Getrieben: Thriller (German Edition)
auf keinen Fall entgehen dürfen.
An der Chain Bridge überquerte Connor den Potomac und folgte der Canal Road, die an den Straßenrändern von dürren Eichen gesäumt wurde, deren kahle Äste über der Straße eine Art Dach bildeten. Die Limousine blieb weiter hinter ihm. Als Connor das Wohnviertel von Malloy erreichte, parkte er sein Auto am oberen Ende der Straße, in der dieser wohnte.
Mit gemächlichen Schritten und tief in den Trenchcoattaschen vergrabenen Händen näherte er sich dem Haus. Darin brannte nirgendwo Licht, was zu dieser frühen Tageszeit aber nicht weiter verwunderlich war. Connor drückte auf die Klingel und trat einen Schritt von der Tür zurück, doch niemand öffnete. Kein Laut war im Haus zu hören, weder Stimmen noch Schritte. Nach zwei Minuten ging Connor bis zum Ende des Blocks und bog in die Seitengasse ein, die zur Rückseite der Reihenhäuser führte. Malloys Wagen parkte hinter seinem Haus neben einem anderen Wagen, der vermutlich seiner Frau gehörte. Eine stabil wirkende Treppe führte zur hinteren Veranda. Connor versuchte sein Glück an der Hintertür und stellte überrascht fest, dass sie nicht verschlossen war. Das war zu dieser nachtschlafenden Zeit mehr als ungewöhnlich, vor allem, wenn es sich um das Haus eines ehemaligen Navy SEAL und eines Mannes handelte, der in seinem Beruf mit vertraulichen Informationen zu tun hatte.
Mit der Hand auf dem Türknauf verharrte Connor regungslos auf der Stelle und lauschte auf verdächtige Geräusche im Haus. Aber außer seinem eigenen Herzschlag konnte er nichts hören. Entschlossen drückte er die Tür auf. Der Gestank traf ihn wie eine Keule am Kopf, sobald er die Küche betreten hatte. Hastig band er sich ein Tuch über Mund und Nase und stützte sich mit beiden Händen an der Spüle ab. Ein so abscheulicher Gestank war ihm noch nie zuvor unter die Nase gekommen: säuerlich, beißend, abstoßend und absolut penetrant. Vom Küchenfenster aus konnte Connor die Gasse überblicken, auf der er gekommen war. Im fahlen Licht des Halbmonds war sie still wie ein Grab.
»Malloy!«, rief Connor.
Totenstille.
Mit zögernden Schritten ging Connor zur Schwingtür, die zum Wohnzimmer führte. Er hatte keine Waffe bei sich. Unter normalen Umständen brauchte er auch keine, und er kannte sich gut genug, um zu wissen, dass er mit seinen Schießkünsten im Ernstfall eher sich selbst denn einen Angreifer verletzen würde. Mit einem leisen Knarren schwang die Tür auf, und Connor ging ins Wohnzimmer. Auf dem Tisch standen eine Dose Sodawasser und eine Schale Popcorn. Keine Spur von Malloy und seiner Frau. Connor stieg die Treppenstufen hinauf in den ersten Stock und stöhnte auf, als der Gestank stärker wurde.
»Malloy! Ich bin’s, Frank Connor. Bist du okay?«
Seine Stimme hallte von den Wänden wider, und Connor kam sich beim Klang seiner Worte wie ein Idiot vor. Vor der Schlafzimmertür blieb er stehen und zog sich das Stofftaschentuch noch einmal sorgfältig über Mund und Nase. Dann zählte er in Gedanken bis drei und öffnete die Tür.
Beim Anblick der beiden leblosen Körper brachte er nur noch ein »Mein Gott« über die Lippen. Der Gestank im Zimmer raubte ihm fast die Sinne. Nachdem er sich vom ersten Schock erholt hatte, wandte er sich immer noch fassungslos ab. Er hatte vielleicht nur eine Sekunde lang auf die übel zugerichteten Körper gestarrt, doch das reichte vollkommen aus, um zu bestätigen, was ihm schon beim Betreten des Hauses klar gewesen war. Malloy und seine Frau waren tot. Der Mörder hatte sie von der Kehle bis zum Schambein aufgeschlitzt, die Organe herausgerissen und auf dem Boden verstreut. Überall im Zimmer wimmelte es nur so von Maden.
Und für all das war allein er verantwortlich.
Jake Taylor »The Ripper« stand am Ende der Gasse und beobachtete den Hintereingang von Malloys Haus.
»Er ist jetzt im Haus. Was soll ich tun?«
»Im Augenblick nichts.«
Mit kalten Augen starrte der Ripper auf das Schlafzimmerfenster im ersten Stock. Er wusste genau, dass Connor in diesem Moment dort oben die Leichen finden und seine persönliche Handschrift bewundern würde. Tief im Inneren verspürte er den unbändigen Wunsch, seinem Kunstwerk noch Connors Leiche hinzuzufügen. Der Fettsack würde bestimmt quieksen, wenn er ihn mit dem Messer aufschlitzte.
»Wirklich nichts? Ich könnte reingehen und die Sache im Nu für Sie erledigen. Niemand wird etwas davon mitbekommen.«
»Im Moment können wir uns das noch nicht
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