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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Äderchen geplatzt. Sie hatte ihn gefragt, als wäre sie nur gleichmütig an ein bißchen Klatsch interessiert: »Wer hat Herrn Scheffer denn am stärksten angegriffen?« Finnland mußte nicht lange überlegen: »Magdalena. Und es hat mich verblüfft. Diese so herrlich in sich ruhende, reife Frauensperson! Daß sie sich so erhitzte! Unsere Iris freutesich maßlos darüber, das konnte man leicht an dem hochaktiven Silberblick erkennen. Sie kriegte von Magdalenas Wut gar nicht genug. Vor zwei Tagen ist die Bombe dann auch explodiert.«
    Er trug uns ein Ereignis vor, über das sich mancher amüsieren mochte. Mich erschreckte es sehr.
    Magdalena hatte Hans aufgefordert, nun endlich Mut zu fassen, wieder der alte Hans Scheffer zu werden und ihn kurzerhand eingeladen, das schöne, achtfenstrige, nach seiner Idee errichtete Gartenhaus zu besichtigen. Hans kam aber nicht, nicht zur festgesetzten Zeit, nicht Stunden später. Da hat die erboste Frau am nächsten Morgen die junge, novemberlich kahle Kastanie, die, wenn ich mich recht erinnere, feierlich zur Geburt des Söhnchens Didi, jedoch merkwürdigerweise – »Hahaha, ist ja dasselbe, sozusagen« hatte die Galeristin das früher einmal kommentiert – zu Ehren von Hans gepflanzt worden war, eigenhändig, so hieß es jedenfalls, mit der Axt umgehauen, hat sie mirnichtsdirnichts spornstreichs weggeschlagen.
    »Gewalttätige Mutterarme«, sinnierte Finnland, »besitzt sie ja gewissermaßen in Hülle und Fülle. Daß es in die rundlichen Hände so kleiner Frauchen gelegt ist! Mit ein wenig Gemunkel bewirken sie, daß Riesen und Götter stürzen.« Damit erhob er sich abschiednehmend vom Platz, um sich nie wieder bei uns blicken zu lassen.
    Ich dachte sofort: Hoffentlich erfährt mein Herr Scheffer das alles nie!
    Als sie uns der Reihe nach verlassen hatten, verging noch etwas Zeit. Ich wurde dann ja einige Wochen krank und kriegte den heilkräftigen Narzissentopf. Es ist wahr: Als sie sich alle zurückgezogen hatten, da kam Hans, kam immer öfter, ja, da kehrte Hans, der schöne Mann, ganz verloren zu uns zurück, war nicht der Herrscher von früher, wollte nichts als in unserer Küche sitzen. Er saß in unserer Küche und still in meiner Nähe. Ich sah ihn an oder horchte mit geschlossenen Augen zu ihm hin. AmEnde ist es meiner häßlichen Sabine, dem guten Mädchen, gelungen, ihn aufzuheitern und morgen als seine Frau mit ihm nach Wien zu fahren, aber, hat mein Herr Hans mir aus freien Stücken zugesagt, doch höchstens acht Tage nur, vielleicht weniger.
    Gerade jetzt kommt mir Elsas türkischer Händler in den Sinn. Was mag aus Elsas tiefernstem und wohl etwas zartem Obsthändler geworden sein? Sie wunderte sich jedesmal beim Wandern, daß seine Scheiben nach der Zerstörung, anders als angekündigt, weiterhin zugeklebt sind. Der Zettel mit dem Versprechen der Neueröffnung sei weg: »Etwas entmutigt, etwas ängstigt den Mann.« Warum denke ich heute daran?
    Weil plötzlich Gefahr in der Luft liegt und mich von allen Seiten umgibt. Wer beschützt mich hier noch? Auch Holterhoff ist ja verliebt und paßt nicht mehr auf mich auf. Keiner hält Wache.
    Mein sechster Sinn täuscht sich nicht. Jemand schleicht hinter mir her. Wenn ich mich umwende, versteckt er sich blitzschnell. Einmal, zweimal. Er tastet schon verstohlen mit den Augen, wie er dich packen kann, mein widersetzlich gefüllter Rucksack. Wir müssen uns aneinanderklammern, du und ich. Wer greift uns an? Die bösen Hartmann-Brüder, der irre Sumpfgrafsohn mit dem Riß in der Hose, die grausame Tonia und ihr Söldner? Rüttelt und schüttelt mich, jetzt wüst, kein Umdrehen mehr möglich. Stürzen soll ich. Schon alles schwarz ringsum, wogend noch. Ich falle ja. Die Welt geht unter. Niemand hält sie auf. Es wogt. Innen? Außen? Mein eigenes, mein eigen Blut?

Dritter
Teil
Gewimmel
Elsas Obsthändler
    Nun ist es heraus. Nein, der kleine Mann wird nicht zurückkommen. Man vermutet im Anschlag auf seinen Laden eine Drohung der kurdischen Mafia. Er hat das Signal verstanden und ist lautlos verschwunden, ohne Hilferuf oder Protest. Inzwischen residiert eine Immobilienfirma nach gründlichem Umbau in der ehemaligen Wohnstatt von erstklassigem Mangold und Spitzpaprika. Offenbar muß keiner der Makler, von denen die Gegend, mit jedem Tag ärger, nur so wimmelt, Attacken befürchten. Das läuft wie geschmiert, da passiert nichts. Ach nein, hierher wird er wohl nie mehr zurückkommen, der freundliche, sorgenvolle

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