Getrieben: Thriller (German Edition)
Alkohols half ihm, ein paar der dunklen Wolken aus seinem Kopf zu vertreiben. Schwerfällig ließ er sich in seinen Chefsessel fallen und zwang sich, die Ereignisse der letzten zwei Wochen noch einmal Revue passieren zu lassen. Akribisch ging er Tag für Tag durch und hoffte, dabei auf den Maulwurf zu stoßen und dem Verräter einen Namen geben zu können.
Zuerst war Emma in Dubai von Prinz Raschid als amerikanische Agentin enttarnt worden. Peter Erskine hatte zwar recht mit dem Argument, dass eine Menge Leute von der Anfertigung und Lieferung der manipulierten Waffe an den Prinzen gewusst hatten, aber von diesen war kaum jemand über Emmas Rolle als Doppelagentin informiert gewesen. Genau genommen wussten nur vier Personen darüber Bescheid: Connor, Erskine, Sir Anthony Allam, der Direktor des britischen MI5, und Igor Iwanow, der Leiter des russischen FSB, Divisions höchstplatzierter Spitzel und der Mann, dem Emma beziehungsweise Lara Antonowa direkt unterstellt war.
Sich selbst konnte Connor ausschließen, und auch Igor Iwanow kam als Verräter nicht in Frage. Iwanow würde wohl kaum das Risiko eingehen, den einzigen Agenten, der von seinem doppelten Spiel wusste, ans Messer zu liefern. Allam hätte als Verräter in Frage kommen können, wenn die Sache mit dem Verrat an Emma beendet gewesen wäre. Das war aber nicht der Fall.
Der Maulwurf hatte außerdem über Connors Besuch bei Malloy Bescheid gewusst. Aber wie hatte er davon erfahren? War er Connor zur NGA-Zentrale gefolgt? Und wenn ja, wie hatte er herausgefunden, dass Connor dort Malloy aufgesucht hatte? Oder hatte ihm jemand von seinem Fahrtziel und dem Objekt seines Interesses erzählt?
In Gedanken ging Connor noch einmal das Gespräch mit dem Crewchef des Helikopters durch. Aus dem, was der Soldat ihm gesagt hatte, ließ sich mit etwas Fantasie schlussfolgern, dass Emma vorgewarnt worden war und das Spezialeinsatzteam der Marines auf dem Berg erwartet hatte. Außer Connor war nur eine weitere Person während des Telefonats mit dem Luftstützpunkt in Bagram im Zimmer gewesen. Dieselbe Person hatte während des Einsatzes die qualvollen Minuten mit ihm zusammen ausgeharrt und auf einen erfolgreichen Ausgang der Operation gehofft. Peter Erskine.
Die Zahl der Verdächtigen schrumpfte somit auf eine einzige Person.
Aber an dieser Stelle endete Connors Theorie auch schon in einer Sackgasse. Erskine kannte alle Einzelheiten über Connors Besuch bei der NGA. Es gab also keine Erklärung dafür, warum Connors Gegenspieler Malloy gefoltert hatten, wenn sie alles doch von Erskine selbst hätten erfahren können. Es sei denn, Malloy hatte etwas gewusst, das er Connor verschwiegen hatte.
Connor erhob sich und schenkte sich noch einen Bourbon ein. Ganz gleich, wie belastend die Beweise auch waren, er konnte einfach nicht glauben, dass Peter Erskine für einen ausländischen Geheimdienst arbeitete. Der Mann war frischgebackener Ehemann, durch und durch blaublütig und, wie Connor zugeben musste, ein verdammt netter Kerl. Wenn er Erskine verdächtigte, konnte er ebenso gut sich selbst verdächtigen. Doch was war die Alternative?
Wenn du das Unmögliche ausgeschlossen hast, dann ist das, was übrig bleibt, die Wahrheit, wie unwahrscheinlich sie auch ist.
Vielen Dank, Mr. Sherlock Holmes.
Ob es Connor nun behagte oder nicht, der Maulwurf konnte niemand anderes als Erskine sein.
Und wenn Erskine seinen Leuten von Emma und Malloy erzählt hatte, dann gab es keinen Grund, weshalb sie nicht auch über Jonathan Ransom informiert sein sollten.
Connor stellte das Glas ab und ging zu seinem Schreibtisch. Auf seinem abhörsicheren Telefon wählte er eine ausländische Nummer. Doch zu seiner großen Enttäuschung ging niemand ran. Inzwischen war sie bestimmt schon wieder in Israel und hatte vielleicht ein paar Tage wohlverdienten Urlaub genommen. Eine automatische Ansage teilte ihm mit, dass er mit der Mailbox verbunden war.
»Danni«, sagte er. »Hier ist Frank Connor. Du musst so schnell wie möglich nach Islamabad fliegen. Unser Junge steckt in Schwierigkeiten. Ruf mich an, sobald du diese Nachricht abhörst. Egal, wie spät es ist, melde dich.«
Danach rief er Dannis Vorgesetzten im Mossad-Hauptquartier in Herzliya an. Er wurde sofort durchgestellt, musste aber frustriert feststellen, dass er mit seiner Annahme richtiggelegen hatte. Danni hatte sich noch von Zürich aus gemeldet und ihren Boss um eine Woche Urlaub gebeten. Wo genau sie von Zürich aus hinwollte, hatte
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