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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Gesicht sollte ich dafür einsetzen? Jetzt aber, Achtung, alte Frau, das Gezwitscher! Man denkt an Rüschen aus starrem Stoff, wenn er geschüttelt wird und rauscht. Es könnte einer von den Tagen werden, wo du in die Landschaft gleitest wie die Großmutter in ihre schimmernden Kleider. Kein anderer als du paßt da hinein, und nichts kann zwischen sie und dich.
    Ach so, Finnlands zweites Briefchen, das Sabine sofort, beinahe ungelesen, an mich verschenkte! Sie hatten sich ja doch noch einmal alle getroffen, ohne mich, ich gehe nicht außer Haus zu solchen Sachen. Magdalena wollte unbedingt ihr frisch fertiggestelltes Gartenhäuschen mit den acht Fenstern vorführen, das Hans ihr, zum Schrecken Jeanettes, vielleicht nur im Scherz und nebenbei, ans Herz gelegt hatte. Es wurde dort ein Aperitif mit ein paar Häppchen gereicht.
    »Frau Zock, die Herrn Scheffer überraschen wollte, hat es einfach vor Stolz nicht mehr ausgehalten. Also wurden wir hinbestellt. Alle waren aufgedreht und zeigten ihre Karten aus Alaska vor. Das wissen Sie ja selbst, Sabine. Was Sie aber kaum wissen werden: Ich bin einmal raus ins Dunkle gegangen und habe durch die Fenster nach drinnen gesehen. Da wurde mir richtig gruselig. Wie einsam, künstlich, gespenstisch! Obwohl sie lachten, sogar schrien vor Lachen. Ich dachte, gleich drückt die Nacht die Scheiben ein. Auch schienen sie zu frieren, auch Sie, Sabine. Am liebsten hätte ich Sie da rausgeholt. Ohne Scheffer ist es ein Elend. In Vorfreude, Finnland.«
    Was er da schrieb, der feine Kerl, über die Blicke von draußen ins Innere, das kam mir bekannt vor. Daß aber dieser Gute brieflich solche Verräterblicke auf die Kongregation warf! Und nun schon zum zweiten Mal. Nur geschah es bei Finnland damals bloß, um die Bedeutung von Hans zu betonen. Ich habe diese achteckigen Häuschen, weder das eine noch das andere, nie zu Gesicht gekriegt. Es wird mir aber noch immer ganz kalt ums Herz, wenn ich daran denke, wie wenig Hans dann diese Gartenlaubebeachtet hat, die Magdalena lediglich auf seinen Wunsch hat aufstellen lassen. Er hat sie gar nicht mitgekriegt in seiner damaligen Verwirrung. Vor Enttäuschung hat sie dann später die Kastanie fällen lassen. Manche sagen sogar, ich meine, Iris Steinert und Finnland behaupten es, Magdalena, die doch viermal Mutter ist, hätte sie eigenhändig wutentbrannt umgehauen. Der Baum war ja noch nicht dick, nämlich erst zur Geburt des kleinen Didi gepflanzt. Zu dessen Geburt zwar, aber zu Ehren von Hans! »Mysteriös, dann ist er also zumindest Vater der Kastanie«, lachte Iris sehr schrill. Intelligent ist die Libelle unbedingt, das schon. Sie beharrt auch steif und fest darauf, sagt Sabine, Jeanette sei der Typ der gefrorenen Frau, die in ihrem Kämmerchen durch wilde Träume von Befleckungen heimgesucht werde. Dazwischen, so mein Bärchen, ruft diese Galeristin immer kichernd: »Macht ja nichts! Warum nicht! Soll sie doch. Macht doch überhaupt nichts! Die hat, jede Wette, wüste Halluzinationen, zum Beispiel die, das Opfer von Zwergen und Zentauren zu werden. Und dann? Dann kommt bloß und kein anderer als Herr Herzer im weißen Kittel ins Zimmer! Ich lach mich krank. Jedenfalls hat unsere Magdalena nun ihr Gegenhäuschen zu Jeanette.«
    Das war damals. Jetzt sehen wir auch die phantasievolle Frau Iris nicht mehr.
    Irgendwann ging es dann also mit den Postkarten los. Jeder von uns bekam Botschaften aus Alaska, meist aus dem Denali National Park. Flache, weitverzweigte Flußläufe mit vielen Sandbänken dazwischen und Bergen, aus denen die Schneerinnen leuchteten. Hans kündigte sich an, nannte schon ein Datum, widerrief es, verlegte es vor und zurück, das ganze schöne, lang vermißte Spiel, das wir von unseren Treffen kannten. Er war also doch der alte geblieben, unser Herr Hans mit seinen Neckereien und seiner Kunst, alles erregend zu machen und festlich, damit das allgemeine Herzklopfen zunähme. Wir saheneinander nicht, aber es wurde ständig telefoniert. Hans verteilte die Neuigkeiten auf den Karten ziemlich gerecht. Man mußte eben sehr genau das Datum, manchmal die Uhrzeit beachten, um den Stand der Dinge zu beurteilen. Eins schien uns sicher. Noch vor Ende Juni würden wir ihn wiederhaben.
    Und so kam es dann auch.
    Dabei setzte er selbstverständlich voraus, wenn er schrieb: »Auch Anada läßt grüßen«, daß der frettchenjunge Bäder uns über seine erste Begegnung mit ihr dort drüben in der Kältezone informieren würde. Natürlich konnte

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