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Gewäsch und Gewimmel - Roman

Gewäsch und Gewimmel - Roman

Titel: Gewäsch und Gewimmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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rechten oder linken Oberschenkel ein, er weiß es nicht mehr genau. Mit einer Art Vorfreude, ja Glück sucht er die Stelle und bestaunt die schönen Verfärbungen, links. Zweitens überkommt ihn eine Erleuchtung, die sogleich heiß und tröstlich sein Herz durchflutet, als hätte er, von der Welt verstoßen, nun seine wahre Heimat gefunden und erkannt. »Ich werde vereinsamen.« Er sagt es noch zweimal zur Bekräftigung und lächelt den neuen Freund, den Bluterguß, an: »Ich werde vereinsamen. Ich werde vereinsamen.«
    Es ist ein Entschluß, ein tiefes Aufatmen.
Einsicht II
    Ilse fackelt nicht länger. Frau Fendel ist die eigentlich Böse mit ihrem alten Gesicht am Fenster. Dauernd lächelt sie zu ihr herunter, als wüßte sie Geheimes ausgerechnet über sie, Ilse, etwas, was sie selbst nicht wissen kann. Die Eltern und der Jockey Hermi Meier sind es nur manchmal, Frau Fendel ist es immer. Sogar das Hinfallen, kürzlich auf der Straße, als ihr die Tomaten übers Pflaster rollten, war nur ein Trick, um Ilse zum Einsammeln zu zwingen, sie womöglich hoch in ihre Wohnung zu locken. Ilse läßt sich nicht täuschen. Sie spürt, wie beim bloßen Gedanken an Frau Fendel der berechtigte Haß unbeirrbar in ihr hochschnellt. Oder wogt er? Es ist wunderbar.
    Sie wird eine Liste von Beweisen der täglichen Fendelschen Bosheit anlegen, am besten eine Geschichte schreiben über das Bosheitsnetz dieser grinsenden, gefährlichen Frau.
Zum letzten Mal, kleine Ilse
    Gestern sah Ilse, als sie einen Blumentopf im Garten hochhob, mindestens zwanzig Asseln in alle Richtungen davonschießen. Heute morgen, beim Aufwachen, flitzten, sausten und wuseltendie platten Tierchen wieder, aber es waren jetzt die Teilchen des Traums, die in großer Schnelligkeit aus dem Tageslicht ins Dunkle fortrannten. Oder ist es umgekehrt gewesen? Hat sie sich am Vortag beim Heben des Blumentopfs an das plötzliche Tageslicht erinnert, vor dem das Traumgewimmel flüchtet wie in höchster Not, wenn die Mutter, zackzack, die Jalousien hochzieht?
    Man muß es jedenfalls aufschreiben. Es ist die beste Form, Luft zu schnappen. Erfinden ist besser als lernen. Nicht auch ein bißchen einfacher, kleine Ilse? Manchmal kann sie einem wichtigen Vorfall, Glücks- oder Unglücksfall, eine ganz andere Wendung geben: durch einen Brotkrümel an der Lippe, ein Versprechen oder Stolpern, ein losbrechendes Gewitter oder die gerade jetzt aufrauschende Klospülung. Wie so eine Winzigkeit eine gewaltige Staumauer gegen die blinde Wucht der Ereignisse baut!
Wer da?
    Elsa, bei Freunden in der Hauptstadt, sieht ein Mädchen in sehr, sehr kurzem Flatterröckchen unter der Lederjacke. Es geht ein Stück vor ihr, fünf Meter vielleicht und schreitet sehr energisch mit geschwenkten Armen aus. Sollte das doch noch einmal Ilse sein? Aber wieso in Berlin, das hier ist doch allem Anschein nach Berlin. Ganz stürmisch marschiert Ilse davon. Da dreht sie sich um und ist in Wahrheit die freche Katja. Katja, die ruhelose Studentin oder was sie eigentlich ist oder war. Katja, die ihrer Mutter noch immer nicht verzeiht, daß sie kein Idol, sondern eine schutzsuchende Frau ist. Katjas Gesicht ist tränenüberströmt. Keiner weiß, warum.
    Einige Zeit später erhält Eva Wilkens einen Anruf von Katjas Mutter. Sie solle um Gottes willen so schnell wie möglich zu ihr, der Mutter kommen. Sie werde die Fahrkarte selbstverständlich bezahlen. Seit zwei Wochen sei Katja bei ihr und verlasse das Bett nicht mehr, gehe nur manchmal ins Bad. Allenfalls beim Essenkriege sie das Gesicht ihrer Tochter zu sehen. Es müsse sich um eine Art Liebeskummer handeln. Katja wisse nichts von dem Anruf, habe sie, Eva, aber einmal als ihre beste Freundin bezeichnet.
    Da hat sie, die Mutter, also in mütterlicher Sorge aus dem Adressbuch Katjas Evas Nummer herausgesucht.
    Sie solle kommen! Bitte schnell!
    Eva fällt statt dessen, jedenfalls zunächst einmal, ihr eigener Vater ein, wie er immer kleiner wird, immer weißhaariger und fast ständig herzlich lacht.
    Auf dem Boden der Haupthalle des Bahnhofs kauert zwei Wochen darauf ein Mädchen im Spalt der einfallenden Abendsonne und im Mittelpunkt eines ausgebreiteten roten Flatterrocks. Es tippt, ohne aufzusehen, auf einem teuren Laptop herum. Man weiß nicht recht: Ist es Eva? Ist es Katja? Ist das ganz gleichgültig unter den Gestirnen?
Schwindel
    Was hat Katja oder eventuell Eva im Berliner Hauptbahnhof Verstiegenes aufgeschrieben? Das hier: »Wird nicht immer deutlicher,

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