Getrieben: Thriller (German Edition)
Er baute sich dicht vor ihr auf und zündete sich eine Zigarette an. »Wie weit reichen Ihre Kontakte in die Spitze in Moskau?«
»So weit wie nötig.«
»Bis zum Direktor? General Iwanow?«
Emma blickte Balfour direkt in die Augen. Sie hielt sich zurück, denn sie wusste, dass Balfour auf etwas Bestimmtes hinauswollte.
Balfour warf verstohlen einen Blick auf die Polizisten, die einsatzbereit neben ihren Wagen standen. Dann packte er Emma am Arm und führte sie zu einer etwas abseitsgelegenen Böschung am Rande der Rollbahn. »Ich bin da auf etwas gestoßen«, sagte er. »In den Bergen. Es handelt sich um eine Art Kapsel. Ich habe vor, sie freizulegen und irgendwie vom Berg herunterzuholen.«
Emma ließ sich ihre Neugier noch immer nicht anmerken. »Das ist nicht ganz unsere Kragenweite«, sagte sie. »Tut mir leid.«
»Es handelt sich um eine Bombe«, fuhr Balfour fort. »Amerikanisches Fabrikat.«
»Tatsächlich? Was denn für eine Bombe?«
»Keine Ahnung. Alles, was ich habe, ist ein Foto von der Bombe. Für meinen Geschmack liegt der Fundort zu weit oben in den Bergen. Ich leide unter Asthma. Deshalb kann ich Ihnen nur sagen, dass es eine ziemlich große und schwere Bombe ist.«
»Ich bin Agentin, keine Bergführerin. Welche Art Hilfe erwarten Sie denn von mir?«
»Ausrüstung. Experten. Am besten ein ganzes Team.«
Trotz ihrer zur Schau gestellten Gleichgültigkeit war Emma begierig darauf, mehr zu erfahren. Die Worte »groß«, »Bombe« und »amerikanisches Fabrikat« klangen natürlich hochinteressant. »Haben Sie das Foto zufällig dabei?«
Balfour blickte sich noch einmal nach den im Hintergrund wartenden Polizisten um. »Wir müssen schnell machen, bevor der Prinz kommt.« Mit diesen Worten zog er ein Foto aus der Innentasche seines cremefarbenen Sportjacketts und reichte es Emma. »Also, was halten Sie davon?«
Emma betrachtete das Foto. Darauf war ein im Schnee steckender, länglicher Metallzylinder zu sehen. Auf der silbern glänzenden Ummantelung waren in Schwarz die Buchstaben »USAF« aufgemalt. Ein Stück weiter ragte eine Art Flügel aus dem Schnee. Emma hielt sich das Foto dicht vors Gesicht. Die genaue Größe des Objekts war unmöglich zu bestimmen. Es konnte einen oder auch zehn Meter lang sein. »Ich würde auf eine Bombe oder einen Marschflugkörper tippen.«
»Ja, aber was für eine Art Bombe?«
»Haben Sie kein Foto von dem Ding ohne diese Unmengen von Schnee?«
Balfour zögerte einen Moment. »Leider nein.«
Emma starrte noch immer unverwandt auf das Foto. Ihr war klar, dass Balfour sie anlog und mehr wusste, als er zugeben wollte. »Wo genau, sagten Sie, haben Sie das Ding gefunden?«, fragte sie.
»Über den Fundort habe ich noch kein Wort verloren. Dazu war bislang noch keine Gelegenheit.« Plötzlich drangen Motorengeräusche zu ihnen herüber. Balfour schnappte Emma das Foto aus der Hand und verstaute es wieder in der Jackentasche. »Die Sache bleibt unser kleines Geheimnis.«
»Versteht sich von selbst.«
Als Emma sich umwandte, sah sie einen Konvoi aus sieben schwarzen Mercedes-SUVs über die Rollbahn auf sie zufahren. An den Antennen flatterten kleine VAE-Banner. Balfour lief zurück zum Hangar. Emma folgte ihm mit etwas Abstand. Dabei suchte sie mit den Augen das Dach des Hangars ab. Die dunkle Gestalt von vorhin war wieder da. Diesmal zeigte sie sich sogar ganz offen. Außer ihr entdeckte Emma noch drei weitere Scharfschützen auf dem Dach. Entweder war der Prinz außerordentlich besorgt um ihre Sicherheit, oder etwas an der Sache stank gewaltig.
»Kannst du das sehen, Frank?«, flüsterte sie. »Sie haben Scharfschützen auf dem Dach postiert. Irgendwas ist faul. So vorsichtig war er bislang noch nie.«
Emma wartete auf eine Reaktion, aber niemand antwortete.
»Frank?«, fragte sie leise.
Ein leiser Pfeifton drang aus dem Lautsprecher im Ohr. Emma wusste, dass irgendwo ein Störsender aktiviert worden war, um Funksignale in der Nähe des Prinzen zu blockieren. Connors Stimme konnte nicht mehr zu ihr durchdringen. Sie konnte nur hoffen, dass ihre Stimme und die Bilder von der Kamera im Knopfloch noch bis zu Connor gelangten.
Völlig auf sich allein gestellt, beschleunigte Emma ihre Schritte. Die Wagenkolonne hielt an. Emma sah, wie sich die Fahrertür an einem der Wagen öffnete und ein Mann mit der braunen Uniform und den grünen Schulterstücken eines Generals der einheimischen Polizei ausstieg.
Der Prinz war eingetroffen.
6.
Prinz Raschid Albayar
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