Getrieben: Thriller (German Edition)
hätte aber nach wie vor alles für einen Sattelknauf gegeben.
»Ich bin froh, dass Sie kommen konnten«, sagte Balfour, der inzwischen neben Jonathan ritt. »Es war bestimmt ein ganz schöner Aufwand für Sie.«
»Nein, überhaupt nicht. Das ist schließlich mein Beruf.«
»Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr Sie mir helfen. Nach all den Jahren des Davonlaufens, Untertauchens und der ständigen Sorge, ob die Bestechungsgelder auch ausreichen, ob überhaupt die richtigen Personen bestochen worden sind … Ehrlich gesagt, ich bin froh, das alles bald hinter mir lassen zu können.«
»Was wollen Sie denn als Nächstes tun?«
»Mich entspannen«, erwiderte Balfour. »Das Leben genießen. Lesen. Vielleicht sogar Golf spielen.«
»Unsinn«, widersprach Jonathan. »In diesem Punkt sind wir uns ähnlich. Sie haben sich Ihr ganzes Leben lang nicht ausgeruht. Das könnten Sie auch gar nicht, selbst wenn Sie es wollten. Der Kopf lässt sich nicht so leicht abschalten. Sie brauchen die Herausforderung, um sich lebendig zu fühlen. Sehen Sie mich an. Ich habe meine Arbeit und das Glücksspiel. Bei Ersterer bin ich gut, beim zweiten eine totale Niete. Aber lasse ich deshalb die Finger davon? Nein. Aufzuhören ist keine Lösung. Also muss ich eben noch mehr arbeiten.«
»Was Sie sagen, stimmt natürlich. Ich plane schon mein nächstes großes Unternehmen.«
»Ach ja? Darf ich fragen, was Sie vorhaben?«
»Keine Waffen mehr, sondern Chemikalien. Der Markt für Biowaffen wird das nächste große Ding. Sarin und Rizin sind noch nichts im Vergleich zu den Waffen, an denen die Chemiker heutzutage so basteln. Diese neuen Waffen sind deshalb so genial, weil schon eine winzige Menge unvorstellbaren Schaden anrichten kann. Und niemand weiß, wie man sich davor schützen kann. Die Gewinnspanne ist schier unglaublich.«
»Haben Sie vor, allein zu arbeiten?«
»Ja, wie sonst auch«, entgegnete Balfour. »Ich arbeite nicht gerne mit Partnern. Es ist schwierig, jemanden zu finden, dem man hundertprozentig vertrauen kann. Ich habe nur Klienten. Heute Abend werde ich Sie mit einem meiner Klienten bekannt machen. Er wird mit uns zu Abend essen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Ich freue mich darauf, ihn kennenzulernen«, sagte Jonathan, der es kaum erwarten konnte zu erfahren, wer Balfours Gast war.
»Sie können froh sein, dass Sie kein Amerikaner sind«, sagte Balfour, der sein Pferd zu einem leichten Galopp antrieb. »Amis kann er nicht ab.«
Jonathan bearbeitete Infernos Flanken mit den Fersen, doch der Hengst reagierte überhaupt nicht. »Nun komm schon«, drängte Jonathan. »Galopp! Beweg die Hufe.« Unbeeindruckt trottete Inferno weiter. Jonathan drückte die Unterschenkel mit aller Kraft in Infernos Flanken und schlug mit den Zügeln auf ihn ein. »Los, vorwärts!«
Doch anstatt loszulaufen, hielt Inferno an. Jonathan seufzte. Er hatte sich Sorgen gemacht, dass er von dem temperamentvollen Pferd herunterfallen könnte. Damit, dass der Gaul im Gehen einschlafen würde, hatte er nicht gerechnet. Noch einmal schlug er dem Hengst die Fersen in die Flanken. Inferno machte einen Satz nach vorn und fiel in gestreckten Galopp. Jonathan umklammerte mit beiden Händen die Zügel und hatte Mühe, bei diesem Tempo im Sattel zu bleiben. Hacken nach unten , hatte Emma ihm beigebracht. Klammere dich nie an ein Pferd, über das du die Kontrolle verloren hast. Es wird nur noch schneller laufen.
Inferno preschte an Balfour vorbei, und dieser trieb sein Pferd an, weil er dachte, dass Jonathan ihn herausfordern wolle. Die graue Stute holte auf, und Jonathan sah, dass Balfour locker in den Bügeln stand und ihn angrinste. Inferno wurde schneller und schneller, und Jonathan hüpfte unsanft auf dem Sattel hoch und runter. Er verlor einen Steigbügel und rutschte zur Seite. Mühsam richtete er sich wieder auf und riss an den Zügeln, doch das Pferd war zu stark für ihn. Inferno galoppierte weiter.
»Kräftiger Bursche, nicht wahr«, bemerkte Balfour, als er zu Jonathan aufschloss. Mit der Flanke streifte Kopenhagen Inferno an der Schulter. Der schwarze Hengst brach nach rechts aus und galoppierte stur geradeaus. Doch Jonathan befand sich in der Horizontalen, ließ Sattel und Inferno los und flog durch die Luft. Er schlug alles andere als anmutig mit der Schulter auf dem Boden auf und rollte noch ein Stück weiter.
»Ganz schöner Sturz«, bemerkte Balfour, als er sein Pferd in Sekundenschnelle neben Jonathan zum Stehen gebracht
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