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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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rosiges Gas, das direkt aus dem Eis herausdampft, erstaunlicherweise.«
    »Sie reden vom Frost? Jetzt ist Sommer, eigensinnige Frau Wäns, und von Marschieren kann bei Ihnen leider keine Rede sein. Sie sind widersetzlich und versuchen ja das Gehen nicht mal!«
    »Warten Sie ab«, antwortet Luise Wäns und studiert eitel ihre von der Fußpflegerin zum Spaß lackierten Fingernägel, »schwierig wird es, wenn ab Mitte Januar der Frühling ausbricht, für drei, vier Tage dunstig-feuchte Luft, Meisenläuten, Erdgeruch, dann wieder Winter, nach zwei Wochen endlich Frühling, man kann stundenlang der Natur beim Wachsen zusehen, ein wildes Voranstürmen, es tobt aus den Knospen heraus. Alles will ausbrechen, Frau Elsa, in ehrgeiziger Wut, wer der Schnellste ist, auch wenn alles nach außen hin Milde vorgaukelt. Dann im Nu Schnee und Frost und so vor und zurück. Da traut man schließlich keiner Empfindung, keinem sechsten oder siebten Sinn mehr.«
    »Aber jetzt ist doch Sommer, Frau Wäns! Es sieht da draußen, wo alles auf Sie wartet, nicht gut aus. Pferde dürfen querfeldein reiten. Was ist los?«
    »Was Sie da ansprechen! Erst war Herr Hans durch das Warten auf diese Anada abgelenkt, dann durch ihre Anwesenheit, dann durch ihre Abreise. Danach hat er viel getrunken. Wir sind erst spät dahintergekommen. Da hatte er es teilweise schon wieder hinter sich. Er ist nicht immer hier bei seiner Ehefrau, Frau Elsa. Sie wundern sich? Das haben die beiden vorher so abgemacht. Vielleicht erhöht es die Liebe?« Die Stimme von Frau Wäns beginnt etwas zu schwanken. »Sabine scheint mir ja fast zu verliebt in ihren schönen Mann zu sein. Es gibt Gerüchte. An einer Stelle hat man wochenlang Bohrungen durchgeführt. Warum? Manche vermuten seitdem, hier gäbe es Bodenschätze, vielleicht Erdöl. Deshalb werde nichts mehr in die Renaturierung und deren Betreuung investiert. Dazu hat Herr Scheffer sehr gelacht. Ich hatte allerdings gehofft, ihn mit dem Erdöl aus der Reserve zu locken. Nach einer Weile sagte er: ›Jedes Schutzgebiet kann wegen höherer Zwecke widerrufen werden. Erst haben wir mit großer Anstrengung die Parzellierungen aufgehoben, jetzt wird das teilweise rückgängig gemacht. Damit zerstört man auch den Rest, für den man dann kein Geld mehr ausgibt. So folgt ein Schritt unweigerlich dem nächsten. Das hier dauert schon länger, als ihr ahnt. Zuerst hat man hinter meinem Rücken, dann vor meinen Augen die Dinge zurechtgebogen.‹ So redet er, Frau Elsa. ›Man sieht die Köpfe der Leute, die man eben gewählt hat, und ist schon am Wahlabend angewidert. Wie vermeidet man da, zum Säufer zu werden?‹ Was soll man antworten, Frau Elsa, wie soll man ihn trösten auf seiner Küchenbank? Wollte er nur wieder ablenken vom eigentlichen Kummer über den Verfall in seinem Reich? ›Ich kenne die einflußreichen Ehebett-Trampel mächtiger Männer. Auch über die läßt sich die Bastion nicht stürmen. Sie drehen alles ins Harmlose. Denkt bloß an den Typus Magdalena Zock. Nur als Typus jetzt. Keine Möglichkeit, die Politikerweibchen für sich zu gewinnen. Erst kürzlich habe ich der pauswangigen Thusnelda eines der Hauptverantwortlichen fürdas Projekt bei Fenchelfisch und Ochsenbäckchen gegenübergesessen. Beim Abschied bin ich vor Wut nicht aufgestanden. Das verzeiht die mir nie.‹«
    »War das hier nicht seine Lebensaufgabe? Und nun wird sie schnöde zerstört? Das kann auch einen starken Mann zum Wanken bringen. Ein Kämpfer ist er wohl nicht?«
    »Ursprünglich schon sehr. Eher stur als zäh. Vorbei. Ich habe trotzdem nicht recht verstanden, was sich in Wahrheit hier anbahnt, wage aber nicht, wegen seines Zorns, ihn genauer zu fragen. Verstehen Sie, Frau Elsa? Hans ist müde und hat sich zurückgezogen in die Behörde, auch das wohl nur noch zum Schein. Er schreibt ein Buch über Reservate, Probleme der Sukzession und so weiter. Das ist jetzt die Welt, in der er frei bestimmen kann. Der liebe, arme, große Mann konnte ja seinen Willen weder gegen die Natur, noch gegen die Stadt durchsetzen. Außerdem hat er seinen besten Freund verloren. Ich bemühe mich, mir die Dinge zu merken, aber manches, vieles vielleicht, will nicht in meinen Kopf, Frau Elsa, nicht dauerhaft. Für mich bleibt es sein Reich, sein Besitz, komme was wolle. Er aber hat allem aus Trauer den Rücken gekehrt. Außerdem wollen die Bauern zur Zeit kein Land verkaufen. Sie haben was von Bio-Rohstoff läuten gehört. Überall nehmen die Raps- und Maisfelder

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