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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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rauhe Töne hervorkommen. Und darüber die wunderschönen, brennenden Augen meines Lieblings. Nur ist andererseits auch Hans mein Liebling, und ich bange, ob alles gutgehen wird hier im Tristanweg, auf Dauer. Wenn ich hier nur schön still hocke und mich nicht rühre, bleibt hoffentlich alles andere ebenfalls an seinem Platz. Mich selbst versuche ich zu vergessen, jawohl, ich verleugne mich selbst und bescheide mich, begnüge mich mit der Herrlichkeit, ihn in unserer Küche sitzen zu sehen, nah bei mir und, durch die Heirat begründet, so oft an unserem Tisch.
    So häufig allerdings geschieht das nun auch wieder nicht.
    Ich sitze da, es kommt vor, daß sein linker Unterarm und mein rechter sich berühren, und ich rücke meinen nicht von seinem ab. Er selbst kriegt es wohl gar nicht mit. Mein Gesicht ist etwa in der Höhe seines Hemdenausschnitts (man erkennt dort, es ist ja ein persönliches Zeichen, ein Wink für mich, ein paar graue Haare), atmet, ob man will oder nicht, den warmen – etwas, wasmich verblüfft: süßen, o doch, tannenhonigherben – Duft ein, der hochsteigt aus diesem Hemd, an einem Leberfleck vorbei. Was kann ich dazu, daß es mir auffällt? Die Knopfleiste ist oft ein Stück aufgerissen, auch das beachtet er nicht, nachlässiger, nicht prahlerischer Zufall, mal so, mal so. Spürt auch meine Tochter die Schutzlosigkeit, das Angebot, ihn dort zu ritzen, ich meine, zu behelligen? Zum Vorschein kommt das empfindliche Fell des Oberkörpers in einer Andeutung. Ach, Sabine, die Andeutungen, wüßtest du es doch, Heil und Segen der Andeutungen! Ich schließe unauffällig die Augen, will nichts wahrnehmen und nichts denken, nur seine Temperatur spüren, Sommerwaldboden, und die Stimme, ganz für mich Murmeln und Gegenwart, ein Summen und Beben in Frieden, warum soll ich mich nicht verschwiegen begeistern, eine köstliche Schläfrigkeit in mich geträufelt, nichts sonst, keine Todesangst, keine Befürchtung und Zukunft. Sekunden, Minuten, vielleicht Stunden, die vollkommen stillstehen, äußerst schwache Strömung, tatenlose Strömung um diese entrückten Zeit-Flußtalinseln herum.
    Obschon, sehr oft kommt es trotz Heirat gar nicht dazu.
    Warum soll ich nicht schwärmen, still in mich rein, stumm aus mir raus? Warum soll ich nicht, ganz im geheimen, wieder zwanzig, dreißig Jahre alt sein? Auch Sabine ist noch einmal jung geworden, jung eigentlich wie nie vorher, während Hans, ich muß es mir eingestehen, im letzten Jahr viel älter geworden ist, beinahe – es hört ja keiner, nur ich, und es tut mir sofort weh – ein Lamm!
    Doch, meine leidvolle Kleine ist auf ihre Art in Fahrt gekommen.
    Es ist wunderlich, was sie treibt. Ich wünsche ihr so heftig und herzlich und wollte meine Freude dafür geben, daß ihr alles zum Besten gereicht. Sie hat sich elegante Wäsche gekauft und mir das Luxuszeug sogar gezeigt. Ich möchte sie aber wohl nicht darin sehen, nein, lieber nicht. Bitte das nicht vor meinen Augenanprobieren, Sabine! Der Kontrast so frivoler Spitzen zu ihrem lieben Bittergesicht, das sie doch bloß ordentlich wäscht und mit Handcreme einreibt und sonst nichts, der würde mich sicher schmerzen. Einmal habe ich oben aus dem Schlafzimmer Hans gutmütig lachen gehört und dachte sofort: Er amüsiert sich über den Mißklang zwischen Sabines unwirschem Mund und der albernen Tändelwäsche. Das gehört einfach nicht zusammen. Alles zu punktuell. Auch das heikle Parfüm plötzlich! Ob mein von den Frauen verwöhnter und von der bösen Anada enttäuschter Hans sich denn extra in das Rührende und Gutgemeinte meines Bärchens verliebt hat?
    Erfüllt es ihn mit Stolz, daß sie an seiner Seite dermaßen erblüht, wenn schon sein Reich da draußen vergeht? Denn erblüht ist sie ja, fast zum Erschrecken erblüht trotz ihrer schroffen Natur. Das hat unser Herr Hans vom Hochmoor spielend geschafft, mit links hat er das hingekriegt. Noch nie waren ihre Jeans so eng, noch nie die Blusen so tief aufgeknöpft, der Busen so hitzig vorgereckt, schlimmer als damals bei Magdalene Zock, die immer rein zufällig Hans mit ihren Brüsten berührte, sogar anstieß, anstupste. Alles an der frischgebackenen Ehefrau strotzt vor Kraft und strammer, ich weiß nicht, elastischer, federnder Hingabewilligkeit, auch bittender, vor allem bittender, nein ich will nicht denken: bettelnder. Manchmal habe ich das Gefühl, Hans und ich drehten gemeinsam die Augen weg angesichts ihrer körperlichen Offerten. Aber still, still, gar nicht

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