Getrieben: Thriller (German Edition)
er wich geschickt aus. Mit geballten Fäusten hämmerte sie auf ihn ein. Den ersten Hieb parierte Hag gekonnt, doch der zweite traf ihn mit voller Wucht im Gesicht. Benommen schüttelte er sich, und dann packte er Emma mit seinen kräftigen Armen und schleuderte sie quer durch das Abteil. Emma prallte mit dem Rücken gegen einen niedrigen Tisch. Porzellan fiel laut scheppernd zu Boden und zerbrach in tausend Stücke. Mit dem Kopf stieß Emma gegen etwas Hartes und Spitzes, und ihr wurde für einen kurzen Moment schwarz vor Augen.
Langsam lichtete sich der Nebel, und die Dinge in ihrem Blickfeld erhielten wieder eine klare Kontur. Benommen setzte Emma sich auf. Ganz in der Nähe lag Prinz Raschid wehrlos und mit blinzelnden Augen in einer Blutlache. Aus der Wunde an seiner Schläfe sickerte unaufhörlich Blut. Plötzlich hörte Emma, wie eine Tür aufgerissen wurde. Alarmiert blickte sie sich um.
Die hintere Waggontür schwang sacht hin und her.
Haq war entkommen und mit ihm die schwarze Ledertasche.
Emmas Blick wanderte zurück zu dem am Boden liegenden Raschid. »Ich werde niemals vergessen, was Sie mir angetan haben«, sagte sie, stand auf und verschwand.
80.
Manhattan war die Insel der Pendler. Rund fünf Millionen Menschen fuhren täglich von ihrem Zuhause in New York, Connecticut, New Jersey oder Pennsylvania über eine der großen Brücken oder durch einen der zahlreichen Tunnel zu ihrem Arbeitsplatz nach Manhattan. Die Insel war bequem per Auto, Fahrrad, Bus oder Fähre zu erreichen. Doch die meisten Pendler kamen mit dem Zug nach Manhattan. Von den drei Hauptbahnhöfen in Manhattan war die Grand Central Station der größte. Hier gab es im Untergrund auf zwei Ebenen mit einer Fläche von 19 Hektar 44 Bahnsteige mit 67 Gleisen.
Mit quietschenden Bremsen hielt der Streifenwagen vor der Sicherheitsschleuse an der Vanderbilt Avenue. Jonathan stieß die Tür auf und sprang aus dem Wagen, gefolgt von Danni und den Männern. Zwei Bahnpolizisten erwarteten sie bereits. »Sind Sie der Mann, mit dem wir gerade eben telefoniert haben?«
»Bringen Sie uns auf dem schnellsten Weg zum Roosevelt-Tunnel«, sagte Jonathan, ohne auf die Frage der beiden einzugehen.
»Der Roosevelt-Tunnel? Irrtum ausgeschlossen?«
»Ja«, entgegnete Jonathan. »Worauf warten Sie noch?«
Während der Fahrt vom Flughafen hierher hatten sich die Ereignisse überschlagen. Vor genau fünfzehn Minuten hatte Benny per Telefon von seinem Kontaktmann beim Secret Service die Nachricht erhalten: »Raschid wird morgen vor der UNO eine Rede halten. Sein Privatjet sollte heute Morgen um sieben auf dem Flughafen Teterboro in New Jersey landen, ist dort aber nicht aufgetaucht.«
»Wissen sie etwas über den letzten Aufenthaltsort von Raschids Privatflugzeug?«, erkundigte sich Jonathan.
»Deutschland«, informierte ihn Benny. »Er hat die Präsidentensuite im Waldorf Astoria gebucht.«
»Er hat Haq dabei«, fügte Danni hinzu. »So viel steht fest.«
Fünf Minuten später klingelte Bobs Handy. Während des Telefonats wurde sein Gesicht aschfahl. »Bei der Netzleitzentrale in der Grand Central Station ist gestern Abend ein Ersuchen eingegangen, den Roosevelt-Bahnsteig für einen hohen Diplomaten zu sperren.«
»Wo liegt dieser Bahnsteig?«, erkundigte sich Jonathan.
»In den Dreißigern wurde extra ein Tunnel für Franklin Roosevelt gebaut, damit er mit seiner Beinprothese bequem die Grand Central Station betreten und verlassen konnte, ohne die Blicke neugieriger Passanten auf sich zu ziehen. Der Tunnel befindet sich direkt unter dem Waldorf Astoria, damit Roosevelt unbemerkt ins Hotel und von dort aus in die Garage zu seinem Wagen gelangen konnte.
»Direkt unter dem Waldorf Astoria?«, wiederholte Jonathan. »Das muss es sein.«
»Wer hat die Anfrage gestellt?«, wollte Danni wissen.
»Die Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate im Auftrag von Prinz Raschid«, erwiderte Bob. »Der Heimatschutz hat sofort grünes Licht gegeben.«
Die Bahnpolizisten führten sie durch die Haupthalle zur Osttreppe und über die Stufen hinunter zu den Bahnsteigen im Untergeschoss. Inzwischen war es Viertel nach acht, und in der Grand Central Station herrschte Hochbetrieb. Die im Fünf-Minuten-Takt eintreffenden Züge aus Connecticut und Westchester County spuckten Hunderte von Menschen aus. In den zahllosen Gängen hasteten die Pendler in alle Richtungen davon.
»Warten Sie bitte hier«, sagte einer der Polizisten. »Ich habe ein Team meiner besten Leute
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