber für andere Aufgaben ein.«
»Und wir sind hier nicht allein, um da weiterzumachen, wo wir gestern im Training aufgehört haben?«
»Nein.«
»Du bist also hier, um …« Jonathan überließ es Danni, den Satz zu beenden.
»Ich soll dir beibringen, wie du einen Menschen schnell und lautlos töten kannst.«
»Soweit ich weiß, soll ich in Pakistan Informationen beschaffen. Von Töten war nie die Rede.«
»Bei deinem Gespräch mit Connor lagen die Dinge auch noch etwas anders.«
»Jetzt geht es also darum, jemanden umzubringen?«, fragte Jonathan.
»Betrachte es einfach als reine Vorsichtsmaßnahme«, entgegnete Danni, aber der Ausdruck in ihren Augen sagte etwas ganz anderes.
»Hat Connor etwas über meine Frau herausgefunden? Wird sie gefangen gehalten? Ist sie in Gefahr?«
»Ich weiß nichts über deine Frau.«
»Worum geht es dann? Komm schon, Danni. Ich meine, versetz dich mal in meine Lage. Connor kann doch nicht im Ernst von mir verlangen, dass ich jemanden umbringe. Sich selbst zu verteidigen ist eine Sache, aber das hier geht mir echt eine Spur zu weit.«
Mit einem Satz sprang Jonathan auf und eilte mit großen Schritten zum Ausgang. Danni lief ihm nach und versuchte, ihn an den Händen zurückzuhalten. »Lass mich doch wenigstens ausreden.«
»Was gibt es denn da noch zu reden? Allein schon die Vorstellung ist absurd. Ich bin Arzt. Ich töte keine Menschen, ich rette sie.«
»Es wäre aber nicht das erste Mal, dass du jemanden umbringst. Das weiß ich von Connor.«
»Das war reine Notwehr.«
»Und die Sache mit General Austen in Zürich? Soweit ich weiß, hast du damals zwei Menschen erschossen, und das war alles andere als Notwehr.«
»Zugegeben, aber ich hatte keine andere Wahl.«
»Und wenn du dieses Mal auch keine Wahl hast?«
»Das war damals etwas anderes. Es ging um ein Flugzeug. Sie wollten Hunderte unschuldige Menschen töten, genau in dem Moment, quasi vor unseren Augen.«
»Das erleichtert einem die Sache enorm, nicht wahr? Ich meine, wenn man keine Zeit zum Nachdenken hat.«
Jonathan schüttelte ihre Hände ab und verzog sich in die hintere Ecke der Halle. Er brauchte Zeit zum Nachdenken. Aufgewühlt strich er sich mit der Hand über die Stirn. Es kam ihm so vor, als wäre er blind gewesen. Zum ersten Mal konnte er deutlich erkennen, auf was er sich da eigentlich eingelassen hatte. »Was habe ich mir bloß dabei gedacht? Warum habe ich mich nur auf Connors Vorschlag eingelassen? Ich muss komplett verrückt gewesen sein. Posttraumatische Belastungsstörung oder so. Die ganzen letzten Tage – das Training in Israel, das Ausschauhalten nach dir und deinen Leuten auf der Straße, das Gedächtnistraining, das Beschatten von Dr. Revy. Was wollte ich damit nur beweisen? Ich passe einfach nicht in eure Welt. Ich bin kein Spion oder Agent oder wie auch immer ihr euch selbst nennt.«
Danni kam langsam auf ihn zu und blickte ihm dabei fest in die Augen. Alles an ihr wirkte entschlossen, und Jonathan wusste, dass sie nicht länger versuchen würde, ihn mit ihren Überredungskünsten zu überzeugen. Als sie weitersprach, klang ihre Stimme ruhig und
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